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02.07.11 / Israels ferner Friede / Im Heiligen Land verschanzen sich alle Lager hinter Grenzen und Mauern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-11 vom 02. Juli 2011

Israels ferner Friede
Im Heiligen Land verschanzen sich alle Lager hinter Grenzen und Mauern

Israel ergreift im Nahen Osten die Initiative und bietet dem Libanon unter der neuen pro-iranischen Hisbollah-Regierung Friedensverhandlungen an. Die Palästinenser wollen im Herbst einen unabhängigen Staat ausrufen und US-Präsident Barack Obama schlug unlängst Israel den Rückzug auf die Grenzen von 1967 vor.

Man braucht kein Prophet zu sein, um das Scheitern solcher Vorschläge vorherzusagen. Dafür reichen zwei offene Augen und das Wahrnehmen der offenkundigen Faktenlage im Land. Ein Rückzug auf die Grenzen vor dem Sechstagekrieg (1967) erscheint ebenso illusorisch wie Friedensverhandlungen mit dem Libanon oder ein eigener Palästinenser-Staat. Rings um Jerusalem wachsen jüdische Neubausiedlungen die Hänge hinauf. Das Bild wiederholt sich im ganzen Land. Israel besitzt heute eine moderne Infrastruktur und neue Fabrikanlagen. In Tel Aviv sind Bürogebäude internationaler Konzerne zu sehen; landwirtschaftliche Flächen sind bewässert und grün. Milliarden sind hier investiert worden, wie Israelis betonen. Keiner werde diese Errungenschaften freiwillig aufgeben.

Vor dem Sechstagekrieg verlief die Grenze zwischen Israel und Palästina in Jerusalem noch ganz nahe am Zions-Berg, wo die Juden das Grab Davids und die Christen das „Coenaculum“, den Abendmahls- und Pfingstsaal, verehren. Auf diesem heiligen Berg ließen sich  Juden begraben, solange das traditionelle Gräberfeld im Kidron-Tal, am Fuße des Felsendomes, für Juden verschlossen war. Nun verläuft die Grenze zum palästinensischen Autonomiegebiet einige Kilometer weiter östlich, wo eine etwa sieben Meter hohe Betonmauer die neue Realität markiert.

Wer in das etwa zehn Kilometer südlich der Heiligen Stadt gelegene Bethlehem reisen will, muss diese hohe Grenzmauer passieren, weil der Geburtsort Jesu Christi im palästinensischen Gebiet liegt. Nimmt der Tourist ein palästinensisches Taxi, gibt es kaum Probleme. Die Mauer ist in wenigen Minuten passiert. Der Ausweis des Taxifahrers und die deutschen Reisepässe wirken Wunder. Beide Seiten haben derzeit kein Interesse an Komplikationen. „Bethlehem ist friedlich und sicher“, beteuert der Taxifahrer. Gefragt, ob es jemals Frieden geben wird zwischen Israel und Palästina: „Nein, niemals, da ist zu viel Geld im Spiel“, antwortet der Taxifahrer wie aus der Pistole geschossen.

In der Konfrontation zwischen jüdischen Israelis und palästinensischen Moslems drohen die Christen zwischen den Fronten zerrieben zu werden. Die in viele Konfessionen und Kirchen aufgeteilte Christenheit des Heiligen Landes, die kaum zwei Prozent der Bevölkerung ausmacht, fragt sich, was aus ihr werden wird. Mit hohen Mauern und neuem Nato-Stacheldraht versuchen sich die Klöster und Gemeinden vor aggressiven orthodoxen Juden und Moslems zu schützen. Die israelische Polizei zeigt schwer bewaffnet Präsenz vor allen wichtigen christlichen Pilgerzielen.

Die Autonomiegebiete der Palästinenser sind für ausländische Touristen weitgehend tabu. Das von jüdischen Siedlungen zerklüftete Land auf den Bergen Samarias gleicht einem löchrigen Schweizer Käse. Etwa 300000 jüdische Siedler leben heute im Westjordanland. Eine ähnliche Siedlungstätigkeit, worüber westliche Medien in der Regel nicht berichten, entfalten übrigens Moslems auf israelischem Territorium. Im Norden des Landes, in der Nähe des Tabor-Berges, entstehen mit ausländischer Finanzhilfe große Neubausiedlungen. Viele neue Moscheen mit riesigen Minaretten zeugen davon, dass arabische Moslems ebenfalls Fakten schaffen wollen.

Offenbar versuchen alle Lager im Heiligen Land, sich hinter Grenzen und Mauern einzurichten. Die israelische Bevölkerung reagiert derweil auf die ständige Bedrohung gelassen und selbstbewusst. Die Bürger sind sich ihrer Stärke bewusst. Mit Stolz tragen junge Männer und Frauen bei ihrem drei- beziehungsweise zweijährigen Wehrdienst ihre Uniformen und Waffen. Am Sonntagmorgen, am Ende des Sabbatwochenendes, sieht man sie in großer Zahl an jeder Bushaltestelle stehen. Die Präsenz von Polizei und Militär an öffentlichen Plätzen, an Kontrollpunkten im Straßenverkehr, besonders an den Grenzen zum Libanon und zu Syrien, irritiert zunächst die Touristen. Angesichts der fragilen Sicherheitslage erscheint es undenkbar, dass Israel die Golanhöhen im Norden zurück­geben könnte. Hier sichern Berge und entmilitarisierte Zonen mit UN-Soldaten das Kernland Israels. Rund 20000 jüdische Siedler leben hier. Im Libanon sollen 40000 Raketen stationiert sein, die selbst das 700 Kilometer entfernte Eilat am Roten Meer bedrohen können, berichtet die israelische Tageszeitung „Jediot Achronot“.

Hat Israel eine Zukunft? Daran zweifeln wohl die wenigsten Israelis, die sich als Schicksalsgemeinschaft fühlen. Israel eint weniger die Religion als vielmehr eine national-jüdische Identität, die Gegensätze der Kultur, Herkunft oder der Religion überbrücken hilft. Hinrich E. Bues


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