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23.07.11 / Für immer auf See / Sportsmann, Minenräumer, Tischlermeister: engagiert auf höchstem Niveau

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 29-11 vom 23. Juli 2011

Für immer auf See
Sportsmann, Minenräumer, Tischlermeister: engagiert auf höchstem Niveau

Am 3. Juli verabschiedeten sich die Familie, Freunde und Berufskollegen im Rahmen einer Seebestattung von Harald Tanck. Der langjährige 1. Vorsitzende der „Vereinigung ehemaliger Angehöriger der Friedrichsschule und Cecilienschule Gumbinnen e.V.“ war in seiner Wohnung in Flensburg nach einem Schlaganfall ins Koma gefallen und vier Tage später am 28. Mai verstorben.

Harald Tanck wurde am 19. Oktober 1925 in Gumbinnen geboren. Seine Eltern Hans und Eva Tanck betrieben in der Königstraße 4 ein Handelsgeschäft für Haushalts- und Eisenwaren sowie Baumaterialien und  führten auch einen Automobilhandel mit angeschlossener Tankstelle. 1932 kam er in die nachmalige Adolf-Hitler-Schule in der Meelbeckstraße, eine der beiden Gumbinner Volksschulen. Sein Klassenlehrer wurde Alfred Dziobaka. Nach vier Jahren wechselte er 1936 in die Staatliche Friedrichsschule, Gymnasium und Oberschule für Jungen, die damals von Oberstudiendirektor Dr. Arthur Czwalina geleitet wurde.

Sehr früh schon wurde sein Interesse am Wassersport und für die Seefahrt geweckt, als er mit zehn Jahren während der Sommerferien von Königsberg aus an einem Segeltörn auf der Ostsee mit teilnehmen konnte. Ab da stand für Harald Tanck fest, dass er später einmal zur Marine gehen würde.

Als während des Krieges alle wehrfähigen Männer eingezogen wurden, rückten, wo es ging, Jugendliche in die unbesetzten Positionen ein. Harald hatte als sportlicher Typ unter anderem auch intensiv den Wassersport betrieben und nahm im Sommer, besonders während der Sommerferien, die Position des Bademeisters im neu gebauten Gumbinner Schwimmbad ein. In der neugegründeten „Eissportgemeinschaft Gumbinnen“, der am 30. Dezember 1941 spontan 72 überwiegend Jugendliche beitraten, wurde der 16-jährige Harald Tanck mit dem Amt des Schriftführers betraut und war obendrein für den Kontakt mit der Presse zuständig.

Alsbald begann eine erfolgreiche Arbeit in dem jungen Sportverein, besonders in der Sparte des Eishockeys, wo rasch zwei Jugendmannschaften gebildet wurden, die sehr bald auf höchstem Niveau in Deutschland mitspielen konnten. Höhepunkt für Harald war seine Berufung in die Jugendnationalmannschaft.

Mit dem „Reifevermerk“ in der Tasche meldete er sich 1943 zur Kriegsmarine und erhielt in der 1907 gegründeten Marineschule Mürwik in Flensburg seine Ausbildung. Bis zum Ende des Krieges fuhr Harald Tanck auf verschiedenen kleineren Einheiten der Kriegsmarine Vorpostenboote und Mienensucher, überwiegend in der Ostsee. Gegen Ende des Krieges war er im Range eines Oberfähnrichs mit seinem Schiff bemüht, möglichst viele Landsleute vor der Roten Armee in den Westen des Reiches in Sicherheit zu bringen. Nach Kriegs­ende räumte sein Schiff im Auftrag der Engländer mehrere Monate Mienen auf der Ostsee, so dass er in dieser für die meisten Deutschen sehr schwierigen Zeit gut über die Runden kam.

