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30.07.11 / Durchsichtige Kampagne / Nach Oslo: Opposition wittert Steilvorlage für »Kampf gegen rechts« – Neue Debatte um Datenspeicherung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-11 vom 30. Juli 2011

Durchsichtige Kampagne
Nach Oslo: Opposition wittert Steilvorlage für »Kampf gegen rechts« – Neue Debatte um Datenspeicherung

Die Opfer in Oslo und auf der Insel Utøya waren noch nicht einmal alle gefunden und geborgen, da gingen in Deutschland die Schuldzuweisungen los: Das Verbrechen von Norwegen wird zu parteipolitischen und ideologischen Zwecken ausgeschlachtet. Politiker von SPD und Grünen rufen zu einer Offensive gegen Rechtsextremismus auf. Zu günstig ist die Gelegenheit, die Empörung über das Morden auf die Kreise zu lenken, denen man eine „strukturelle Nähe“ („Taz“) zum Attentäter unterstellt.

Zunächst ist die Endlos-Debatte um Vorratsdatenspeicherung und Internetüberwachung wieder da. Ein Lieblingsprojekt des Unionslagers, von Liberalen und Linken erbittert befehdet, seit Monaten ein Zankapfel der Regierungskoalition. Ein schludriges Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung wurde erst im März letzten Jahres vom Bundesverfassungsgericht kassiert – nicht verfassungsgemäß in der konkreten Ausgestaltung.

Am Montag war der innenpolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, mit seinem Thema zur Stelle – sehr zur Freude seiner Antipodin in der Koalition, der Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Diese will Telekommunikationsdaten nur bei einem konkreten Anfangsverdacht speichern lassen, ihre Partei setzt auf das Einfrieren von Telefon- und Internetdaten in bestimmbaren Verdachtsfällen (sogenanntes Quick-Freeze-Verfahren). Mehrheitsmeinung in der Union dagegen ist es, im Kampf gegen Terrorbedrohungen die Telekommunikationsdaten aller ohne Anlass zu erfassen und nicht auf politisch-weltanschauliche Verdachtsgruppen zu fokussieren.

Der Vorstoß war schlecht vorbereitet, die Argumentation brüchig. Der CSU-Politiker sagte, die Massaker von Norwegen seien, ebenso wie die von einem Islamisten im März am Flughafen Frankfurt verübten Morde an zwei US-Soldaten, Beleg für die Notwendigkeit weiterer Befugnisse für die Sicherheitsbehörden. „Solche Taten mögen von radikalen Einzelnen begangen werden, geplant werden sie im Internet.“ Anschläge von Einzeltätern könnten „nur mit einer verstärkten nachrichtendienstlichen Aufklärung, gerade auch im Internet, verhindert werden“. Um im Internet stärker als bisher auf Streife zu gehen, sei die Speicherung der Daten auf Vorrat notwendig.

Parteifreund Joachim Herrmann wies in seinem Widerspruch sogleich auf die Schwäche der Begründung hin. „Vorratsdatenspeicherung nützt dann etwas, wenn ein Netzwerk von verschiedenen Tätern im Vorfeld kommuniziert, wenn es E-Mails schickt, wenn es miteinander telefoniert“, stellte der bayerische Innenminister klar, der an sich für die Speicherung eintritt.

Wenn aber ein Einzeltäter auf den Plan träte, wie nun allem Anschein nach in Norwegen, „dann kommen wir natürlich gerade mit der Beobachtung der Kommunikation nicht weiter“.

Forderungen nach einer noch so diffizil abgewogenen und gesetzlich umschränkten Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung erteilten Politiker von Grünen und SPD eine klare Absage – freilich aus durchsichtigen Motiven.

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles forderte nach dem Massaker, mehr Polizeibeamte einzustellen, welche „die rechtsradikale Szene im Internet beobachten können“. Sie forderte die Innenminister der Länder abermals auf, die Voraussetzungen für ein Verbot der NPD zu schaffen.

Grünen-Parteichefin Claudia Roth haute in die gleiche Kerbe: Im Lichte der Attentate sollte „die Bundesregierung ihr Engagement gegen Rechtsradikale verstärken und nicht alten Überwachungsfantasien hinterherlaufen“. Die gleichmäßige Überwachung durch politisch neutrale Sicherheitsbehörden würde Extremisten von rechts und von links wie auch aus dem Islamismus aufspüren helfen. Für Linke unerträglich, schließlich kommt in deren Diktion das Böse immer von rechts.

Noch nicht lange zurück liegt der Aufschrei der politischen Linken gegen Bundesministerin Kristina Schröder, die im Kampf gegen Extremismus endlich Äquivalenz durchsetzen wollte. Schröder, in deren Ressort auch die Jugend fällt, verlangte im Dezember von allen Initiativen, die staatliche Gelder für den „Kampf gegen rechts“ beantragen, dabei selber jedoch häufig hart am linken Rand des Verfassungsbogens segeln, ihre Treue zum Grundgesetz zu erklären und ihre Projektpartner zu überprüfen – nach dem Richtmaß der Berichte des Verfassungsschutzes. Ein Sturm der Entrüstung brach über die junge CDU-Ministerin herein. Die linke „Taz“ empörte sich: „Ideologisch verbohrt und weltfremd“ sei die Ministerin, ihr Anti-Extremismus-Kurs „eine Katastrophe.“

Bereits einen Tag nach der Mord­orgie von Utøya gab der Rechtsextremismus-Forscher der Freien Universität Berlin (FU), Hajo Funke, die Stoßrichtung für den ideologischen Kampf vor: „Jede Form von Rechtspopulismus senkt die Hemmschwelle für solche vermutlichen Einzeltäter“, raunte er in der „Welt“.

Der SPD-Innenexperte Sebastian Edathy forderte von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ein stärkeres Vorgehen „gegen extremistische Islamkritik im Internet“. Diese sei letztlich der „Wegbereiter von Terrorakten und Stichwortgeber für Leute, die bereit sind, Gewalt anzuwenden“. Diese Propaganda senke die Hemmschwelle. Der Innenminister tue hier zu wenig.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, die „rechte Szene“ stehe ohnehin unter intensiver Beobachtung. Eine Datei für besonders auffällige Personen – wie von der Gewerkschaft der Polizei gefordert – sei nicht notwendig, zumal alle auffälligen Gruppen sowieso beobachtet würden. Das Internet lückenlos zu überwachen sei angesichts des ungeheuren Datenvolumens nicht zu leisten.

Friedrich selbst sieht nach den Ereignissen in Norwegen für Deutschland keine direkte Gefahr durch Terroranschläge von rechts. „Hinweise auf rechtsterroristische Aktivitäten liegen derzeit nicht vor“, bekräftigte der Innenminister. Jedoch zeigten die Taten erneut, welche Gefahren von fanatisierten Einzeltätern ausgehen könnten – „und zwar unabhängig von ihrer Motivlage“. Christian Rudolf


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