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06.08.11 / Politik soll Brandstifter ächten / In Berlin brennen nach Autos auch Kinderwagen und Hauseingänge – Hälfte politisch motiviert

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-11 vom 06. August 2011

Politik soll Brandstifter ächten
In Berlin brennen nach Autos auch Kinderwagen und Hauseingänge – Hälfte politisch motiviert

Serienbrandstifter suchen Berlin heim. Die Polizei kämpft derweil gleich an mehreren Fronten: gegen verschiedenste Arten von Brandstiftern, achtlose Bürger und mangelnde Ächtung der Täter durch Berlins Politik.

In der Nacht zum Donnerstag vergangener Woche brannte ein Auto auf Privatgrund. Beinahe griff das Feuer auf das angrenzende Wohnhaus einer Familie über. In direkter Nachbarschaft stand nur zehn Minuten später ein weiteres Auto in Flammen, Indiz für die Handschrift eines Serientäters.

Neben Autos gehören brennende Kinderwagen inzwischen zum nächtlichen Bild der Hauptstadt. In der Nacht zum folgenden Tag gingen im Wedding zwei Kinderwagen in Flammen auf. Beide standen im Hausflur. Die Brände lagen in benachbarten Straßen und folgten so kurz aufeinander, dass erneut eigentlich nur ein Serientäter infrage kommt. In Schöneberg brannten fünf Fahrzeuge und beinahe auch eine nahe Zapfsäule.

Die zunächst von Linksextremisten ausgehenden Brandanschläge haben unpolitische Nachahmungstäter gefunden. Neuerdings kommen Serientäter hinzu, die offenbar durch kaum etwas abgeschreckt werden. Dem Versuch, die linke Szene durch Hinweis auf die „Unpolitischen“ vom Vorwurf der Brandstifterei reinzuwaschen, steht jedoch die Einschätzung der Polizei entgegen: „Die Hälfte der Brandstifter ist politisch motiviert, das sind Wirrköpfe, die selbst nichts erreicht haben und nur ihren Neid austoben“, sagt Helmut Sawas, stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Landesverband Berlin.

Im Juni hatte eine Reihe von Freisprüchen vor Berliner Gerichten mehrere unter dringendem Tatverdacht stehende mutmaßliche Autobrandstifter trotz intensiver polizeilicher Ermittlungen von allen offiziellen Vorwürfen befreit. Inzwischen hat sich die Lage weiter verschärft. Besonders häufig brennt es im Szeneviertel Prenzlauer Berg, auch in Friedrichshain. Verantwortliche wurden dort bisher kaum gefasst. „Das Anzeigeverhalten der Bürger ist dort nicht anders“, so Sawas. Doch in den Kiezen, „wo die Linken wohnen, müssen die Leute aufgeklärt werden, dass stets offene Haustüren und Kinderwagen, die aus Bequemlichkeit im Treppenhaus stehen gelassen werden, geradezu eine Einladung für Brandstifter sind“.

Die Aufklärung der Brandanschläge ist schwer: So viele offene Häuser mit brennbarem Material gibt es, so leicht ist ein Auto in Flammen gesetzt. Zwei in Pankow jüngst verhaftete Jugendliche sind nach bisherigen Ermittlungen nicht für Brände im direkt südlich angrenzenden Prenzlauer Berg verantwortlich, so ein Polizeisprecher. Sie sind inzwischen wieder auf freiem Fuß. Ein in Berlin-Marzahn am vorvergangenen Sonnabend (23. Juli) gefass­ter 32-Jähriger hat dagegen gestanden. Der Mann räumt neun verübte Brandstiftungen innerhalb von 36 Stunden ein. Die Polizei hatte ihn beobachtet und tatnah verhaftet. Im Rucksack des Serienbrandstifters fanden die Beamten umfangreiches Beweismaterial, das den Wohnungslosen überführte.

Er hatte früher im Stadtteil gewohnt. Bei der Vernehmung sagte der gebürtige Erfurter den Ermittlern, dass er seit dem frühen Freitagmorgen bis zu seiner Verhaftung am Sonnabendnachmittag praktisch ohne Pause im Marzahner Kiez unterwegs gewesen sei. Er legte dabei die neun Brände, die alle rechtzeitig gelöscht werden konnten. Prüfungen der Ermittler, ob der 32-Jährige vor den eingeräumten Taten weitere Feuer gelegt hatte, sind inzwischen abgeschlossen. Demnach ergaben sich keine Hinweise auf weitere Taten.

Politische Motive schließen die Ermittler in diesem Fall aus. Die Staatsanwaltschaft will das Ende ihrer Recherchen aus rechtlichen Gründen noch nicht bestätigen, doch ist der Mann nach wie vor in Untersuchungshaft, was für einen baldigen Prozess spricht. Dort sitzt er nicht nur wegen der Art der gegen ihn erhobenen Vorwürfe und der Beweislage. Andere dringend Tatverdächtige kamen bisher oft unmittelbar nach ihrer Verhaftung wieder frei, weil sie im Gegensatz zum 32-Jährigen einen festen Wohnsitz haben. „Die Wohnsitzfrage ist mitunter entscheidender als die Schwere der Tat“, so Sawas, „das Problem haben wir auch bei den Kiez-Schlägern.“ Für die Polizei bedeuten die vielen Anschläge Mehrarbeit, die nur schwer zu bewältigen ist bei knappem Personal.

Bei der Staatsanwaltschaft gibt es eine Spezialabteilung, dort ist man „personell gut aufgestellt“, so Simone Herbeth, Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft. Einen höheren Personalbedarf oder eine gestiegene Arbeitsbelastung aufgrund von Brandstiftungen verzeichnet sie nicht. Viele Verfahren werden eingestellt, ohne dass Verdächtige gefunden werden.

Bezirken wie Marzahn-Hellersdorf, die in den letzten Monaten am meisten unter Brandstiftungen gelitten haben, hilft das wenig. Im Umfeld von Hochhäusern waren dort in den vergangenen Monaten vorwiegend Müllcontainer angesteckt worden. Doch nicht nur in alten Plattenbauten, auch in vielen kleineren Wohnhäusern, in einer Kindertagesstätte sowie einer Grundschule loderten in dem Viertel die Flammen. Inzwischen reicht die Angst der Bewohner dort so weit, dass unter ihnen bereits Selbsthilfe diskutiert wird. „Was fehlt, ist die öffentliche Ächtung, dass die Brandleger zumindest symbolisch aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden“, fordert Sawas. Seiner Meinung nach nehme die Politik die Brände nicht ernst. Die Forderung, Sonderkommissionen einzurichten, reiche nicht, die Politik müsse „die Taten ächten“. SV


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