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04.06.11 / Nächte ohne Bomben / Familienrundbrief im Krieg

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 22-11 vom 04. Juni 2011

Nächte ohne Bomben
Familienrundbrief im Krieg

Eine „Bolona“, eine bombenlose Nacht, wünschten sich die Deutschen angesichts der andauernden alliierten Luftangriffe, wenn sie sich während des Zweiten Weltkrieges schrieben oder auseinandergingen. Nichts anderes, als verschont zu bleiben, wünschten sich auch die Familienmitglieder des in Kiel stationierten Admiralarztes Heinrich Nöldeke (1896–1955). In seiner Familie herrscht bis heute ein besonderer Zusammenhalt, der durch einen als Verein eingetragenen Familienbund seinen besonderen Ausdruck findet.

Während des Krieges riefen die sieben Kinder des Karl Nöldeke (1857–1926) aus dessen zwei Ehen, geboren zwischen 1884 und 1908, einen Familienrundbrief ins Leben. In den Kriegswirren, welche die Familie in alle Himmelsrichtungen zerstreuten, sollten so der Kontakt zwischen den Familienmitgliedern gehalten sowie Informationen über die Erlebnisse und das Schicksal der Briefeschreiber im Kriegseinsatz und in der Heimat weitergegeben werden.

Die Briefe unterscheiden sich, abhängig vom Bildungsgrad der Verfasser, hinsichtlich der Ausdrucksfähigkeit, im Stil und in der Rechtschreibung. Je nach Beruf und Begabung für eine interessante Berichterstattung wechseln persönliche und dienstliche Erlebnisse sich ab. Dies gilt nicht nur für die beteiligten Soldaten wie den Admiralarzt, der häufig auch von seiner dienstlichen Tätigkeit berichtet, sondern beispielsweise auch für einen leitenden Kaufmann, der beruflich in das osteuropäische Ausland, Schweden und die besetzten Länder reisen muss, und der kritisch berichtet.

Glückliche Umstände ermöglichten es dem 1926 geborenen Herausgeber Hartmut Nöldeke,  diese Briefe zu bewahren und als Zeitzeugnisse zu veröffentlichen. Alle Briefe sind, bis auf die aus den letzten Wochen des Krieges, deren Schicksal ungewiss bleibt, erhalten. Sie werden in dem Band vollständig wiedergegeben, wenn sie über unwichtige Einzelheiten oder Rückblicke hinausgehen und wenn sie in irgendeiner Form Erwähnenswertes zum Inhalt haben. Nur in diesem Sinne hat der Herausgeber Kürzungen, die markiert sind, vorgenommen. Dabei ist er mit großer Umsicht vorgegangen. Eine Übersicht über die an dem Rundbrief beteiligten Familienangehörigen mit deren wichtigsten Lebensdaten erleichtert das Verständnis des Textes und ermöglicht die Einordnung der einzelnen Briefe als historische Quellen.

Neben der Angst vor Verlust, Verwundung und Tod kommt in den Briefen auch immer wieder die Hoffnung zum Ausdruck, der Krieg möge trotz aller Schreck-nisse doch noch ein glückliches Ende nehmen. Der 20. Umlauf des Familienrundbriefes, etwa ein Jahr nach Kriegsende erstellt, und die beiden folgenden Runden geben Aufschluss über das Nachkriegsschicksal der Überlebenden. Wie alle Deutschen sind auch sie betroffen von Trauer um die gefallenen Angehörigen, Trennung der Familie, Wohnungslosigkeit, Verlust der Heimat, der Zerstörung der beruflichen Existenz, Hunger und allgemeiner Not. Jan Heitmann

Hartmut Nöldeke: „Bombenfreie Nächte wünschend – Familienrundbriefe während des Zweiten Weltkrieges“, Heiber Druck & Verlag, Schortens 2010, 279 Seiten, 22 Euro (broschiert), 28 Euro (kartoniert)


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