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13.08.11 / Entlastungsangriff auf die CDU / Stasi-Enquete Brandenburg: Rot-Rot-Grün stürzt sich aus Selbstschutz auf »Blockflöte«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Entlastungsangriff auf die CDU
Stasi-Enquete Brandenburg: Rot-Rot-Grün stürzt sich aus Selbstschutz auf »Blockflöte«

Die von Brandenburgs Landtag eingesetzte Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit listet weiter Versäumnisse der SPD beim Umgang mit der DDR-Vergangenheit auf, doch auch die Oppositionsparteien stehen inzwischen in der Kritik. Sie sollen ihre Rolle vor 1989 aufarbeiten, nicht in Eigenregie, sondern in der Kommission.

Ein neues Gutachten der jüngst vor allem durch internen Streit aufgefallenen Enquete-Kommission zur Stasi-Verstrickung Brandenburger Politiker legt nahe: Nicht nur Brandenburgs SPD und Linkspartei weisen Versäumnisse im Umgang mit der Vergangenheit auf, auch die Oppositionsparteien stehen nun im Zentrum der Kritik der aus Wissenschaftlern und Politikern zusammengesetzten Expertenrunde. Überraschend ist dies vor allem, weil vor Tagen noch die Blockadehaltung der SPD Gegenstand der Diskussion im Gremium war. Linkspartei-Fraktionschefin Kerstin Kaiser hielt den Experten jüngst gar vor, die Geschichte des Landes bewusst umschreiben zu wollen.

Nun erhält ausgerechnet die Linkspartei Anerkennung durch ein neues Gutachten: Die Linke habe nach Meinung von drei Kommissions-Gutachtern ihre Vergangenheit in Kontinuität zur SED vergleichsweise offen aufgearbeitet. Auch der 2009 gefasste Parteibeschluss, alle Landtagsabgeordneten auf Stasi-Tätigkeiten zu überprüfen und die neue Einstellung zugunsten eines Diktaturbeauftragten sind demnach positive Zeichen eines Wechsels in der Partei, so das neue Kommissionspapier.

Drei Gutachter setzen sich in dem Papier im Auftrag des Gremiums mit „Personelle(r) Kontinuität und Elitenwandel in den Parteien Brandenburgs“ auseinander. In der 240 Seiten starken Studie befasst sich der Rostocker Historiker Mario Niemann mit der Linkspartei (SED/PDS), der einstige DDR-Oppositionelle Ehrhart Neubert untersucht die SPD und Bündnis 90/Die Grünen, während der Brandenburger Autor und Grünen-Politiker Christoph Wunnicke die CDU sowie die FDP bearbeitet.

Die Autoren bescheinigen grundsätzlich allen Parteien Versäumnisse. Die SPD habe durch die Ära Manfred Stolpe und dessen eigene Verstrickungen den Eindruck erweckt, Kontakte zur Stasi „konnten als Normalität hingestellt werden“. Die „Konstruktion einer Kollektivbiografie“ der DDR-Bewohner sei die Folge gewesen, bei der diese tendenziell „gleichsam als Opfer westdeutscher Aufarbeitungsinteressen hingestellt wurden“. Von den Grünen gingen demnach kaum „vergangenheitspolitische Impulse“ aus, dafür hätten sie Stolpe und dessen mangelhaften Aufarbeitungskurs unterstützt, so der Vorwurf.

Auffallend am neuen Gutachten ist aber vor allem die Kritik an der CDU. Wunnicke bescheinigt ihr „Desinteresse“ an der Aufarbeitung ihrer Rolle als Blockpartei in der DDR. Außerdem gehe sie lokale Bündnisse mit der Linkspartei ein.

CDU-Generalsekretär Dieter Dombrowski sieht sich von dem Gutachten indes bestätigt: Bei aller Kritik mache das Papier deutlich, dass die CDU ihre inhaltliche und personelle Erneuerung abgeschlossen und keinerlei „Altlasten“ mehr in der Partei habe. Der im Gutachten als Beleg christdemokratischer Versäumnisse genannte Ulrich Junghanns, einst Minister und nicht einmal zwei Jahre Landesvorsitzender, ist jedenfalls keine Überraschung mehr. Als Funktionär der Bauernpartei habe er noch 1989 die Berliner Mauer als „Schutz vor brauner Pest“ bezeichnet, so das Gutachten. Junghanns‘ Rolle war vor Jahren bereits Gegenstand der öffentlich ausgetragenen Nachfolgekämpfe in der CDU Brandenburg.

Doch die Linkspartei steht, zumindest vorläufig, nicht mehr im Zentrum der Debatte. Das neue Forschungswerk kritisiert sie nur verhalten, betont den Willen zum Wandel seit 2009. Dennoch: Weiterhin sind einst dem DDR-Regime treue Politiker in der Linkspartei am stärksten vertreten. Das Gutachten kommt nicht umhin zu erwähnen: Die Hälfte der seit 1990 im Landtag vertretenen Abgeordneten der Linkspartei war vor der Revolution „Nomenklaturkader oder Partei- und Staatsfunktionäre“. Der SED gehörten 75 Prozent dieser 57 Politiker an. „Mindestens elf“ standen zudem mit dem Ministerium für Staatssicherheit in Verbindung.

Die Partei hat laut Gutachten selbst den Genossen, die ihre dunkle Vergangenheit nicht offenlegen wollen, nur „in wenigen Fällen“ das Vertrauen entzogen. Auch die Abgabe von Mandaten sei selten erfolgt. Trotzdem: Die neuen Thesen, die ab dem 19. August in der Kommission diskutiert werden sollen, bringen einen anderen Zungenschlag in die Debatte. Es geht plötzlich um Blockparteien statt Stasi-Altkader.

Entsprechend kämpferisch sagt die Landes- und Fraktionschefin der CDU, Saskia Ludwig: „Mitglied der Block­partei gewesen zu sein bedeutet nicht, inoffiziell oder hauptamtlich für die Stasi gearbeitet zu haben. Der Versuch aus Teilen der Platzeck-SPD und der Linken, den Begriff Blockpartei zu vermischen, um von ihren eigenen Stasi-Leuten abzulenken, wird scheitern.“ In der von der Opposition gegen Rot-Rot durchgesetzten Enquete-Kommission werde die Geschichte aller Parteien aufgearbeitet, so Ludwig, sodass weitere Impulse vor allem von dort kommen müssten. Erzwungene Anpassung sei eben etwas anderes, als selbst Täter gewesen zu sein, sagte Dombrowski.    SV


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