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30.07.11 / Angriff auf deutsches Asylrecht / EU plant einheitliche Regeln, Mindeststandards und »gerechtere Lastenverteilung«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-11 vom 30. Juli 2011

Angriff auf deutsches Asylrecht
EU plant einheitliche Regeln, Mindeststandards und »gerechtere Lastenverteilung«

Bis zum Jahr 2012 will die Europäische Union ein vereinheitlichtes Asylrecht in den Mitgliedstaaten durchsetzten. Durch eine Neuregelung könnten der im Jahr 1993 in Deutschland vereinbarte Asylkompromiss zur Makulatur werden und die Zahl der ins Land strömenden Asylbewerber wieder auf Zahlen wie zu Beginn der 90er-Jahre ansteigen.

Weitgehend unspektakulär ist das informelle EU-Innenministertreffen im Seebad Zoppot am 18. Juli verlaufen. Die behandelten Themen könnten langfristig allerdings noch einige Brisanz im Hinblick auf die Frage entfalten, inwieweit den EU-Mitgliedsländern überhaupt noch Reste hoheitlicher Handlungsfreiheit verbleiben.

Dänemark sah sich massivem Druck von der schwedischen EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström wegen der Einführung von stichprobenartigen Zollkontrollen an seinen Grenzen ausgesetzt. Von der EU-Kommission wird keine „ausreichende Rechtfertigung“ für derartige Kontrollen gesehen. Kopenhagen soll nun beweisen, „dass die Schwere der Lage die Wiedereinführung der Kontrollen rechtfertigt“.

Dänemarks Steuerminister Peter Christensen, zuständig für den dänischen Zoll, der die Kontrolle an den Grenzen zu Deutschland und Schweden vornimmt, ist inzwischen in die Offensive gegangen: Die EU-Kommission solle die Ernsthaftigkeit ihrer Kritik an den dänischen Maßnahmen mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof unter Beweis stellen, so seine Forderung.

Abgeordnete des EU-Parlaments gehen bei der Interpretation des Schengen-Abkommens, das die Abschaffung von Grenzkontrollen regelt, sogar noch weiter als die Kommission. Entscheidungen über Grenzkontrollen in Gefahrensituationen sollen künftig nur noch unter Einbeziehung von EU-Institutionen getroffen werden dürfen, so die Forderung.

Letztendlich würde damit den nationalen Regierungen die Entscheidungsmöglichkeit genommen, zur Gefahrenabwehr zeitweilig wieder auf Grenzkontrollen zurückgreifen zu können. Eine entsprechende Möglichkeit sieht die Schengen-Vereinbarung durchaus vor. In 33 Fällen wurde bisher auch davon Gebrauch gemacht.

Fast noch folgenreicher dürfte die Forderung der EU-Kommission nach einer gemeinsamen europäischen Asylpolitik sein, die ebenfalls Thema des Treffens in Zoppot war. Auf die Agenda gesetzt wurde das Vorhaben bereits im Jahr 2009 mit dem sogenannten Stockholmer Programm zur Innen- und Sicherheitspolitik. Die entsprechenden Bemühungen zur Vereinheitlichung der Asylpolitik bis 2012 sollen nun verstärkt werden. Die zunächst sinnvoll klingende Forderung nach Einführung von europaweit geltenden Mindeststandards in Asylverfahren hat das Potenzial, das bisher geltende deutsche Asylrecht komplett auszuhebeln. Die Pläne der EU-Kommission könnten zum Beispiel das bisher angewandte beschleunigte Asylverfahren an Flughäfen rechtlich erschweren oder sogar völlig kippen. Bei diesem Verfahren wird bereits im Transitbereich der Flughäfen eine Befragung der Asylsuchenden durch Beamte vorgenommen. Können politische Verfolgungsgründe nicht glaubhaft gemacht werden, kann von vornherein die Einreise abgelehnt werden. Auch das Prinzip, wonach derjenige EU-Staat für das Asyl-Verfahren zuständig ist, in den der Asylbewerber zuerst einreist, droht mit Hinweis auf eine „gerechtere Lastenverteilung“ zur Disposition gestellt zu werden. Malmströms Pläne zur Asylpolitik sehen weiterhin eine „angemessene materielle Unterstützung” vor. Ihr Ziel ist, dass Asylbewerber Sozialhilfe in gleicher Höhe erhalten wie sie Inländern gewährt wird, und dass ein Zugang zum Arbeitsmarkt bereits nach sechs Monaten ermöglicht wird.

Vorangetrieben werden die Pläne zur EU-Asylpolitik, obwohl Länder wie Deutschland und Großbritannien in der Vergangenheit bereits ihre Skepsis zu erkennen gegeben haben. Von der Bundesregierung werden die Pläne als zu weitgehend abgelehnt. Günter Krings (CDU), Vizevorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, machte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ deutlich, welche Folgen die Vorschläge haben können: „Wenn die EU-Pläne umgesetzt werden, könnte in Deutschland eine Situation wie in den 1990er-Jahren mit bis zu 400000 Asylbewerbern in einem Jahr entstehen.“

Doch damit nicht genug. Ein von Malmström unlängst vorgelegtes Strategiepapier mit dem Titel „Europäische Agenda für Integration” will der Kommission zukünftig auch das Recht einräumen, die Integration von Ausländern in den Mitgliedsländern stärker zu überwachen. Mit dem Hinweis, dass „bis jetzt die Integration von Einwanderern in Europa nicht sehr erfolgreich war“, will die EU-Kommission die Jobsituation, die Bildungschancen von Ausländern und ihre „soziale und die politische Teilhabe“ in den jeweiligen Ländern beobachten können. Weitergehende Eingriffsmöglichkeiten hat die EU-Kommission auf dem Gebiet der Integrationspolitik bisher noch nicht. Dass die entsprechende Forderung nach einer weiteren Kompetenzverlagerung nach Brüssel erhoben wird, dürfte allerdings nur eine Frage der Zeit sein.       Norman Hanert


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