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18.06.11 / Was will Berlin? / Merkels Politik irritiert die Deutschen ebenso wie ihre ausländischen Partner

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 24-11 vom 18. Juni 2011

Was will Berlin?
Merkels Politik irritiert die Deutschen ebenso wie ihre ausländischen Partner

Auf „good old Germany“ ist kaum noch Verlass. Zumindest glauben das viele Regierungen und die Spitzen von EU und Nato. Politische Alleingänge, unverständliche Entscheidungen und wahltaktisch bedingtes Verhalten der Kanzlerin bringen den „Mythos vom perfekten Deutschland“ ins Wanken.

Deutschland ist der Pfeiler der Europäischen Union. Daran zweifelt nicht einmal das prestigebewusste Frankreich. Dabei waren sich die Partner selbst nie ganz im Klaren darüber, was sie von dem germanischen Schwergewicht eigentlich erwarten: Führung ja, aber keine Vorherrschaft. Stabilität schon, aber nicht allzu viel Prinzipientreue. Im Grunde war es stets eine Quadratur des Kreises, die den Deutschen abverlangt wurde.

Meist gelang es unterschiedlichen Bundesregierungen, den widersprüchlichen Erwartungen mehr oder minder gerecht zu werden. Dabei waren sie oftmals bereit, eigene nationale Interessen hintan zu stellen, wenn es darum ging, einen europäischen Kompromiss zu erreichen. Darin folgten die Deutschen ihrer Regierung mehr oder minder bereitwillig, aber ohne echte Begeisterung.

Seit neuestem jedoch beginnt Berlin, seine Partner zunehmend zu irritieren. Kanzlerin Merkel verfolgt offenkundig keine klare Linie, ist hin- und hergerissen zwischen vermeintlichen „europäischen Interessen“ und „internationalen Verpflichtungen“ einerseits und einem unruhig werdenden deutschen Volk.

Dabei schlägt ihr Konzept von Machterhalt negativ durch: Merkel moderiert lieber, anstatt frühzeitig die Richtung vorzugeben. Sie lässt die Kampfhähne sich erst gegenseitig aufreiben, bevor sie ihre Machtrolle spielt. Inhalte, an denen sie unbedingt festhält und für die sie kämpft, ließ die CDU-Politikerin kaum je erkennen. Das ist schlecht in einer Zeit, in welcher der Wind aus unterschiedlichsten Richtungen weht.

Vielleicht ist ein Charakter wie Merkel gerade in einer Zeit wie dieser die falsche Besetzung.  Das Ausland jedenfalls ist ungehalten, wobei ein Stück Selbstgerechtigkeit mitschwingt: Jetzt, da eine wankelmütige Kanzlerin vermeintlich europäische oder westliche Interessen zuhause immer weniger gegen eine unwillige Wählerschaft durchsetzen kann oder will, verhält sich Deutschland kaum noch anders als seine Partner. Der Kommentator der polnischen Zeitung „Polityka“ bringt die Gefühlslage auf den Punkt: Deutschland beschäftige sich mit sich selbst. Doch das könne Warschau sich vielleicht erlauben, aber nicht Berlin, der Motor der EU. Auch Paris und London haben ihre nationalen Ziele stets mit aller Selbstverständlichkeit vertreten, vertrauend darauf, dass die Deutschen schon stillhielten.

Was Berlin nun tatsächlich fehlt, ist eine Strategie zu europäischer Politik aus wohlverstandenem nationalen Interesse. Bislang fiel den Berlinern dazu nur wolkige Europa-Prosa ein. Vielleicht sollte die deutsche Politik mit ihren Bürgern und europäischen Partnern einfach nur ehrlicher sein, dann würde auch das Bild von Deutschlands Linie in Europa wieder klarer. So es denn eine hat.                        Hans Heckel


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