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06.08.11 / Gerettet vom Blätterwald / Juliane Koepcke überlebte einen Flugzeugabsturz im Dschungel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 31-11 vom 06. August 2011

Gerettet vom Blätterwald
Juliane Koepcke überlebte einen Flugzeugabsturz im Dschungel

Im Januar 1972 ging die Nachricht von der spektakulären Rettung einer jungen Deutschen um die Welt, die am Weihnachtstag 1971 im peruanischen Urwald als Einzige einen Flugzeugabsturz aus 3000 Metern Höhe überlebt hatte. Verletzt und unter Schock stehend war die 17-jährige Juliane Koepcke danach elf Tage durch den Dschungel geirrt und einem Wasserlauf gefolgt, bis sie auf Waldarbeiter stieß, die sie zur nächsten Siedlung brachten. Trotz mangelnder Nahrungsaufnahme hatte sie überlebt, weil sie wusste, wie man sich allein in der Wildnis zu verhalten hat. Mit ihren Eltern, den Zoologen Maria und Hans-Wilhelm Koepcke, hatte sie zwei Jahre in der von ihnen gegründeten Forschungsstation Panguana im Tiefland-Regenwald von Peru verbracht.

Die traumatischen Folgen des Absturzes belasteten das junge Mädchen umso mehr, als ihre Mutter, die im Flugzeug neben ihr gesessen hatte, beim Absturz ums Leben gekommen war. Erst fast 40 Jahre später hat die inzwischen 56-jährige Juliane Koepcke, heute Juliane Diller, die Kraft gefunden, ihre Geschichte zusammen mit der Co-Autorin Beate Rygiert aufzuschreiben. „Als ich vom Himmel fiel − Wie mir der Dschungel mein Leben zurückgab“ lautet der Titel ihres Buches, wobei der Untertitel auf ihre Rettung durch das dichte Blätterdach des Waldes Bezug nimmt, das damals ihren Sturz auf einer Sitzbank stark abgemildert hat. Seit dem Tod ihres Vaters im Jahr 2000 leitet die bei der Zoologischen Sammlung München beschäftigte Biologin an seiner Stelle mit Hilfe eines Einheimischen die Forschungsstation Panguana. Mit ihrem Einsatz für den Schutz des gefährdeten Amazonasregenwalds, der mit dem Vordringen der Zivilisation immer stärker zerstört wird, knüpft sie an das unermüdliche Engagement ihrer Eltern an. Diese sind in Peru noch heute namhafte Persönlichkeiten; die biologische Fakultät der Universität Lima wurde nach ihrer Mutter benannt.

Man spürt, dass das unfassbare Geschehen die Autorin nachhaltig beeinflusst hat. Immer wieder wechselt sie während der Schilderung ihres Schicksals die Perspektive. Nach dem Krieg waren ihre Eltern nach Peru ausgewandert, um die damals noch fast unbekannte Tier- und Pflanzenwelt des Amazonas-Regenwalds zu erforschen. Im Stadtviertel Miraflores von Lima hatten sie ihr „Humboldt-Haus“ gekauft, eine Villa mit Meerblick, in der Juliane inmitten einer Schar von Haustieren aufwuchs. Ihr behütetes Zuhause gab sie mit 14 Jahren anfangs nur ungern auf, um es mit dem Leben in der Selva, wie die Einheimischen den Regenwald nennen, zu vertauschen. Doch das sollte sich bald ändern. Nach ihrer Rettung schickte ihr Vater sie nach Deutschland, wo sie ihr Abi­tur machte und studierte.

Vor elf Jahren begab sich Juliane Koepcke mit dem Filmemacher Werner Herzog, der einen Dokumentarfilm über ihren Fall drehte, zur Absturzstelle, wo die Trümmer der Maschine noch immer über eine große Fläche des Urwalds verstreut herumlagen. Gleichzeitig erlebte sie eine böse Überraschung: Entlang einer neuen Urwaldstraße wurde der Wald überall gerodet. Heute ist sie Werner Herzog für seine Initiative dankbar. Wäre sie damals nicht erneut mit dem Geschehen konfrontiert worden, so glaubt sie, hätte sie vielleicht nicht die seelische Kraft aufgebracht, sich für Panguana und den Regenwald zu engagieren.

Mittlerweile konnte sie mithilfe eines Sponsors die unter Naturschutz gestellte Fläche durch Zukauf von Parzellen vergrößern. Auch der Erlös dieses Buches soll dem Schutzgebiet zugutekommen. Regelmäßig besucht Juliane Koepcke seit Jahren gemeinsam mit ihrem Mann ihr Geburtsland Peru und kämpft dabei jedes Mal gegen ihre Flugangst an. Sie hat ihre Lebensaufgabe gefunden. Ihr fesselndes Buch weckt Bewunderung für die Tapferkeit seiner Autorin und ihr Eintreten für den Regenwald, dem eine Schlüsselrolle für das Weltklima zukommt.

Dagmar Jestrzemski

Juliane Koepcke: „Als ich vom Himmel fiel – Wie mir der Dschungel mein Leben zurück-gab“, Malik Verlag, München 2011, 45 meist farbige Fotos, gebunden, 295 Seiten, 19,95 Euro.


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