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11.06.11 / Rosinenpicker / Karstadt-»Retter« gefährdet den Konzern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-11 vom 11. Juni 2011

Rosinenpicker
Karstadt-»Retter« gefährdet den Konzern

Gleich hinterm Karstadt-Haupteingang ist erst einmal eine Verkaufssonderfläche zu überwinden. Eng zusammengestellte Ständer mit großgeblümten Blusen für die Dame ab 70 sind zu passieren, bevor man gleich daneben die Parfumabteilung erreicht. Dieses seit Jahrzehnten vertraute Erscheinungsbild wirft angesichts der Debatten um die Zukunft des angeschlagenen Karstadt-Konzerns Fragen auf. Wollte der im vergangenen Jahr als Retter gefeierte US-Millionär Nicolas Berggruen, der die Karstadt-Kaufhäuser 2010 für den symbolischen Kaufpreis von einem Euro erworben haben soll, das Traditionsunternehmen nicht umstrukturieren? Bisher ist davon nicht viel zu sehen.

Dafür gelangte der offenbar zuvor nicht mit dem Aufsichtsrat abgestimmte Konzernaufspaltungs-Plan des 49-jährigen, weltweit aktiven Geschäftsmannes in die Schlagzeilen. Ausgerechnet das wegen mangelnder Wirtschaftskompetenz als Quotenfrau belächelte Aufsichtsratsmitglied Doris Schröder-Köpf schlug als erste Alarm. Der Aufsichtsratsvorsitzende Alain Caparros, im Hauptberuf Chef der Rewe-Supermärkte, trat sogar im April wegen eines unterschiedlichen Verständnisses „über die Rolle des Aufsichtsrats in der strategischen Ausrichtung des Unternehmens“ zurück. Berggruen ersetzte ihn sofort durch Jared Bluestein. Dieser arbeitet seit 15 Jahren für Berggruen und verkündete Mitte Mai offiziell, dass Warenhäuser, Sporthäuser und Premium-Häuser – die drei Bereiche der Karstadt-Kette – künftig rechtlich eigenständig sein sollen. Er bestätigte damit indirekt das, wovor Schröder-Köpf gewarnt hatte: Berggruen schafft die Möglichkeit, sich die Rosinen aus dem Karstadt-Konzern herauszupicken, in dem er das rentable Luxus- und Sportgeschäft von allen Lasten befreit und die Karstadt-Stammhäuser doch noch in die Insolvenz laufen lässt. Da es bisher keine Hinweise auf ein überarbeitetes Geschäftsmodell für die Stammhäuser gibt – obwohl die Zeit drängt, schließlich läuft Ende August 2012 der mit erheblichen Kostenvorteilen verbundene Sanierungstarifvertrag aus – spricht einiges dafür, dass der als edler Retter gefeierte Berggruen gar nicht so uneigennützig agiert, wie gehofft. Noch in diesem Monat soll ein detaillierter Plan für die Zukunft des Konzerns vorgelegt werden.         Bel


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