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13.08.11 / Unlust an der Zukunft / Mikrozensus 2010 belegt dramatischen Fall der Geburtenrate

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Unlust an der Zukunft
Mikrozensus 2010 belegt dramatischen Fall der Geburtenrate

In der Geschichte der Menschheit ist der ‚stille‘ Untergang von Völkern und Stämmen infolge mangelhafter Fruchtbarkeit gar keine Seltenheit“, schreibt der ehemalige Bundesbanker Thilo Sarrazin in seinem Bestseller „Deutschland schafft sich ab“. Deutschland würde nicht mit einem Knall sterben, sondern still mit den Deutschen vergehen. Letzte Woche wurden die neuen Daten des Mikrozensus 2010, der größten deutschen Haushaltsbefragung, der Öffentlichkeit vorgestellt. Mit der Auswertung des Datenbestandes wird offenbar: Das Land ist wieder ein wenig stiller geworden.

Innerhalb von zehn Jahren ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen in Deutschland dramatisch gesunken: um 2,1 Millionen. Lebten im Jahr 2010 rund 13,1 Millionen Minderjährige in Deutschlands Haushalten, so waren es im Jahr 2000 noch 15,2 Millionen. Das machte die Größenordnung der Städte Hamburg und Bonn aus. Der rückläufige Trend wird sich indessen weiter fortsetzen, so die Ergebnisse der 12. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung. Heute beträgt der Anteil der Kinder an der Gesamtbevölkerung von 81 Millionen Menschen nur noch 16,5 Prozent. Seit Anfang der 60er Jahre ist die Geburtenzahl in West- und Mitteldeutschland um rund 50 Prozent zurückgegangen. Ende 2010 lag die Geburtenrate bei nur noch 1,36 Kindern pro Frau – und damit niedriger als während der Hungerjahre nach dem verlorenen Krieg (1,9).

Deutschland ist damit, in den Worten des Präsidenten des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden, Roderich Egeler (CDU), das „kinderärmste Land“ in Europa. Wieder stehen mehr Wiegen leer, ist das Lächeln eines Säug­lings weniger zu sehen, verschwinden Kinderweinen, herausfallende Milchzähne, belebte Spielplätze und aufgeschlagene Knie aus dem Erfahrungsschatz der Allgemeinheit.

Auf dem Gebiet der alten Bundesrepublik lag in der letzten Dekade der Rückgang an Kindern bei zehn Prozent, im Osten der Republik falle die Regression „noch gravierender“ aus, so Egeler, der den Bericht „Wie leben Kinder in Deutschland?“ in Berlin vorstellte. Zwischen Elbe und Oder lebten 2010 fast 29 Prozent weniger Menschen unter 18 Jahren als noch vor zehn Jahren. Was allerdings nicht nur mit der Geburtenrate unter dem Bestandserhaltungsniveau zu tun hat, sondern auch mit der schlechten Wirtschaftslage. Noch immer wandern jüngere, klügere und besser ausgebildete Frauen aus den neuen Bundesländern zu Tausenden in die alten Länder ab, nicht wenige auch ins Ausland. Sofern Kinder da sind, kommen diese mit, was die „Ostbilanz“ im Saldo verschlechert.

„Kinder sind das Wertvollste einer Gesellschaft“, so Statistik-Präsident Egeler. Doch weitere außerhäusliche Betreuungsangebote für Kleinkinder und finanzielle Hilfen für Familien werden es kaum richten. Der heutige Europäer sei in der Gefahr, schrieb der ehemalige Abt Gregor Henckel von Donnersmarck für eine Debatte im „Focus“, Freiheit und Wohlstand als Endpunkte seiner Entwicklung anzusehen. Daraus resultiere die Unlust an der Zukunft. Nicht nur Deutschland, ganz Europa „hat sich geradezu in den Suizid gestürzt – durch Verhütung, Abtreibung, Ehescheidung und die Gleichberechtigung anderer, nicht auf Fortpflanzung angelegter sexueller Lebensformen. In spätestens 200 Jahren dürfte es kein Europa im herkömmlichen Sinne mehr geben.“       Christian Rudolf


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