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23.07.11 / Angriff auf die Woiwodschaftshauptstadt Allenstein / PiS-Politiker aus Elbing fordern, den Amtssitz des Marschalls

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-11 vom 23. Juli 2011

Angriff auf die Woiwodschaftshauptstadt Allenstein
PiS-Politiker aus Elbing fordern, den Amtssitz des Marschalls von Ermland-Masuren in ihre Stadt zu verlegen

Nach der Verwaltungsreform im Jahr 1999 wurden in Polen an Stelle von 49 kleinen 16 große Woiwodschaften ins Leben gerufen. In jedem dieser staatlichen Bezirke beließ man die alten Woiwodschaftsämter und gründete neue Behörden: die Marschallämter und die sogenannten Sejmiks. Die Marschallämter entsprechen in ihrem Aufgabenbereich ungefähr den jeweiligen Landesregierungen in der Bundesrepublik und die Sejmiks stellen eine Art Landtag dar. Entsprechend dem Usus, dass die wichtigsten Verwaltungsorgane in der größten Stadt ihren Sitz haben, wurden in Ermland-Masuren die meisten Kommunalbehörden in Allenstein eingerichtet. Analog ist man auch in den meisten anderen Woiwodschaften vorgegangen. Allerdings gibt es zwei Ausnahmen, die Woiwodschaft Lebuser Land im Westen und die Woiwodschaft Kujawien-Pommern in Mittelpolen. Dort gibt es seit jeher zwei heftig rivalisierende Großstädte, die um die Vormacht in ihrem Umland kämpfen. Deswegen wurde bei der letzten Verwaltungsreform beschlossen, die Hauptstadtfunktion auf diese stets wetteifernden Städte aufzuteilen. Seitdem fungiert der Sejmik des Lebuser Landes in Grünberg, während der Marschall und der Woiwode in Landsberg an der Warthe amtieren. Der Sitz des Woi­woden von Kujawien-Pommern ist Bromberg, Thorn dagegen beherbergt den Sejmik.

Durch die Verkleinerung der Anzahl der Woiwodschaften verkleinerte sich auch die Zahl der Woiwodschaftshauptstädte. Doch nicht alle ehemaligen Woiwodschaftshauptstädte haben sich mit dem Verlust des Landeshauptstadtstatus abgefunden. Immer wieder hört man von ihrem Unmut wegen mangelnder wirtschaftlicher oder kultureller Entwicklung. Als prägnantestes Beispiel dafür gilt der berühmte Wallfahrtsort Tschenstochau, der jetzt in der Woiwodschaft Schlesien liegt. Die örtlichen Politiker der knapp 300000 Einwohner zählenden Metropole vertreten die Meinung, ihre Stadt und deren Einzugsgebiet würden gegenüber Kattowitz benachteiligt.

Ähnliche Kritik wird aus Elbing laut, der zweitgrößten Stadt der Woiwodschaft Ermland-Masuren. Manche Einwohner können es bis jetzt nicht verschmerzen, dass sie seit nunmehr über zwölf Jahren keine eigene Woiwodschaft mehr bilden, und fühlen sich zwangsweise an Allenstein angeschlossen. Daraus sollen auch das geringe Wirtschaftswachstum und eine allgemeine Hoffnungslosigkeit besonders unter der jüngeren Generation resultieren. Deswegen verlangten nun die dortigen Kommunalpolitiker der zurzeit oppositionellen Rechtspartei PiS, den Marschallamtssitz von Allenstein nach Elbing zu verlegen. Dadurch würden in der von Arbeitslosigkeit geplagten Stadt neue Arbetis­plätze entstehen. Zudem würde diese Maßnahme das Selbstbewusstsein der Elbinger stärken. 

Diese völlig unerwartete Forderung wurde in Allenstein von den meisten Kommunalpolitikern als inakzeptabel abgelehnt. Gegen dieses Vorhaben sprach sich sogar die Allensteiner Sejm-Abgeordnete der PiS, also eine Parteigenossin der Elbinger Politiker, aus. Ablehnend äußerte sich auch der frühere sozialdemokratische Woi­wodschaftsmarschall Andrzej Rynski, der bei der für den 9. Ok­tober vorgesehenen Sejm-Wahl kandidieren will. Er unterstrich in einem Interview für den Lokalsender, neue Arbeitsplätze ließen sich keinesfalls nur durch eine dorthin verlegte neue Einrichtung schaffen. Darüber hinaus profitiere Elbing von den gerecht und relativ gleichmäßig allen Kommunen und Gemeinden zugewiesenen EU-Fonds-Mitteln. Als Beispiel für diese Förderung nannte er die Modernisierung des Binnenhafens am Frischen Haff, den Ausbau des örtlichen Straßenbahnnetzes und die bevorstehende Sanierung des Oberländischen Kanals, eines weltweit einmaligen Wasserweges mit geneigten Ebenen, der Elbing mit Osterode verbindet. Den undurchdachten Vorschlag interpretierte er als Teil der herannahenden Wahlkampagne und lehnte auch die Idee einer Sezession Elbings und dessen Anschluss an die Woiwodschaft Pommern mit Entschiedenheit ab.

Es ist also höchst wahrscheinlich, dass das Marschallamt, das in einem pietätvoll restaurierten Gebäude der ehemaligen Regierung Südostpreußens untergebracht ist, auch weiterhin dort bleiben wird.  Grzegorz Supady


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