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28.05.11 / Kalter Empfang

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-11 vom 28. Mai 2011

Kalter Empfang
von Christian Rudolf

Als einer der wenigen deutschen Politiker, die Interesse am Leben unserer heimatverbliebenen Landsleute jenseits der bundesrepublikanischen Grenzen zeigen, reiste die menschenrechtspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion Erika Steinbach zu Gesprächen mit der deutschen Minderheit nach Danzig und Westpreußen. Ihr zweitägiger Besuch zu Wochenbeginn ereignete sich am Vorabend der Jubiläums-Feierlichkeiten zum deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag, dessen Abschluss sich im Juni zum 20. Mal jährt.

Doch wie unfreundlich und gutnachbarlicher Beziehungen nicht würdig fiel ihr Empfang aus. Dass die nationalkonservative Opposition und deren Presse Stimmung machen würde – geschenkt. Die Senatorin der Ka­czynski-Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), Dorota Arciszewska-Mielewczyk, bezeichnete die Bundestagsabgeordnete gar als „unerwünschte Person“. Zweifellos ein verbaler Schlag ins Gesicht für die gebürtige Westpreußin Steinbach. Übrigens wurde der väterliche Teil ihrer Familie 1946 in Viehwaggons gesteckt und aus Glatz und Neurode vertrieben.

Schwerwiegender war die unchristliche Weigerung der Kirche, Steinbach an die Gedenktafel für den Untergang der „Gustloff“ zu lassen. Nur auf gutes Zureden des deutschen Generalkonsuls  war der Redemptoristenorden am Ende bereit, Steinbach „als Privatperson“ Einlass in seine Gdingener Kirche zu gewähren.

Und über das Verhalten der Bürgermeisterin von Steinbachs Geburtsort Rahmel schüttelt man am besten nur den Kopf. Gemeinsam mit dem Gast aus Deutschland einen Stadtspaziergang zu unternehmen und zum Hinrichtungsort polnischer NS-Opfer zu fahren, hatte diese brüsk abgelehnt – Steinbach gehe es „nur um Publicity“. Nur – wer die BdV-Vorsitzende kennt weiß, dass es in der deutschen Politik so integre, aufrichtige Persönlichkeiten wie sie wenige gibt. Berechnung ist ihr fremd.

Steinbachs Arbeitsbesuch galt der deutschen Volksgruppe. Unsere Landsleute in der Republik Polen sind mit dem Nachbarschaftsvertrag als nationale Minderheit anerkannt. Doch die Lebenswirklichkeit ist weit entfernt von europäischer Normalität. Immer wieder fordern nationalistische Politiker der deutschen Minderheit ihre Rechte abzuerkennen.

Die polnische Bildungsverordnung von 2007 garantiert muttersprachlichen Schulunterricht. Aber um ein deutschsprachiges Schulwesen jenseits von Oder und Neiße ist es in der Praxis schlecht bestellt: ein solches existiert nicht, deutschen Kindern in polnischen Schulen droht die völlige Polonisierung. Dass Steinbachs Gesprächspartner ihren Besuch bewusst tief hängten, spricht Bände.


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