16.04.2024

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09.07.11 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 27-11 vom 09. Juli 2011

Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Fünfzig Feinde / Wie die Dänen Europa zerstören, warum wir sie gerade deshalb benötigen, und wieso wir unsere Freiheit dringend loswerden wollen

Für Politiker, die dringend von eigenen Fehlern ablenken müssen, für die gibt es eine probate Medizin: Such dir ein hübsches Feindbild, gegen das du ordentlich anstänkern kannst, und schon machst du den Eindruck eines kernigen Kämpfers, der genau weiß, wo’s langgeht.

Bei der Auswahl des Feindbildes ist allerdings Behutsamkeit angeraten. Es ist davon auszugehen, dass der „Feind“ mitkriegt, dass man ihn zur Fratze macht, und zurückschlägt. Der gewiefte Schwächling suche sich daher einen, der garantiert kleiner ist als er und möglichst allein steht.

Hessens Europaminister Jörg-Uwe Hahn hat ein ideales Opfer gefunden, das allen Anforderungen gerecht wird: Dänemark ist klein, hat den Euro verschmäht und steht daher ohnehin ein wenig in der Ecke.

Das war die Gelegenheit für Herrn Hahn, gefahrlos zu pöbeln und sich in Heldenpose zu werfen. „Boykottiert Dänemark!“ fordert der Liberale. Richtig! Wann kam von da oben schon mal was Gutes: Erst die Wikinger, dann das Nein zum Euro und nun hat Kopenhagen auch noch seine Heerscharen in Marsch gesetzt, um die Idee des geeinten Europas in Fetzen zu hauen.

Konkret hat die Regierung des frechen Königreichs fünfzig Zollbeamte an seine Grenzen in Schleswig und am Öresund verlegt, um dort Reisenden in die Koffer zu gucken. Wenn das kein Kriegsgrund ist! Boykott ist das Kriegshandwerk der Pazifisten, ihr äußerstes Mittel, so eine Art passive Attacke. Es wird nur im schlimmsten Fall angewendet, etwa bei groben Verstößen gegen die Menschenrechte. Wenn aber die Menschen- und Gepäckrechte so eklatant mit Zöllnerhänden geschlagen werden, dann können sie nicht passiv bleiben. Daher boykottieren wir jetzt Dänemark.

Und warum boykottiert Herr Hahn nicht auch China? Blöde Frage: Was hat denn das damit zu tun? Erstens haben wir die Menschenrechte gerade erst wieder angesprochen, während der chinesische Gast (Zufall) gerade Schwierigkeiten mit seinem Kopfhörer hatte, zweitens ist China viel zu groß und stark und drittens können wir uns bei den Dänen ziemlich sicher sein, dass die sich nicht rächen werden, hingegen bei den Chinesen ... Kurz und schlecht: Dänemark bot sich an, da musste man zugreifen.

Aber ist es nicht kurzsichtig, so mir nichts dir nichts auf einen guten Nachbarn loszugehen? Gefährdet das nicht erst recht das europäische Projekt?

Pah! Von wegen kurzsichtig: Die Attacke dient – ganz im Gegenteil – sogar der politischen Daseinsvorsorge für Herrn Hahn und seine Freunde von der CSU bis zu den Grünen. Vor aller Augen zerplatzen die Illusionen und falschen Versprechungen einer märchenhaft erfolglosen Politiker-Elite. Es ist nicht mehr ausgeschlossen, dass das europäische Einigungswerk an der Inkompetenz dieser  Leute komplett zugrunde geht. Die Arbeit von Generationen wäre dahin.

Danach würde der ganze Kontinent umgegraben auf der Suche nach den Schuldigen. Herr Hahn und seine Freunde wünschen begreiflicherweise nicht, dass man dabei auf Herrn Hahn und seine Freunde stößt. Also legt sich der kluge Mann schon mal was ins Regal, um später tiefsinnig ausrufen zu können: „Der Zerfall Europas begann an den Grenzposten zwischen Flensburg und Malmö!“ Und nicht etwa an den Schaltstellen der europäischen Mächte, wo die EU per Euro-Hasard ins Desaster geritten wurde.

