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16.07.11 / Bock zum Gärtner gemacht / Ex-Bischöfin zur »Lutherbotschafterin« der EKD ernannt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 28-11 vom 16. Juli 2011

Bock zum Gärtner gemacht
Ex-Bischöfin zur »Lutherbotschafterin« der EKD ernannt

Im April 2012 wird Margot Käßmann wieder in ein öffentliches kirchliches Amt zurückkehren. Das Leitungsgremium der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bestimmte die ehemalige Ratsvorsitzende und Landesbischöfin, die nach einer Trunkenheitsfahrt vor 16 Monaten zurückgetreten war, zur neuen „Lutherbotschafterin“. Sie soll den bisher schleppend verlaufenden Prozess der Vorbereitungen zum Reformationsjubiläum im Jahr 2017 neuen Schwung verleihen.

Ob sie allerdings die richtige Person für diese Aufgabe ist, darüber säte sie selbst bei einer Pressekonferenz Zweifel. Gefragt, welche inhaltlichen Schwerpunkte sie denn als Lutherbotschafterin setzen wolle, nannte sie „Frieden stiften“ und „Gerechtigkeit in unserem Land“. Diese bereits sattsam aus ihrem Munde bekannten Formeln wirken im Denken Luthers allerdings wie Fremdkörper. Der Reformator kannte keine Scheu, etwa im Bauernkrieg, zu Mord und Totschlag aufzurufen, wenn es denn seiner Sache und der fürstlichen Politik zum Wohle gereichen würde.

Auch bei dem zentralsten Feld lutherischer Theologie, der Rechtfertigung des Sünders allein aus Gottes Gnade, will Käßmann nicht auf Luthers Wegen wandeln. „Wir müssen unser Leben nicht rechtfertigen“, sagte sie. Das aber ist nur die halbe Wahrheit. Ein lutherischer Christ ist zwar, oberflächlich gesehen, frei vom irdischen Leistungsdruck, aber endzeitlich gesehen, muss er sich sehr wohl vor dem Jüngsten Gericht verantworten und rechtfertigen. Das für Luther so zentrale Wort der „täglichen Buße“ oder „Herzensbuße“ nahm die gefallene Bischöfin erst gar nicht in den Mund.

Hat man hier den Bock zum Gärtner gemacht? Schon öfter war Käßmann in früheren Zeiten in theologische Fettnäpfchen reformatorischer Theologie getreten. So konnte sie beispielsweise nicht sachgerecht erklären, um was es eigentlich bei der zu Luthers Zeiten so heftig dis­kutierten Ablassfrage in der katholischen Kirche eigentlich ging.

Die Benennung Käßmanns, hieß es aus informierten Kreisen der EKD, sei eine Art Verzweiflungsschritt. Das EKD-Kirchenamt in Hannover und der bisherige Jubiläumsbeauftragte in Wittenberg, Prälat Stephan Dorgerloh (SPD), versuchen bereits seit fünf Jahren der „Luther-Dekade“ Leben einzuhauchen. Die Erfolglosigkeit der bisherigen Mission bestätigte der neue EKD-Vorsitzende und Käßmanns Nachfolger, Nikolaus Schneider, ungewollt auf besagter Pressekonferenz: Die Lutherbotschafterin solle „nachvollziehbar machen, warum es sich lohnt, sich auf den Weg zum Reformationsjubiläum zu machen“.

Insider aus dem Kirchenamt behaupten, ihre Ernennung hänge auch damit zusammen, dass sie nach ihrer Rückkehr in eine offizielle Aufgabe weniger schädliche Schlagzeilen zu politischen Fragen produziere. Mit Kopfschütteln war jüngst registriert worden, dass sie sich kürzlich einmal gegen und dann für die Luftschläge gegen Libyen ausgesprochen hatte. Die neue Aufgabe solle sie nun auf „neue Ideen“ bringen.

Für die Aufgabe als Jubiläumsbeauftragte wird Käßmann in Berlin ein Büro mit Mitarbeitern und einem Reiseetat erhalten. Dafür verzichtet sie auf die Hälfte ihres Bischofsgehaltes, wie sie am Freitag ankündigte. Ihren Mund wolle sie sich allerdings nicht verbieten lassen. Nicht jede Predigt werde sie im Voraus im EKD-Kirchenamt abliefern. In der evangelischen Kirche gebe es schließlich „keine Schweigepflicht“. Hinrich E. Bues


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