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25.06.11 / Umstrittener Kandidat / Martin Schulz will Präsident des Europaparlaments werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-11 vom 25. Juni 2011

Umstrittener Kandidat
Martin Schulz will Präsident des Europaparlaments werden

Gemäß einer Absprache zwischen der Europäischen Volkspartei (EVP) und den Sozialdemokraten teilen sich die beiden größten Fraktionen des Europaparlaments den Posten des Parlamentspräsidenten. Nach dem Ablauf der Amtszeit des EVP-Mannes Jerzy Buzek beansprucht folglich der SPD-Abgeordnete Martin Schulz diesen Posten für sich. Der gelernte Buchhändler war 1974 der SPD beigetreten und zog 1994 erstmalig in das Europaparlament ein.

Das EU-Parlament besteht derzeit aus 736 Abgeordneten, die sich wiederum auf sieben Fraktionen und 29 fraktionslose Abgeordnete aufteilen. Die EVP hat 264 Abgeordnete, die Sozialdemokraten nur 185. Die Liberalen sind mit 85 Abgeordneten deutlich kleiner, machen sich aber einige Hoffnung, vielleicht bald den Parlamentspräsidenten stellen zu können. Die Grünen mit nur 56 und die Kommunisten mit 35 Abgeordneten spielen zahlenmäßig eine unbedeutende Rolle. Die „Rechten“ (Konservative und Euro-Skeptiker) verteilen sich auf zwei verschiedene Fraktionen und die meisten der 29 fraktionslosen Abgeordneten, da sie sich nicht auf eine gemeinsame Fraktion einigen konnten.

Gerade diese etwa 100 Abgeordnete umfassende Gruppierung ist es aber gewesen, die in der Vergangenheit von Schulz in oft unsachlicher und beleidigender Form angegriffen wurde. Vor acht Jahren attackierte Schulz den italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi und dessen Koalitionspartner, die Lega Nord. Die Partei des italienischen Ministerpräsidenten gehört jedoch der EVP an. Es ist daher kaum vorstellbar, dass diese Abgeordneten ausgerechnet Schulz zum Parlamentspräsidenten wählen werden.

2009 klassifizierte Schulz den Vorsitzenden der nationalliberal ausgerichteten Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), Heinz-Christian Strache“ als „Nazi“. Erst im letzten Jahr kamen neue Ausfälle hinzu. Auseinandersetzungen um Schulz’ Wortwahl gab es auch mit dem Briten Godfrey Bloom sowie den Niederländern Barry Madlener und Daniel van der Stoep. Da das Amt des Parlamentspräsidenten mit einer überparteilichen Sachlichkeit verbunden sein sollte, haben nicht nur die mit Schulz in Konflikt geratenen Abgeordneten und Parteien Zweifel an seiner Eignung zum Parlamentspräsidenten, sondern auch andere bislang unbeteiligte Kräfte.

Offensichtlich wollen die Liberalen diese Situation für sich ausnutzen. Zwar hat sich bislang niemand von ihnen „geoutet“, aber der Nachrichtendienst „EU-Observer“ in Brüssel berichtet gleich von mehreren liberalen Abgeordneten, die einen Gegenkandidaten zu Schulz aufstellen wollen. Aus diesen Kreisen wird sogar kolportiert, im Lager der Sozialdemokraten gäbe es Abgeordnete, die Schulz „los werden“ wollten. Der gibt sich indessen selbstbewusst: „Wenn ich die Nominierung habe, werde ich versuchen, die Mehrheit des Parlaments davon zu überzeugen, dass ich der richtige Kandidat bin.“

Da die Rechten im Europaparlament weitaus stärker sind als die Grünen und die Kommunisten zusammen, wird es nun darauf ankommen, wie groß sich der Unmut über Schulz in der EVP zahlenmäßig ausdrückt und ob es Abweichler im sozialistischen Lager gibt. Eile in der Sache gibt es nicht, denn die Sozialdemokraten wollen ihren Kandidaten erst im September nominieren. Die Amtsübernahme des neuen Parlamentspräsidenten steht ohnehin erst zum Jahreswechsel an. Hans Lody


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