Dann aber stellte sich die Frage: was nun? In Kiel besaß ein Onkel eine Tischlerei, für die er keinen Nachfolger hatte. Also erlernte Harald Tanck das Tischlerhandwerk und ging als Geselle zeitweise zünftig auf Wanderschaft, die ihn bis nach Österreich führte, um sich in seinem Metier weiter fortzubilden. Dann machte er noch eine Fortbildung zum Innenarchitekten und übernahm schließlich den Betrieb seines Onkels. Er erwarb sich im Laufe der Jahre in seinem Beruf ein großes Ansehen, so dass man ihn zum Obermeister der Tischlerinnung wählte.

Als innerhalb der Kreisgemeinschaft Gumbinnen, insbesondere in der Schülervereinigung der beiden Gumbinner Oberschulen im Jahre 1997 die Frage einer möglichen Restaurierung des berühmten Aulabildes in der Friedrichsschule diskutiert wurde, bat der damalige Vorsitzende der Vereinigung, Martin Boss, Harald Tanck um Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung. Tanck, der 1990 seinen Betrieb verkauft hatte, sagte auch sofort zu. Die Jahresversammlung wählte ihn im darauffolgenden Jahr zu ihrem stellvertretenden Vorsitzenden und nach dem Tode von Martin Boss wurde Tanck im Jahre 2000 dann selbst der 1. Vorsitzende.

Mit großem Einsatz leitete er hinfort die Geschicke der Vereinigung. Gleichzeitig übernahm er die Schriftleitung der „Mitteilungen“ der Vereinigung, die er inhaltlich und formal nahezu im Alleingang über die Jahre hin gestaltete. Darüber hinaus organisierte er regelmäßig Reisen nach Gumbinnen und pflegte Kontakte zu Leitung und Verwaltung der Stadt.

Bei allen Heimattreffen baute er einen umfangreichen Informationsstand auf. An großflächige, selbst gebaute Pinnwände hängte er Fotos, Texte und Erinnerungsstücke aller Art. Auf davor stehenden Tischen lagen Bücher zu Ostpreußen und Gumbinnen aus. Besonders hervorzuheben sind seine Erinnerungsbücher über ehemalige Schüler, die im Kriege gefallen waren. Jedem von ihnen war eine Seite mit einem Bild und einer kurzen Lebensbeschreibung gewidmet.

Da sich die Anzahl der aktiven Mitglieder der Vereinigung in den letzten Jahren immer stärker verringerte, beschloss die Vereinigung mit Ende des Jahres 2010 ihre Auflösung. Die Gumbinner und besonders die ehemaligen Angehörigen der Friedrichsschule und Cecilienschule sind Harald Tanck zu großem Dank verpflichtet und werden sein Andenken in Ehren halten.

Um 10.30 Uhr legte die „Feodora“ mit der Urne und den Trauergästen im Hafen von Maasholm an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste ab und nahm Kurs auf das weit vor der Küste gelegene und durch eine Boje gekennzeichnete Urnengräberfeld. Etliche der Trauergäste nahmen die Gelegenheit wahr, in bewegenden und würdigenden Worten des Verstorbenen zu gedenken. Nach einer Stunde war das Zielgebiet erreicht. Der Kapitän der „Feodora“ ergriff die blumengeschmückte Urne mit der Asche des Verschiedenen und ging hinaus auf das Achterdeck, wohin ihn die Trauernden begleiteten. Dort hielt der Kapitän eine anrührende Trauerrede und ließ dann die Urne feierlich in das Wasser der See gleiten. Zwei Enkeltöchter des Verstorbenen streuten Blütenblätter auf das Wasser und während die „Feodora“ langsam und mit gedrosseltem Motor den Rückweg einschlug, waren die Blicke der Trauergesellschaft dorthin gerichtet, wo ein von einem breiten Blütenfeld begleiteter Blumenkranz die Stelle anzeigte, an der die Urne im Wasser versank. Harald Tanck hinterlässt seine Frau, drei Töchter und Schwiegersöhne sowie acht Enkelkinder.          Dieter Dziobaka


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