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13.08.11 / Fehlinvestitionen absehbar / EU erleichtert Schuldenländern den Zugang zu Struktur-Milliarden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Fehlinvestitionen absehbar
EU erleichtert Schuldenländern den Zugang zu Struktur-Milliarden

Im Eilverfahren will die EU-Kommission sechs Ländern den Zugang zu Milliarden aus den EU-Strukturfonds erleichtern. Um die Konjunktur in diesen Ländern zu beleben, soll die Selbstbeteiligungsquote bei geförderten Projekten auf nur noch fünf Prozent abgesenkt werden. Sechs hochverschuldeten EU-Ländern – Griechenland, Irland, Portugal, Rumänien, Lettland und Ungarn – wird der Zugriff auf 2,9 Milliarden Euro erleichtert, so die Pläne der EU-Kommission. Ihr Anteil an geförderten Projekten sinkt von derzeit 15 Prozent auf nur noch fünf Prozent. „Außergewöhnlich“ nennt Kommissionspräsident José Manuel Barroso selbst seinen Vorschlag, mit dem er eine wirtschaftliche Belebung erreichen will. Erstaunlich ist in der Tat, dass der Grundsatz der Beteiligung der Empfänger nahezu abgeschafft wird. Sinnvolles Ziel der Kofinanzierung war, dass auch die Geförderten ein Interesse daran haben, nur wirtschaftlich tragfähige Projekte auf den Weg zu bringen. Dass nicht einmal dieses Instrument kostspielige Fehlinvestitionen verhindert, lässt sich in Spanien beobachten. Dort hat sich das Netz für Hochgeschwindigkeitszüge zu einem EU-geförderten Milliardengrab ent­wickelt. Erst unlängst ist die neugebaute Strecke zwischen Toledo, Cuenca und Albacete wieder stillgelegt worden. Statt der kalkulierten 2200 Personen pro Tag wurden durchschnittlich neun Passagiere befördert. An den Kosten der Strecke, die auf bis zu 7,1 Milliarden Euro geschätzt werden, war die EU massiv beteiligt.

Dass Länder wie Griechenland oder Rumänien mit einer nur noch symbolischen Kostenbeteiligung sinnvollere Projekte anschieben, darf bezweifelt werden. Spanien hatte immerhin einen nennenswerten Anteil an seinen Projekten selbst zu schultern. Von den 2,9 Milliarden Euro, die Brüssel nun verteilen will, werden auf Griechenland 879 Millionen Euro und auf Rumänien 714 Millionen entfallen. Drittgrößter Empfänger wird  Portugal mit 629 Millionen Euro sein, während für Ungarn 308 Millionen, für  Irland 98 Millionen und für Lettland 255 Millionen Euro in Aussicht stehen. Nur noch als Realsatire lässt sich das Vorhaben der Kommission bezeichnen, eine zusätzliche Arbeitsgruppe für Griechenland bereitzustellen. In dem mit Beamten reichlich gesegneten Land sieht die EU-Kommission keine „ausreichende Verwaltungskapazität“, so dass zusätzliche Beamte bei der Mittelvergabe helfen sollen. Die Behauptung der Kommission, dass mit dem Vorhaben für die sechs Krisenländer keine zusätzlichen Mittel bereitgestellt werden, ist richtig, dennoch gibt es für die Netto-Zahler Auswirkungen: Erst  im Juni 2011 hatte der Haushaltsausschuss des EU-Parlaments beschlossen, dass Überschüsse von 4,54 Milliarden Euro aus dem Jahr 2010 den Mitgliedsstaaten auf ihren Beitrag zum Haushalt 2011 gutgeschrieben werden. Bei über der Hälfte dieser Summe, 2,72 Milliarden Euro, handelt es sich um nicht abgerufene Mittel aus EU-Programmen. Deutschland kann dadurch im Jahr 2011 immerhin eine Gutschrift von fast 923 Millionen Euro auf seinen EU-Beitrag erwarten. Dank Barrosos „außergewöhnlichem Vorschlag“ wird eine derartige Rückerstattung für Deutschland wahrscheinlich für längere Zeit die letzte gewesen sein.   Norman Hanert


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