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04.06.11 / Preisdiktat zu erwarten / Ausländische Konzerne sichern sich Abbaurechte für Ölsände

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-11 vom 04. Juni 2011

Preisdiktat zu erwarten
Ausländische Konzerne sichern sich Abbaurechte für Ölsände

Deutschland steigt aus, andere steigen ein. Zum Beispiel in heute noch unrentable, dennoch durchaus zukunftsträchtige Energieträger. So versuchen derzeit US-amerikanische, kanadische und chinesische Konzerne, sich in aller Welt langfristige Abbaurechte für so genannte Ölsände zu sichern, auch in Norddeutschland, wo es in Küstennähe geringe Vorkommen gibt. Interesse daran hat der US-Konzern Exxon bekundet, was in Norddeutschland zu kritischen Reaktionen führte. Ökologen warnen vor den landschaftzerstörenden Folgen des Ölsand-Tagebaus, Ökonomen fordern die Wahrung nationaler deutscher Interessen.

Freilich besteht bei näherer Betrachtung kein Anlass zur Aufregung. Die in Deutschland vermuteten Ölsand-Vorkommen sind so bescheiden, dass sie als Alternative zu stillgelegten Kernkraftwerken nicht im entferntesten in Frage kommen und auch die Abhängigkeit von Importöl nicht mindern. Selbst wenn der Rohölpreis sich dauerhaft bei 100 Dollar pro Barrel einpendelt, ist das aus Ölsand gewonnene Petroleum viel zu teuer; erst bei Barrelpreisen oberhalb von 150 Dollar käme die Grenze der Konkurrenzfähigkeit in Sicht.

Lediglich Kanada, das über die weltweit größten Vorhaben verfügt, kann Ölsand halbwegs wirtschaftlich abbauen. Das liegt aber vor allem daran, dass hier der Schutz natürlicher Landschaften bei weitem nicht den Stellenwert hat wie in Europa, insbesondere in Deutschland.

Ölsand ist ein Gemisch aus Kohlenwasserstoffverbindungen, Silikaten, Wasser und Ton, das an oder knapp unter der Erdoberfläche lagert. Im Tagebau benötigt man durchschnittlich zwei Tonnen Ölsand, um ein Barrel Rohöl zu gewinnen. Problematisch ist auch der hohe Wasser- und Energieverbrauch des Produktionsverfahrens; die Ökobilanz spricht eindeutig gegen die Nutzung dieses Energieträgers.

Allerdings ist auch nicht auszuschließen, dass in Zukunft ökologisch und ökonomisch sinnvollere Verfahren entwickelt werden. Dann könnte Ölsand doch noch zu einer konkurrenzfähigen Alternative werden. Insofern zeugen die heutigen Aktivitäten amerikanischer und chinesischer Konzerne (Letztere haben sich kürzlich in Kanada eingekauft) von langfristigem strategischen Denken in der Energiepolitik – ein Aspekt, der in der aufgeregten und angstgeprägten deutschen Anti-Atom-Kampagne der letzten Wochen keine Rolle spielte.

Diese unterschiedliche strategische Ausrichtung zeigte sich zuletzt auch auf einem anderen Feld der Energiepolitik: Exxon hat einen dreistelligen Millionenbetrag lockergemacht, um sich in Nordrhein-Westfalen Förderrechte für Erdgas zu sichern. Sollte sich die Vermutung bewahrheiten, dass tief unter dem Bundesland die größten Vorräte Europas liegen, könnte Deutschland in die mißliche Lage geraten, sein eigenes Erdgas bei den Amerikanern kaufen zu müssen – wer dann den Preis diktiert, dürfte schon heute klar sein. Hans-Jürgen Mahlitz


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