Glücklicherweise plant Kopenhagen, sein Grenzregime weiter schrittweise zu verschärfen, ab 2014 soll es sogar wieder regelmäßige Kontrollen geben. Das hilft, unser Feindbild frisch zu halten und immer noch etwas nachzuschieben. Wie wichtig das Nachschieben ist, hat auch die französische Journalistin erkannt, der dieser Tage siedend heiß einfiel, dass sich Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn vor mehr als acht Jahren sexuell an ihr vergangen hat. Das heißt, eigentlich wuss­te sie das schon länger, aber die Mutter, eine Parteifreundin des Politikers, habe ihr abgeraten, die Sache juristisch anzugehen. Nachdem die Anklage gegen „DSK“ in den USA nun aber kurz vor dem Zusammenbruch stand, legte sie doch los. Das Gute ist ja, dass der Mann in New York so freigesprochen werden kann wie man nur freigesprochen werden kann – über ihm schwebt weiter dieser klebrige Odem, durch den jeder Anfangsverdacht wie ein untrüglicher Beweis schmeckt. Also hieß es, jetzt loszuschlagen, bevor sich der üble Geruch zu sehr verzogen hat, sprich, solange noch genug Dreck am Erscheinungsbild des DSK klebt.

Das Erscheinungsbild ist entscheidend in der Mediendemokratie. Kein Wunder also, dass die FDP ihrem gewünschten Erscheinungsbild als „Steuersenkungspartei“ nun wenigstens einen Hauch von Begründung verleihen will. Einen Hauch, mehr nicht.

Uns verantwortungsbewusste Menschen versetzt indes schon dieses ferne Lüftchen in quälende Nervosität. Steuern zu senken bedeutet ja, den Menschen ein wenig Entscheidungsfreiheit über ihr Geld zurückzugeben. Dabei ist es doch eine längst gesicherte Erkenntnis, dass die Leute mit ihrem Geld nur Blödsinn anfangen. Daher streben fürsorgliche Politiker jeden Tag danach, mehr vom Geld der Bürger in staatliche Hände zu bekommen, damit es von dort sinnvoll eingesetzt und sozial gerecht verteilt werden kann.

Aber wenn sich die Freidemokraten nun durchsetzen, und die Steuern schon ab 2013 um ein Fitzelchen sinken sollten? Der Chefvolkswirt einer linken Wirtschaftszeitung hat sich für diesen schlimmsten aller Fälle etwas einfallen lassen: Man sollte den Leuten das Geld nicht einfach lassen, sondern ihnen stattdessen einen „Klimascheck“ geben, mit dem sie nur ökologisch sinnvolle Sachen kaufen könnten.

Diese Idee strahlt den Glanz jener Erziehungsdiktatur aus, die in den Köpfen vieler Linker an die Stelle des Paradieses getreten ist. Es ist eine Welt, in der niemand mehr auf sich gestellt bleibt, weil 24 Stunden am Tag eine staatliche Gouvernante darüber wacht, dass er alles nach Vorschrift macht: Dass er nicht raucht, nicht zu viel trinkt, dass er sich ökologisch und gesundheitsbewusst ernährt und keine rechtspopulistischen Meinungen vertritt, dass er als Vermieter und Arbeitgeber nur an jene vermietet und Arbeit vergibt, welche laut Gleichstellungsproporz vorzuziehen sind, dass er sein Familienleben nach einem zeitgemäßen Rollenverständnis ausrichtet und so weiter, und so weiter. In so einer Welt ist es nur konsequent, wenn der Staat gleich noch den Einkaufszettel schreibt, damit unbelehrbare Untertanen, Verzeihung, damit noch nicht hinreichend sensibilisierte Mitgliederinnen und Mitglieder der Zivilgesellschaft keinen Unfug treiben mit „ihrem“ Geld.

Die Untersensibilisierten sind glücklicherweise längst in der Minderheit. Alle Umfragen belegen seit Jahren, dass die Deutschen „Freiheit“ als das erkannt haben, was sie in den Augen der Sensibilisierten schon immer war: eine Mischung aus teuflischer Versuchung und tödlicher Bedrohung, vor der uns eine hohe Mauer aus Gleichheit und Sicherheit schützen soll.

Das war nicht immer so. Es gab Zeiten, da hielten die Bundesbürger verbissen an ihrer „Freiheit“ fest. Dass der Staat seine Bürger zu politisch korrekten Handlungen und Überzeugungen zu erziehen habe, roch damals nach DDR. Jenes Projekt war aber zu düster, staubig, brutal.

Daraus haben die Gouvernanten von heute gelernt. So kommt die nächste Erziehungsdiktatur ganz sanft und freundlich daher, die Handschellen sind gepolstert und bunt. Also sinken voller Wonne in die Eisen wie der gestrauchelte Sohn, der nach seinen „freiheitlichen“ Verirrungen zurückfällt in den tiefen Schoß von Mama. Und der sich fortan emsig darum kümmert, dass sich auch seine Mitgefangenen strikt an die Lebensregeln halten. 24 Stunden am Tag. Sonst gibt’s was auf die Finger.


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