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09.07.11 / Kirchhofs Flat-Tax-Modell

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-11 vom 09. Juli 2011

Kirchhofs Flat-Tax-Modell

Der Professor aus Heidelberg ist wieder da. Und was er mitbringt, hat das Zeug zum großen Wurf. Der wohl prominenteste Steuerjurist der Bundesrepublik hat eine Reform des gesamten deutschen Steuerrechts ausgearbeitet. Vergangene Woche stellte er das Modell der Öffentlichkeit vor.

Die visionären Vorschläge des einstigen Verfassungsrichters, der im Bundestagswahlkampf 2005 zum Schattenkabinett der damaligen Kanzlerkandidatin Angela Merkel gehörte, lassen sich in der Hauptthese zusammenfassen: 25 Prozent auf alle Einkommen. Die gegenwärtig mehr als 30 Bundessteuern würden auf nur noch vier Steuerarten zurückgestutzt: außer der Einkommensteuer eine kommunale Zuschlagsteuer, die Verbrauchsteuer sowie die Erbschaftsteuer. Damit ist die Bierdeckel-Steuererklärung von Fried­rich Merz wieder aktuell. Sämtliche mittlerweile 534 Steuervorteile und -privilegien im Einkommensteuerrecht wie die Pendlerpauschale, die Kinderfreibeträge oder die Steuerfreiheit von Zuschlägen bei Sonntags- und Nachtarbeit fallen ersatzlos weg. Maximal die Hälfte des Einkommens eines Bürgers nimmt der Staat sich selbst.

Kirchhofs Reformentwurf, der den Paragrafendschungel der 200 Steuergesetze zum gepflegten Hain eines einzigen „Bundessteuergesetzbuches“ lichtet, steht der Leitgedanke vor: Nur ein einfaches, einsichtiges Steuersystem ist ein gerechtes Steuersystem. Es langt bei solventen Bürgern konsequent und ohne Ausnahme zu und belastet diejenigen nur wenig, die ohnehin zu knapsen haben. Die Steuerprogression verschwindet also nicht völlig: Einkommen bis 10000 Euro bleiben steuerfrei; mit 60 Prozent des Einheitssatzes von 25 Prozent werden weitere 5000 Euro belastet, mit 80 Prozent die nächsten 5000. Erst ab 20000 Euro Jahreseinkommen greift die volle Besteuerung. Das Ehegattensplitting bleibt erhalten und wird auf eingetragene Lebenspartnerschaften ausgedehnt. Bei bisher bestehenden Abschreibungsmöglichkeiten für Großverdiener mit findigem Steuerberater legt der Staatsrechtsprofessor hingegen die Axt an, dass es nur so kracht. Keine Ausnahmen mehr. Jeder, der in Deutschland lebt, arbeitet und folglich die Infrastruktur nutzt, muss auch hier seine Einkünfte versteuern. Da das radikal vereinfachte Steuerrecht auch die Möglichkeiten des Fiskus verbessert, allfällige Steuern tatsächlich einzuziehen, wäre das Flat-Tax-Modell laut Kirchhof für den Staat aufkommensneutral.

Als zweite Einnahmequelle  sieht der Entwurf eine kommunale Zuschlagsteuer vor. Im Gegensatz zur bisherigen Gewerbesteuer, die Betriebe zur Kasse bat, erstreckt sich diese mit Freiberuf­lern auf alle Steuerpflichtigen, und die Kommunen können die Höhe der Steuer selbst bestimmen.

Für die Erbschaft- und Schenkungsteuer soll ein einheitlicher Steuersatz von zehn Prozent gelten bei einem Freibetrag von 50000 Euro. Ehegatten sowie eingetragene Lebenspartner schröpft die Steuer überhaupt nicht und Kinder können 400000 Euro steuerfrei erben.

Die letzte der vier Steuerarten fasst alle Verbrauchssteuern zu einer Umsatzsteuer zusammen, welche nur noch die Verbraucher bezahlen. Der bisherige Vorsteuerabzug der Unternehmen entfällt. Christian Rudolf


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