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25.06.11 / Belgiens Dauerkrise / Provisorische Regierung ohne Alternative

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 25-11 vom 25. Juni 2011

Belgiens Dauerkrise
Provisorische Regierung ohne Alternative

Seit den Parlamentswahlen im Juni 2010 ist es in Brüssel nicht gelungen, eine Regierung zu bilden. Die kommissarische Amtsführung durch Yves Leterme hat sich inzwischen sogar als durchaus handlungsfähiges Provisorium herausgestellt: Verfassungsrechtlich ist der Spielraum für den flämischen Christdemokraten Leterme eigentlich sehr begrenzt. Der abgewählte Regierungschef soll das Königreich so lange kommissarisch verwalten, bis die Bildung einer neuen Regierung abgeschlossen ist. Leterme hat es nicht beim Verwalten belassen. Inzwischen sind sogar weitergehende Entscheidungen getroffen worden, als verfassungsrechtlich erlaubt ist: Außer einem Spar-Budget hat er auch die Teilnahme von belgischen Streitkräften am Nato-Einsatz in Libyen durchgesetzt. Da es keine Alternative zur geschäftsführenden Regierung gibt, scheint der vor 12 Monaten abgewählte Leterme sogar weniger angefochten zu sein, als zu seinen Zeiten als regulärer Regierungschef.

Der Streit über die Zukunft Belgiens geht indessen weiter, ohne dass eine Lösung absehbar wäre. In welcher Form der niederländisch sprechende Norden und der französischsprachige Süden Belgiens künftig zusammenleben sollen, ist nach wie vor ungeklärt. Die Vorstellungen reichen von vollständiger Separation bis zu einer Staatsreform mit mehr Kompetenzen für die Regionen. Die beiden Sieger der letzten Wahl, die französischsprachigen Sozialisten und die flämische Nationalistenpartei, stehen sich weiterhin unversöhnlich gegenüber. Aktueller Schwerpunkt des Streites ist die Reform der Sozialversicherung. Flämische Politiker fordern die Trennung der Versicherung, um den Transfer von fünf Milliarden Euro vom wirtschaftlich stärkeren flämischen Landesteil in den stagnierenden französisch sprechenden Teil des Landes zu beenden. Angesichts dieser Ausgangslage sind die Erfolgsaussichten für den von König Albert II. im Mai mit der Regierungsbildung beauftragten wallonischen Sozialisten Elio Di Rupo fraglich. Dass es ihm gelingt, noch eine Koalitionsregierung zustande zu bringen, wird im Land kaum noch angenommen. Neben Neuwahlen ist inzwischen selbst die Verlängerung des „Ausnahmezustands“, der kommissarischen Regierung Letermes, im Gespräch. N. Hanert


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