23.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
28.05.11 / Revision des Burenkrieges / Vor 50 Jahren wurde aus der Südafrikanischen Union mit der Queen als Staatsoberhaupt eine souveräne Republik

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 21-11 vom 28. Mai 2011

Revision des Burenkrieges
Vor 50 Jahren wurde aus der Südafrikanischen Union mit der Queen als Staatsoberhaupt eine souveräne Republik

Als am 31. Mai 1961 aus der 1910 gegründeten Südafrikanischen Union die Republik Südafrika wurde, sah sich die seinerzeit regierende Nationale Partei am Ziel ihrer Träume, nämlich der Errichtung eines völlig unabhängigen Staates, der in der Nachfolge der einstigen Burenrepubliken stehen sollte.

Mehr als ein halbes Jahrhundert lang waren die afrikaanssprachigen Weißen des Landes mit der ungeliebten Tatsache konfrontiert gewesen, dass Südafrika einen Teil des Britischen Weltreiches bildete – als Dominion (neben Kanada, Australien und Neuseeland), zwar gleichberechtigt mit dem Mutterland, aber mit diesem eben immer noch durch die Personalunion unter der Krone verbunden. Nach der Regierungsübernahme der Nationalen Partei 1948 erfolgte dann der schrittweise Loslösungsprozess von London, der mit der Ausrufung der Republik und dem Ausscheiden aus dem Commonwealth seinen Abschluss fand. Damit, so wurde seinerzeit argumentiert, knüpfe man bewusst an die republikanische Tradition der Burenstaaten an, die nach dem verlorenen Burenkrieg (1899–1902) vom Britischen Empire annektiert worden waren.

Bereits im Wahlkampf des Jahres 1948 hatte die Nationale Partei erklärt, auf lange Sicht die Südafrikanische Union in eine Republik umzuwandeln. Doch weder Premierminister Daniel François  Malan (1948–1954) noch sein Nachfolger Johannes Gerhardus  Strijdom (1954–1958) rührten ernsthaft an dieser Frage. Stattdessen wurde die Selbständigkeit des Landes gegenüber Großbritannien immer offener betont. So besaßen die Bürger der Union ab 1949 nicht mehr automatisch die britische Staatsangehörigkeit. Ein Jahr später wurde das Recht auf Appellation an den Britischen Kronrat abgeschafft, und seit 1957 galt als Staatsflagge ausschließlich die Flagge der Südafrikanischen Union und nicht mehr – wie vorher – zusätzlich der britische „Union Jack“. Ebenso wurde „God Save the Queen“ als zweite Nationalhymne gestrichen.

Erst Premierminister Hendrik Frensch Verwoerd (1958–1966) griff das Thema „Republik“ wieder auf. Sein Bestreben bestand darin, endlich eine Einheit zwischen den beiden weißen Volksgruppen des Landes, den Buren auf der einen Seite und den Englischstämmigen auf der anderen, herbeizuführen, was seiner Ansicht nach nur im Rahmen einer vollständigen Unabhängigkeit gelingen konnte. Nach einem halben Jahrhundert staatlicher Einheit, so seine Einschätzung, sei die Zeit reif dafür. Insgeheim glaubte er dadurch aber auch die Bindung der englischsprachigen Südafrikaner an Großbritannien weiter lockern oder sogar loslösen zu können. Am 20. Januar 1960 kündigte er einen Volksentscheid (ausschließlich der weißen Südafrikaner) über die Republikfrage an, der dann am 5. Oktober desselben Jahres stattfand. Das Ergebnis war eine knappe Mehrheit für die Republik.

An einen Austritt aus dem Commonwealth of Nations hatte Verwoerd eigentlich nicht gedacht. Zur Fortsetzung der Mitgliedschaft in dem Bündnis musste er jedoch einen Antrag an die Konferenz der Premierminister des Commonwealth stellen, die im März 1961 in London tagte. Da der südafrikanische Regierungschef dort wegen der Apartheid-Politik schweren Angriffen von Seiten anderer, vor allem afroasiatischer Mitglieder des Staatenbundes ausgesetzt war, zog er schließlich seinen Antrag zurück. Folglich schied Südafrika aus dem Britischen Commonwealth aus. Seit dem 1. Juni 1994 – nach den ersten freien Wahlen – gehört es ihm wieder an.

Nachdem das Parlament der Verfassungsreform zugestimmt hatte, bat der Generalgouverneur und Vertreter der britischen Krone, Charles Robberts Swart, Königin Elisabeth II., ihn von seinem Amt zu entbinden. Die Monarchin entsprach dem Wunsch, und so endete Swarts Amtszeit mit dem 30. April 1961. Weil aber die Proklamation der Republik erst für den 31. Mai vorgesehen war und das Amt des Generalgouverneurs nicht vakant bleiben konnte, übte, wie es in der Verfassung vorgesehen war, der oberste Richter des Landes, Lucas C. Steyn, bis dahin diese Funktion aus.

Am 10. Mai wählte das Parlament den letzten Generalgouverneur, Charles R. Swart, zum ersten Staatspräsidenten der neuen Republik Südafrika, die am 31. Mai 1961, dem Nationalfeiertag, ausgerufen wurde. Natürlich war der Tag nicht zufällig ausgewählt worden, hatte er doch für die afrikaanssprachige Bevölkerungsgruppe einen hohen symbolischen Wert: Am 31. Mai 1902 endete der dreijährige Burenkrieg, am selben Tag des Jahres 1910 erfolgte die Gründung der Südafrikanischen Union, und am 31. Mai 1928 wurde erstmals die neue eigenständige südafrikanische Flagge gehisst. Vereidigt wurde Swart durch den schon genannten obersten Richter, Lucas C. Steyn, der bis zu diesem Moment ja auch die Geschäfte des Generalgouverneurs ausübte und der Swart bereits im Januar 1960 als Generalgouverneur eingeschworen hatte, nachdem der Vorgänger, Ernest G. Jansen, im November 1959 verstorben war und Steyn in der Zwischenzeit ebenfalls ad interim das Amt bekleidet hatte.

Abgesehen vom Wechsel der Staatsform wurde weitgehende Kontinuität gewahrt. Die aus dem Unabhängigkeitsjahr 1910 stammende Verfassung Südafrikas blieb in Kraft. Mit der Wahl des vormaligen Gouverneurs zum Staatspräsidenten wurde auch ein Stück personelle Kontinuität an der Spitze gewahrt. Wie das Gouverneurs- war auch das Präsidentenamt vornehmlich auf Repräsentationspflichten beschränkt. Erst mit der Verfassung von 1984, in der man die Funktionen des Staatsoberhauptes und des Regierungschefs zusammenlegte, erhielt der Staatspräsident exekutive Vollmachten nach US-amerikanischem Vorbild. Das gilt ebenso für die seit 1996 gültige Verfassung, in der allerdings die Bezeichnung „Staatspräsident“ durch „Präsident der Republik Südafrika“ ersetzt wurde.          Wolfgang Reith


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren