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11.06.11 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 23-11 vom 11. Juni 2011

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,           
liebe Familienfreunde,

zuerst einmal sehr, sehr herzlichen Dank für die lieben Grüße, die ich in unserem „Familienbriefkasten“ gefunden habe, der in Erfurt bereitstand, um Wünsche und andere Mitteilungen aufzunehmen. Viele Besucher haben bedauert, dass sie mir diese nicht persönlich vortragen konnten – ich auch, aber nun habe ich sie schriftlich vorliegen, und so kann ich sie in Ruhe lesen, ohne zu befürchten, dass ich etwas falsch verstanden habe, wie das bei einem Gespräch im lauten Hallentrubel schon einmal geschehen kann. Wir hatten es ja auch unseren Besuchern mit den bereitgelegten „Wunschzetteln“ leichter gemacht, die für eine Veröffentlichung erforderlichen Angaben schriftlich zu machen und ihr Einverständnis für diese einzuholen, denn das ist heute aus Datenschutzgründen notwendig. Es ist eben alles schwieriger geworden. Wenn man früher die alt gewordene Kuh zitierte, wenn man auch im späten Alter etwas dazu lernen wollte, müsste man heute schon eine Schildkröte zum Vergleich der Langlebigkeit heranziehen – aber das reimt sich leider nicht.

Dafür reimt sich so manches, was einige Landsleute als kleines Dankeschön für unser Archiv mitbrachten. Gedichte, oft selbst verfasst, oder Lieder, an die sie sich nur noch bruchstückhaft erinnern. Wie eine Ostpreußin aus Haselberg/Lasdehnen, die heute im Erzgebirge lebt und die sich noch an ein Lied erinnert, das ihre Mutter gesungen hat und von dem sie gerne den vollen Text haben möchte. Eigentlich ist es eine Ballade oder vielmehr ein Melodram, und ich kann mich noch gut daran erinnern, denn bei uns zu Hause wurde es auch von einem Freund der Familie vorgetragen, der uns gerne mit seinen Sangeskünsten beglückte. Das Repertoire reichte von Loewes „Die Uhr“ bis zur „Königspalme“, und seine Darbietungen haben mich kleines Gnoss sehr beeindruckt. Mit Sicherheit habe ich bei „Schön-Röschen“ geweint, ein Melodram, das von der Liebe eines zarten Mädchens zu ihrem Auserwählten erzählt, der fortgehen musste und ihr versprach, dass sie sich wieder unter dem „Baum bei Rosen und Flieder“ treffen würden. Aber leider verstarb Röschen, und als der Heimkehrende sie suchte, musste der Vater erklären, dass sie sich unter dem Baum begraben ließ „… dort träumt sie den Traum von Rosen und Flieder“. Es ist eigenartig, aber auf einmal ist die Melodie wieder da, und so wird es Frau Ingrid Bleißidel auch ergehen. Den Wunsch, nach dem Text des Melodrams, dessen Titel ich leider nicht angeben kann, zu suchen, erfülle ich ihr gerne. Aber ich bin sicher: „Schön-Röschen“ wird sich finden. (Ingrid Bleißidel, Glockenklangerstraße 23 in Johanngeorgenstadt, Telefon 03773/882984.)

Alte Fotos machen immer Freude, wenn sie Landschaften oder Menschen zeigen, die für uns ein Stückchen Heimat sind. So wie die beiden Aufnahmen, die Frau Ilse Conrad-Kowalski in den Familienkasten legte und dazu vermerkte: „Damit Sie an den sehr alten Fotos, vor allem an dem Bildnis der alten Bäuerin, genauso viel Freude haben wie ich, übergebe ich sie Ihrem Archiv.“ Und damit auch unsere Leserinnen und Leser sich daran freuen können, wollen wir es hier veröffentlichen, ehe es ins Archiv wandert. Es ist ein sehr altes Bild, Soldaten haben es im Ersten Weltkrieg in Groß-Kuhren aufgenommen wie auch das zweite Foto, das einen Bauern „hoch zu Ross“ von der Feldarbeit kommend zeigt. Aber das Bild der samländischen Bäuerin ist deshalb so eindrucksvoll, weil es keine Atelieraufnahme im Sonntagskleid und mit starren Gesichtszügen ist, wie es ja zu jener Zeit üblich war, sondern eine Landfrau im harten Arbeitsalltag zeigt. Deren Gesicht aber ihr Wesen widerspiegelt: Güte, Zufriedenheit und Ruhe, so ganz im Einklang mit ihrem wahrhaftig nicht leichten Leben. Und Liebe zur Kreatur, wie auch der Blick des kleinen Hundes besagt, der geborgen in ihren Armen liegt. Der unbekannte Fotograf hat da vor fast 100 Jahren schon eine kleine Meis­terleistung erbracht. Aber vielleicht ist er gar nicht so unbekannt, denn es könnte sein, dass es der Vater von Frau Ilse, Wolfgang Kowalski war, der die Aufnahme machte, wie sie vermutet. Wir sagen für die Überlassung der alten Aufnahmen herzlichen Dank.

Das ist ja ein Hauptanliegen unserer Ostpreußischen Familie: immer einen Hauch Heimat zu vermitteln. Dass dies dankbar von vielen Landsleuten empfunden wird, bestätigen weitere Zuschriften wie die von Frau Angela Schwieger aus Berlin, die „einfach alles aufsaugt“, was sie an die frühe Kindheit in Ostpreußen erinnert. Und da ist sie einmal ganz schön aus dem Gleichgewicht gekommen, wie sie schreibt. Anlass war der vor drei Jahren veröffentlichte Wunsch eines Lesers, der Auskünfte über seinen Vater suchte. Der war Verwalter auf einem Gut im nördlichen Ostpreußen gewesen, dessen Besitzer v. Z. namentlich genannt wurde. Dieser Name erinnert Frau Schwieger an eine enge Freundin ihrer Mutter, Renate v. Z., die durch den Pferdesport miteinander verbunden waren. Sie muss auf die kleine Angela einen besonderen Eindruck gemacht haben, denn „mit ihr vergoldete sich alles“. So bringt manchmal nur ein Name längst verloren geglaubte Erinnerungen wieder. Und Frau Schwieger, die in der DDR aufwuchs, hat da noch viel Nachholbedarf, wie sie schreibt. Wir werden weiter versuchen, ihn zu erfüllen.

Wie alle anderen Wünsche, von denen sich die meisten auf Verwandtensuche und Ahnenforschung beziehen. So wie der von Frau Margot Schittke aus Wiesbaden, die sich im Namen ihrer Familie an uns wendet und ihren Suchwunsch kurz und doch umfassend formuliert: „Leider haben wir bis heute nichts über den Verbleib unseres Vaters, Erich Schittke, *9. Mai 1897, wohnhaft gewesen in Osterode/Ostpreußen, Spangenbergstraße 3, in Erfahrung bringen können. Als Angehöriger des Volkssturms blieb er am 1. Januar 1945 in Osterode. Am 21. Januar war er bis mittags bei seiner Schwester in der Erich-Koch-Straße und ging dann in unsere Wohnung. Von diesem Zeitpunkt fehlt von ihm jede Spur. Vielleicht können wir auf diese Weise doch noch etwas über sein Schicksal erfahren.“ Jedenfalls wird diese Veröffentlichung eine der letzten Möglichkeiten sein, Hinweise auf seinen unbekannten Lebensweg zu bekommen. Da sind die Osteroder und alle Zeitzeugen gefragt, die sich damals in der Stadt befanden, darunter auch Flüchtlinge aus den nördlichen Regionen Ostpreußens, denen der Russe den Fluchtweg abgeschnitten hatte. Es ist anzunehmen, dass Erich Schittke den Besatzern in die Hände fiel, dabei den Tod fand oder in ein Lager kam. Vielleicht wissen ehemalige Nachbarn aus der Spangenbergstraße etwas über sein Schicksal, es könnte auch Mitgefangene geben, die mit ihm in einem Arbeitslager waren. Für jeden Hinweis wären seine Nachkommen dankbar. (Margot Schittke, Adelheidstraße 93 in 65185 Wiesbaden, Telefon 0611/3415 874.)

„Mein Fall scheint hoffnungslos, ist es aber vielleicht doch nicht“ – das könnte Frau Schittke in Bezug auf ihren Suchwunsch geschrieben haben, der Satz stammt aber aus einem Brief von Herrn Gert-Dietrich Wermke aus Königs-Wus­terhausen. Bei ihm geht es allerdings nicht um ein ungeklärtes Schicksal, sondern um eine mögliche Verwandtschaft. Sein Großvater Emil Hermann Wermke, *2. April 1879 in Kilgis, hatte noch einen Bruder, von dem der Enkel nichts weiß, er kennt weder seinen Namen noch irgendwelche Daten. Nach diesem Großonkel forscht Herr Wermke schon lange, bisher ohne Ergebnis. Ein Hoffnungsschimmer kam auf, als er vom Heimatkreisverein Königsberg-Land folgende Angaben erhielt: Franz Wermke, *20. November 1877 in Kilgis, und Ehefrau Johanna, *27. Januar 1889. Emil und Franz könnten Brüder sein, da sie im Abstand von eineinhalb Jahren in demselben Ort geboren wurden, Franz müsste dann wie der Großvater von Gert-Dietrich auch ein Sohn von Friedrich Wilhelm Wermke und seiner Frau Wilhelmine geborene Bartel sein. Die vage Hoffnung, hierüber Klarheit zu erhalten, ist berechtigt, da es sich bei Kilgis um eine 300-Seelen-Ortschaft im Kirchspiel Kreuzburg handelt mit einem großen Gut, das in gräflichem Besitz war, aber mit eigener Schule. Es ist also möglich, dass es noch ehemalige Bewohner dieses 17 Kilometer nordwestlich von Preußisch Eylau gelegenen Ortes gibt, die sich an die Familie Wermke erinnern, vielleicht mit deren Kindern gemeinsam auf der Schulbank saßen und sagen könnten, ob es eine oder mehrere Familien dieses Namens in Kilgis gab. Das Nonplusultra wäre natürlich, wenn sich Nachkommen von Franz Wermke finden ließen – gleich, ob es sich bei ihm um den Bruder von Emil Wermke handelt oder um einen anderen Verwandten. „Vielleicht gibt es in unserer ostpreußischen Familie doch jemanden, der durch diese wenigen Angaben einen Hinweis geben kann, der mir weiterhilft“, so beendet Herr Dietrich sein Schreiben. Wir suchen diesen Jemand! (Gert-Dietrich Wermke, Potsdamer Ring 11 in Königs Wusterhausen, Telefon 03375/291060.)

Und auch in diesem Fall kann man hoffen – die Erklärung dafür später. Frau Annelene Knoller aus München liest unsere Zeitung gemeinsam mit einer 89-jährigen Ostpreußin, deren Sehkraft schon sehr nachgelassen hat, aber unsere treue Abonnentin bleibt. Frau Knoller wurde zwar in Berlin-Spandau geboren, doch alle Vorfahren kommen aus Ostpreußen, der Vater aus Gumbinnen, die Mutter aus Heydekrug. Die heimatlichen Wurzeln wurden durch Ferienaufenthalte in Königsberg, Cranz, Rauschen und im Memelland gefestigt, die Verbindung blieb eng. So weiß Frau Knoller, dass fast allen Verwandten 1945 die Flucht gelang. Nur von einer Cousine ihrer Mutter Helene Westpfahl geborene Eliseit fehlt jede Spur, und die Frage „Wo blieb Tante Anna?“ beschäftigt die 85-Jährige noch heute. Anna Tiesler war verwitwet und wohnte in der Schleiermacherstraße in Königsberg. Sie galt als „die Höchste vom DRK“, so formuliert Frau Knoller die berufliche Position. Frau Knoller hat ihrer Tante Anna viel zu verdanken, denn diese verschaffte ihrer jungen Berliner Verwandten, die mit der Ausbildung zur Medizinisch-technischen Assistentin (MTA) begonnen hatte, noch vor den Bombennächten die Möglichkeit, in das damals als sicher geltende Ostpreußen zu gehen. Das junge Mädchen wohnte in Goldap bei Tante Annas Nichte Inge Hickisch, Mutter von zwei kleinen Jungen, ihr Mann stand als Arzt an der Ostfront. Annelene war im Krankenhaus in Goldap als DRK-Helferin tätig, machte dann ihre Schwestern-Helferinnen-Prüfung in Wickbold, wo Gertrud Hickisch, die Schwester von Tante Anna, Leiterin des Seminarhauses war. 1944 kehrte Annelene nach Berlin zurück und setzte ihre Ausbildung zur MTA fort. Aber bereits im April 1945 verließ die Familie Westpfahl die umkämpfte Hauptstadt und ging nach Bayern. Dadurch riss auch manche Verbindung zu den ostpreußischen Verwandten ab, die aber später wieder geknüpft werden konnte – leider nicht zu Tante Anna, denn von ihr fehlte jede Spur. Da sie mit Sicherheit während der letzten Kriegsmonate im Einsatz war, dürfte sie in ihrer Heimat geblieben sein. Wenn Anna Tiesler eine leitende Funktion beim Deutschen Roten Kreuz hatte, müsste sie einen hohen Bekanntheitsgrad gehabt haben, vor allem im pflegerischen Bereich. Und da setzt eben meine berechtigte Hoffnung ein, dass sich noch ehemalige junge Helferinnen und andere Personen, die mit dem DRK zusammen arbeiteten, an Anna Tiesler erinnern und vielleicht wissen, wie ihr weiteres Schicksal war. Frau Knoller würde sich über jede Zuschrift freuen. (Annelene Knoller, Speyrerer Straße 13/II in 80804 München, Telefon 089/3082558.)

Und nun wünsche ich Ihnen auf gut Ostpreußisch: Scheene Pingste!

Eure Ruth Geede


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