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11.06.11 / Barocke Pracht aus Wien in Frankfurt / Eine Ausstellung im Liebighaus mit Exponaten aus Elfenbein zeigt die Kunst der Drechsler und Schnitzer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-11 vom 11. Juni 2011

Barocke Pracht aus Wien in Frankfurt
Eine Ausstellung im Liebighaus mit Exponaten aus Elfenbein zeigt die Kunst der Drechsler und Schnitzer

Der Handel mit Elfenbein ist heute weitgehend verboten. Durch die steigende Nachfrage nach dem Weißen Gold und den Einsatz moderner Waffen im vergangenen Jahrhundert gerieten ganze Tierarten an den Rand der Ausrottung.

Das 1973 eingeführte Washingtoner Artenschutzübereinkommen soll diesen Raubbau an der Natur unterbinden, dennoch versuchen Schmuggler immer wieder, dieses Verbot zu umgehen, wie ein Fund des Leipziger Zolls erst kürzlich zeigte. 35 Kilogramm Elfenbein aus Nigeria waren als Schmuck verarbeitet in unscheinbare Pakete verpackt.

Schon in der Antike war Elfenbein ein beliebter Werkstoff, der wegen seiner Elastizität und gleichzeitiger Härte von Bildhauern geschätzt wurde. Zudem war die schimmernde Transparenz und die feine Äderung besonders gut geeignet, um Fleischtöne natürlich wiederzugeben. So schuf Phidias große Götterstatuen aus Elfenbein und in der Bibel wird berichtet, dass der Thron des König Salomo aus eben diesem Stoff zusammengesetzt gewesen sein soll.

Besonders im Barock war die Nachfrage nach dem Werkstoff außerordentlich groß. So erlebte die Elfenbeinkunst ihre höchste Blüte im Wien des 17. Jahrhunderts. Eine Ausstellung in der Skulpturensammlung des Frankfurter Liebighauses zeigt derzeit die barocke Pracht am Wiener Hof. Die Ausstellung mit Schätzen aus der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums in Wien wurde möglich, weil die Kunstkammer derzeit geschlossen ist und renoviert wird. Rund 36 virtuose Schnitzereien – Statuetten, Kannen, Pokale, Humpen oder Schalen aus Elfenbein, sogenannte Kunstkam­merstücke ohne jeglichen Gebrauchswert – dokumentieren das außerordentliche Können von Künstlern wie Adam Lenckhardt, Johann Caspar Schenck oder Matthias Steinl. Letzterer stammte aus Salzburg und arbeitete in Schlesien. 1676 schuf er mit der Kirchenausstattung des Zisterzienserstifts Leubus  sein erstes nachweisbares Werk. Zu der Zeit arbeitete dort auch der Königsberger Maler Michael Willmann, der die Kirche mit seinen großartigen Fresken ausmalte. Steinl ließ sich 1677 in Leubus nieder und erwarb ein Haus. 1681/82 verließ er Leubus allerdings wieder und zog nach Breslau. 1688 übersiedelte er dann nach Wien. Unter Kaiser Leo-

pold I., dem ersten seiner drei kaiserlichen Dienstherren (er arbeitete auch unter dessen Söhnen Joseph I. und Karl VI.), erhielt Steinl das Amt des kaiserlichen Kammerbeinstechers (Elfenbeinschnitzers), das er bis zu seinem Tod 1727 innehatte. Steinl schuf großformatige Statuen, Altäre, Kanzeln, Denkmäler, sogar Kulissenarchitektur. Für Leopold I. fertigte er die ursprünglich ganz vergoldete „Maria Immaculata“, die heute im Liebighaus zu finden ist. Die Statue ist gegenwärtig im zweiten Stock in den Studioli während der Öffnungszeiten des Museums zu sehen. Sie war als Entwurf für eine schließlich nicht ausgeführte Säule zur Feier des Sieges über die Türken gedacht.

Seine Meisterschaft erlangte Steinl aber in der Elfenbeinschnitzerei. Nur wenige Werke haben sich jedoch erhalten, wie die in Frankfurt ausgestellte Gruppe „Pluto und Proserpina“ sowie die aus einem Walrosszahn geschnittene „Allegorie der Elemente Wasser und Luft“. Gezeigt wird auch die kleinfigurige Gestalt des griechischen Gottes der Zeit „Chronos auf der Weltkugel“, die vor allem auch durch den farbigen Kontrast von schimmerndem Elfenbein und leuchtend blauem Lapislazuli fasziniert.

Fasziniert waren auch die Sammler der kostbaren Stücke, die habsburgischen Kaiser, Könige und Erzherzöge – so sehr, dass mancher selbst das Handwerk des Drechselns erlernte. Viele Stunden standen sie an den Drechselbänken und mochten selbst während politischer Tagungen nicht davon lassen. So wird berichtet, dass während eines Reichstages in Augsburg Kaiser Ferdinand III. mit seinen Söhnen einen Drechsler aufsuchte, um bei ihm zu drechseln. Kein Wunder, dass das edle Material durch den fürstlichen Handwerker noch zusätzlich geadelt wurde.          Silke Osman

Die Ausstellung in der Skulpturensammlung des Liebighauses, Schaumainkai 71, ist bis zum 26. Juni dienstags sowie freitags bis sonntags von 10 Uhr bis 18 Uhr und mittwochs sowie donnerstags von 10 Uhr bis 21 Uhr geöffnet, Eintritt 9 / 7 Euro.


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