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13.08.11 / Brüssels schwarze Kassen / Wie die EU Geldverschwendung zur Geheimsache erklärt – Verstoß gegen Transparenzrichtlinien

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Brüssels schwarze Kassen
Wie die EU Geldverschwendung zur Geheimsache erklärt – Verstoß gegen Transparenzrichtlinien

Seit dem Jahr 2007 steigt die Zahl der als „vertraulich“ deklarierten Posten im EU-Haushalt massiv an. Angaben zu den Empfängern und den Verwendungszwecken werden bei den entsprechenden Zahlungen nicht gemacht. Bekannt gewordene Details lassen vermuten, dass es der EU-Kommission weniger um die Sicherheit der Empfänger geht, als darum, sich Diskussionen über die geförderten Projekte zu ersparen.

Wenn es um die EU-Finanzen geht, müssen Europas Steuerzahler seit einigen Jahren eine zwiespältige Erfahrung machen. Die Forderungen aus Brüssel werden immer höher, gleichzeitig sinkt die Bereitschaft, über die Verwendung der Gelder überhaupt noch Rechenschaft abzulegen. Zum bevorzugten Mittel der EU-Kommission, wenn es darum geht, sich von Bürgern und Abgeordneten nicht in die Karten gucken zu lassen, scheinen sich die „Vertraulichen Zahlungen“ entwickelt zu haben. Ursprünglich vorgesehen waren derartige Haushaltsposten nur für eng definierte  Ausnahmefälle. Zum Schutz der Empfänger sollen zum Beispiel Namen geheim gehalten werden, wenn von der EU Oppositionsgruppen in Diktaturen unterstützt werden.

Als es im Jahre 2007 lediglich 104 als „geheim“ eingestufte Posten im EU-Haushalt gab, mag das für viele Beobachter noch glaubhaft gewesen sein. Im Jahre 2010 ist die Zahl der vertraulichen Haushalts­posten auf 342 angewachsen. Nach Angaben der „Financial Times Deutschland“ stieg das Volumen der Geheimzahlungen von  87 Millionen Euro im Jahre 2007 auf über 408 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Was sich hinter diesem massiven Anstieg innerhalb weniger Jahre verbirgt, scheint im EU-Parlament bisher allerdings nur eine Minderheit der Abgeordneten zu interessieren. Etwa den fraktionslosen Martin Ehrenhauser, der mithilfe parlamentarischer Anfragen in der Vergangenheit bereits etwas Licht in das undurchsichtige Finanzgebaren der EU-Kommission bringen konnte. Schon die wenigen Fälle, in denen es dem Österreicher gelungen ist, für Aufklärung zu sorgen, lassen vermuten, dass die Kommission inzwischen dazu übergegangen ist, das Instrument der geheimen Haushaltsposten systematisch zu missbrauchen. 

Dabei scheint es oftmals nicht um den Schutz der Empfänger, sondern um das Unterbinden kritischer Nachfragen über die Verwendung der Mittel zu gehen. So musste die Kommission etwa nach hartnäckigen Nachfragen bestätigen, dass Zahlungen in Höhe von 79 Millionen Euro für die Gesundheits- und Wasserversorgung Moldawiens zu Unrecht als „vertraulich“ klassifiziert waren. Die angeblichen Verwaltungsfehler, die zur Geheimeinstufung geführt hatten, scheinen sich auch bei Zahlungen der EU in Höhe von 59 Millionen Euro für ein Computersystem in Honduras wiederholt zu haben. Auch die Gehaltszahlung für palästinensische Beamte in Höhe von 127 Millionen Euro erfüllen nicht die Bedingungen, die für vertrauliche Haushaltsposten eigentlich vorgesehen sind.

Die von der EU-Kommission  herbeigezogene Begründung bei den aufgedeckten Fällen von falscher Klassifizierung – „Fehler innerhalb der Verwaltung“ – überzeugt mit jedem bekannt gewordenen Fall weniger. Stattdessen wächst die Vermutung, dass es der EU-Kommission darum geht, Diskussionen mit Bürgern und Abgeordneten darüber, wie sinnvoll die geförderten Projekte sind, von vornherein auszuschließen. Diese Praxis der Verschleierung wäre dann genau das Gegenteil der versprochenen Transparenz bei der Planung des EU-Haushalts.

Offizieller Anspruch des 2008 gestarteten „EU-Finanztransparenzsystems“ war es, die Ausgaben und die Empfänger von Zahlungen für jedermann überprüfbar zu machen. Mit dem zunehmenden Rückgriff auf die geheimen Haushaltsposten wird die versproche Transparenz allerdings zur hohlen Phrase. Angesichts des Umfangs, den diese Zahlungen inzwischen erreicht haben, ist der Aufklärungsbedarf hoch. Außer den Gehaltszahlungen für palästinensische Beamte werfen zum Beispiel auch weitere Zahlungen an die Palästinenser-Behörden in Höhe von über 100 Millionen Euro Fragen auf. Eine wahre Sisyphusarbeit stellen 2311 anonyme Empfänger dar, die 109 Millionen Euro erhalten haben. Umfangreiche Summen gingen an Personen, die in Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden leben. Dass für diese Empfänger mit einem Wohnsitz innerhalb der EU ein Sicherheitsrisiko bestehen soll, wenn ihre Namen bekannt werden, ist kaum glaubhaft. Wahrscheinlicher ist, dass auch in diesen Fällen die EU-Kommission zu einem späteren Zeitpunkt wieder einmal einräumen muss, dass sich „Verwaltungsfehler“ eingeschlichen haben.

Völlig unverständlich ist allerdings auch, dass die Mehrheit der Abgeordneten des Europäischen Parlaments angesichts der zunehmenden Geheimhaltungspraktiken der EU-Kommission kaum einen Aufklärungsbedarf sieht. Bisher sind es nur einzelne Abgeordnete, die ihrer Kontrollpflicht bei  den EU-Finanzen ernsthaft nachkommen. Bei einem derartigen Desinteresse wundert es dann auch nicht mehr, wenn EU-Steuerkommissar Janusz Lewandowski mit der Behauptung, dass „weltweit wenige Behörden die Transparenz ihrer Finanzen so ernst nehmen wie wir“, in Straßburg und Brüssel kaum auf Widerspruch trifft. Norman Hanert


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