© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-11 vom 30. Juli 2011

Ausschlachtung
von Jan Heitmann

Zwei Dinge gab es, auf die man sich stets verlassen konnte: Dass am 24. Dezember Heiligabend ist und auf das Schweizer Bankgeheimnis. Mit Letzterem hat es jetzt ein Ende. Das Schweizer Bundesgericht hat entschieden, dass Schweizer Banken die Kontodaten ausländischer Kunden an die Finanzbehörden von deren Heimatländern herausgeben müssen. Unter Juristen ist das Urteil höchst umstritten und es drängt sich der Verdacht auf, dass hier nicht nach rechtlichen, sondern nach staatspolitischen Gesichtspunkten geurteilt wurde. Das Vertrauen der internationalen Finanz­welt in die Schweizer Bankenbranche ist schwer erschüttert. Das Urteil könnte nun die Begehrlichkeiten anderer Länder wecken, die schon immer gern wissen wollten, welche Vermögenswerte ihre Bürger wohl in die Schweiz transferiert haben mögen. Es ist zu befürchten, dass sich auch die Bundesregierung diese Chance nicht entgehen lassen wird. Hat sie doch bereits – ungeachtet massiver rechtlicher Bedenken – freudig Millionen hingeblättert, um an Datenträger mit rechtswidrig beschafften Bankdaten zu gelangen. Derzeit bereitet sie ein Gesetz zum Aufbau eines Überwachungssystems zur Finanzkontrolle vor, mit dem die Transaktionsfreiheit der Bürger dramatisch eingeschränkt werden wird. Wer könnte da noch Zweifel haben, dass sie nun auch in ihren Verhandlungen mit der Schweiz dieser die Daumenschrauben anlegen wird? Das Schweizer Bundesgericht hat ihr dazu den Weg geebnet. Wenn es darum geht, ans Geld der Bürger zu kommen, scheinen die Regierungen keine Hemmungen mehr zu kennen. Der Rechtsstaat wird damit zur Ausschlachtung freigegeben.