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16.07.11 / Großartig integriert / 65 Jahre LO in Wiesbaden – Neues Zuhause gefunden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-11 vom 16. Juli 2011

Großartig integriert
65 Jahre LO in Wiesbaden – Neues Zuhause gefunden

Vor 65 Jahren, am 23. Mai 1946, gründete sich in Wiesbaden die Landsmannschaft der Ost- und Westpreußen. Damals fanden sich zahlreiche Landsleute zusammen, die einfach aufgrund von Namen und Sprache weitere Ost- und Westpreußen in Wiesbaden aufspürten, die mit ihnen gemeinsam einen Verein gründen wollten. Trotz Koalitionsverbots der Alliierten durfte man sich treffen – zunächst in einer Kirche –, denn es hatte bereits seit 1915 einen „Verein heimattreuer Ost- und Westpreußen“ in Wiesbaden gegeben.

Während am Anfang der Glaube auf eine baldige Rück­kehr in die Heimat den Verein festigte, danach die Eingliederung in die hiesige Bevölkerung und die Lösung der Probleme des Lastenausgleichs im Vordergrund stand, sieht heute die Landsmannschaft ihre Aufgabe darin, das west- und ostpreußische Kulturgut zu erhalten.

Das 65-jährige Bestehen des Vereins wurde mit einer Feierstunde im Wiesbadener „Haus der Heimat“ gewürdigt, die von zahlreichen musikalischen und literarischen Beiträgen umrahmt wurde. Pianistin Natalia Ickert, Bariton Helmut Domes sowie der landsmannschaftliche Frauenchor unter Leitung von Ehrentraud Gerlach sorgten für die stimmungsvolle Musik; Lieselotte Paul für lyrische Beiträge, die mit leisen, wehmütigen Tönen an die Heimat erinnerten. Es durften dabei auch nicht das „Land der dunklen Wälder“ und das „Westpreußenlied“ fehlen – beide Lieder wurden vom gesamten Auditorium mitgesungen.

Helga Kukwa erinnerte mit einem Gedicht von Heinz Adomat an die „verklingende Mundart“ der Ostpreußen, die immer seltener zu hören ist und deren unverkennbare Sprachmelodie in Zukunft wohl immer weniger Menschen geläufig bleiben wird.

Den Festvortrag zur Jubiläumsveranstaltung hielt der Historiker Wolfgang Stribrny aus Bad Sobernheim. Er befasste sich mit „Erbe und Auftrag der preußischen Geschichte in Europa“. Ost- und Westpreußen bildeten in früheren Jahrhunderten preußisches Kernland. Der Anteil der Preußen an der Kultur- und Geistesgeschichte Deutschlands und Europas, so Stribrny, werde heute oft nicht vollständig und ausreichend wahrgenommen. „Preußen erscheint unter Friedrich dem Großen als erster moderner Rechtsstaat auf dem Kontinent“, sagte der Wissenschaftler. Die Tatsachen, die Preußens Bedeutung für die Weltgeschichte der Freiheit ausmachten, seien leider vielen unbekannt.

Er erinnerte beispielsweise daran, dass Preußen als erster großer Flächenstaat die Allgemeine Schulpflicht für Mädchen und Jungen einführte sowie der erste Staat der Welt mit Glaubens- und Religionsfreiheit war. Auch die Einheit von Forschung und Lehre an Universitäten sowie das demokratische Wahlrecht und sozialstaatliche Prinzipien waren sehr früh in Preußen verbreitet. „Mag man Preußen auch von der Landkarte streichen – aus der Erinnerung nie“, so Stribrny in seinen ausführlichen Darlegungen.

Der Vorsitzende der Landsmannschaft, Dieter Schetat, erinnerte an die Geschichte der heimatvertriebenen Ost- und Westpreußen nach dem Krieg in Wiesbaden. „Wir dürfen glücklich und dankbar sein, weil wie hier ein neues Zuhause gefunden haben und wieder von Neuem beginnen konnten – und das in einer geschichtlich vertrauten Region, denn von 1866 bis zum Ersten Weltkrieg war Wiesbaden preußisch“, so Schetat.

Die Landsmannschaft zähle zurzeit 200 Mitglieder (2010 traten sechs neue Mitglieder bei) und biete für diese eine breite Palette an unterhaltenden oder literarischen Veranstaltungen, Film- und Diavorträgen sowie regelmäßige Treffen und heimatliche Stammtische mit Plachandern sowie original ost- und westpreußischen Gaumenfreuden an.

Auch Reisen in die Heimat, in den vergangenen Jahrzehnten auch oft verbunden mit konkreten Hilfsaktionen, stehen immer wieder auf dem Programm.

Anlässlich des 60-jährigen Jubiläums hatte die Landsmannschaft vor fünf Jahren ein Buch mit dem Titel „Den Kummer von der Seele schreiben“ erstellt, in dem einige Mitglieder ihre persönlichen Erlebnisse bei Flucht und Vertreibung offen schildern. Auch an diese Tatsachen zu erinnern, hat sich die Landsmannschaft auf die Fahnen geschrieben.

Alle Redner betonten die Integrationsleistungen der Heimatvertriebenen in der Nachkriegszeit und in späteren Jahren, auf die die Mitglieder der Landsmannschaften heute noch stolz sein könnten.

Dieter Schetat/Christiane Rinser


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