26.04.2024

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30.07.11 / Für immer fort / Verständnis für die

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 30-11 vom 30. Juli 2011

Für immer fort
Verständnis für die von »drüben«

Familie Fisch hat sich Anfang der 60er-Jahre in der DDR bescheiden eingerichtet. Rainer Fisch ist Hausmeister, das achte Kind ist unterwegs. Das Geld ist knapp, die Verhältnisse beengt, die Versorgung schlecht. Die Fischs wären dennoch eine recht zufriedene Familie – wenn man sie nur in Frieden leben ließe. Aber friedlich ist die Stimmung im Sommer 1961 in der DDR schon lange nicht mehr. Es herrschen Misstrauen, Bedrückung und Angst. Rainers bester Freund Otto hat Geheimnisse, fühlt sich als Staatsverräter – wegen seiner gefährlichen Leidenschaft für Westernromane. Sogar die Schulkinder werden von ihren Lehrern bespitzelt und auch das harmlose Sandmännchen – West – mutiert zum Volksfeind.

Allmählich reicht es Erika Fisch. Als auch noch die ungeliebte Schwiegermutter beschließt, in die ohnedies schon überfüllte Wohnung der Familie zu ziehen, ist Erikas Geduld ein für alle Mal zu Ende.

Die Sommerferien stehen vor der Tür und Erika will nur noch raus! Einmal Ferien machen. Und wenn schon Ferien, warum nicht im Westen? Und wenn schon im Westen, warum nicht für immer? Tausende von DDR-Bürgern flüchten jeden Tag. Erika stellt Rainer vor vollendete Tatsachen und plant einen ganz besonderen Familienurlaub. Doch wie bringt man eine neunköpfige Familie unauffällig außer Landes? Geheimhaltung ist das oberste Gebot, allein schon in Hinblick auf Großmutter Lisa Fisch.

Michael Wäser erzählt die Geschichte der Familie Fisch in unaufgeregter schlichter Sprache und verzichtet auf reißerische Elemente. Hier werden keine Tunnel gegraben oder waghalsige Ballonfahrten geplant. Die Hauptpersonen sind keine Superhelden. Gerade deshalb wirkt die Erzählung so glaubhaft, so könnte es wirklich gewesen sein, solche Menschen kennt doch jeder. Im Strudel der Ereignisse um den Mauerbau – von dem die Fischs jedoch noch nichts ahnen – zeigt sich einmal mehr, wie sehr das politische Geschehen unmittelbaren Einfluss auf das Leben gerade jener hat, die sich eigentlich für Politik nicht besonders interessieren. Vor dem Hintergrund des deutsch-deutschen Geschehens werden die Schicksale der kleinen Leute nachvollziehbar. Dieses Buch weckt Verständnis, besonders auch für „die von drüben“. Und was hat eigentlich das Huhn auf dem Einband mit der Geschichte zu tun? Lassen Sie sich überraschen. Der komödiantischen und liebevollen Erzählung fehlt es jedenfalls nicht an Spannung. Man mag das Buch bis zur letzten Zeile nicht aus der Hand legen.           Barbara Kruse

Michael Wäser, „Familie Fisch macht Urlaub oder Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“, Buchbäcker Verlag, München 2011, 228 S., brosch., 13,90 Euro


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