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02.07.11 / Monster in der Nacht / Ein klägliches Heulen ertönte über den Köpfen der Schlafenden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 26-11 vom 02. Juli 2011

Monster in der Nacht
Ein klägliches Heulen ertönte über den Köpfen der Schlafenden

Nur ein einziges dieser Biester im Zimmer und man kann seinen erholsamen Schlaf vergessen! So ging es mir heute Nacht. Noch lag ich selig in Orpheus’ Armen, als ich abrupt erwachte. Mir war noch nicht klar warum, aber sehr bald wusste ich es, denn ein mieses, von allen Menschen gehasstes leises Geräusch war in unserem Schlafzimmer zu hören.

Und schon war es über mir, dicht über meinem Kopf! Und es war nicht der bekannte leise, aber in seiner Intensität durch Mark und Bein gehende sirrende Ton einer Mücke, oh nein! Dieses Biest muss­te etwas Besonderes sein, denn es sirrte nicht in den höchsten Oktaven, sondern es heulte. Tatsächlich, es heulte über mich hinweg, und das klang irgendwie kläglich.

Sollte ich vielleicht Mitleid haben und denken: Ach, das arme Tierchen hat solchen Hunger auf ein bisschen Menschenblut, da gönne ich ihm doch ein Tröpfchen!? Aber nein, dieses Geräusch erzeugte durchaus kein Mitleid in mir, sondern Abscheu und sogar ein bisschen Angst. Was mochte das wohl für ein Monster sein, das da immer wieder wie ein winziger Hubschrauber anflog und über meinem Kopf kreiste und heulte?

Ich ließ meine Arme im Kreise schwirren und kam mir wie eine Mehl mahlende Mühle vor. Weg war das Biest! Ach bitte, flehte ich egoistisch, setze dich doch ein einziges Mal auf die Glieder meines Mannes! Sein Blut schmeckt dir bestimmt auch! Doch mitnichten!

Es ist wirklich merkwürdig, dass diese Blutsauger sich immer nur auf mir niederlassen und fast nie auf meinem Mann. Der liegt selig in tiefem Schlummer und bleibt unbehelligt. Man sagt ja, dass sich Mücken am liebsten auf die Haut eines Menschen setzen, der Schweiß ausdünstet. So heißt es, aber es stimmt nicht! Mein Mann zum Beispiel schwitzt sehr viel, bei Tag und bei Nacht; ich jedoch weiß gar nicht, was Schweiß überhaupt ist. Höchstens bei 30 bis 40 Grad bilden sich schon mal die bekannten Tröpfchen auf meinem Körper. Trotz alledem werde ich eher und öfter von Insekten geplagt als mein Eheliebster. Dabei spare ich wirklich mit Parfüm oder duftenden Lotionen.

Besagte Mücke nun schwirrte immer wieder mit ihrem Heulton über mir und ich wedelte; wedelte so lange, bis meine Arme lahm waren und ich wirklich in Schweiß gebadet dalag, in Angstschweiß. Sollte ich Licht machen und mit der Fliegenklatsche auf Jagd gehen? Doch dann würde mein Mann erwachen. Der schläft doch so schnell wieder ein, beruhigte ich mich und hatte schon ein Bein aus dem Bett, doch dann fiel mir ein, dass meine schwachen Augen das kleine Insekt im Halbdunkel ohnehin nicht finden würden, wo auch immer es wartend saß, um mir seinen Stachel in die Haut zu jagen. Bein raus? Himmel! Schnell wieder unter die Bettdecke damit! Ssssrrr, heueueul! Wieder flog es an.

Oh, wunderbar, mein Mann bewegte sich, stieg aus dem Bett und tappte – halb im Schlaf – nach draußen. Der bekannte nächtliche Gang! Ins Wohnzimmer sausen, die Fliegenklatsche greifen und wieder zurücklaufen war eins. „Wo bist du, Monster?“, rief ich mit drohender Stimme. Ich suchte jedes Fleck­chen des Schlafzimmers ab. Nichts! Ich wedelte mit der Gardine. Bestimmt saß es in ihren Falten. Saß es nicht! Da war guter Rat teuer. Ich hörte meinen Mann kommen und schlüpfte betrübt wieder unter die Bettdecke. „Hier ist eine Mücke“, sagte ich und meine Stimme klang zum Steinerweichen. „Ich habe gerade eine totgemacht“, erwiderte mein Liebster und gähnte herzhaft, „sie saß auf meinem Arm und wollte sich bedienen, aber da hatte sie sich verrechnet!“ „Sie musste sterben!“, sagte ich fröhlich, „das geschah ihr recht“, drehte mich auf die Seite, löschte das Licht und schloss die Augen. Auch mein Mann wickelte sich wieder in sein Laken. Herrliche Stille! Nach einer Minute ... Ssssrrr – heueueulll! Neieieinnn!         Gabriele Lins


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