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13.08.11 / Polens Chance / Energie-Großmacht durch Schiefergas? – Vorräte für 300 Jahre

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Polens Chance
Energie-Großmacht durch Schiefergas? – Vorräte für 300 Jahre

Gas aus unterirdischen Schiefervorkommen gilt derzeit noch als unkonventionell. Doch es könnte die globale Nachfrage nach Energieträgern befriedigen, wenigstens auf lange Jahrzehnte. In Polen werden gigantische Lagerstätten davon vermutet. Nach Schätzungen von Geologen soll nirgendwo in Europa mehr von dem Stoff vorkommen, der seit einiger Zeit die Planungen der Energiestrategen durcheinanderwirbelt. Polen, das gegenwärtig noch 90 Prozent seiner Energie aus Kohle erzeugt und 2010 zwei Drittel seines benötigten Gases aus Russland bezog, könnte mit Hilfe des Schiefergases sogar zum Energie­exporteur werden – und reich wie Norwegen.

Warschau will ohnehin die Abhängigkeit von der Kohle verringern und seine Energiequellen diversifizieren. Verschiedene Möglichkeiten werden durchdacht, und das, anders als beim westlichen Nachbarn, gänzlich unideologisch. Die Regierung Tusk hält am Bau zweier Kernkraftwerke fest und sieht in den vermuteten Gasvorkommen eine „Riesenchance“.

„Im September werden wir über vollständige Daten darüber verfügen, wie groß die Schiefergasvorkommen sind“, sagt Polens Chefgeologe Henryk Jezierski, gleichzeitig Vize-Umweltminister.  Die Analysen des Staatlichen Geologie-Instituts (PIG) dauerten an. Nach Schätzungen des Institutsdirektors Paweł Poprawa wird in ein oder zwei Jahren feststehen, ob das in tiefen Gesteinsschichten gebundene Gas förderbar ist. Experten sehen die Lagerstätten des Rohstoffes in einem Gürtel von Stettin und dem Ostseeufer in südöstlicher Richtung bis nach Rzeszow sich erstrecken. Ein zweites Gebiet potenzieller Vorkommen liegt in der Woiwodschaft Großpolen sowie in Niederschlesien. Das Gas, durch das Polen zu einer Energiegroßmacht werden könnte, lagert also vorwiegend in den historischen deutschen Ostprovinzen. Pommern, heute noch im Dornröschenschlaf dämmernd, könnte zum Hauptabbaugebiet werden.

Im April hatte die US-amerikanische Energie-Agentur (EIA) Informationen veröffentlicht, nach denen Polen über gigantische 5,3 Billionen Kubikmeter ausbeutbare Vorkommen an Schiefergas verfüge und damit am meisten unter allen 32 untersuchten Ländern auf dem europäischen Kontinent. Nach Überzeugung der EIA-Experten würde diese Menge den polnischen Energiebedarf der nächsten 300 Jahre sichern – wenn sie denn wirtschaftlich zu nutzen ist. Die Gasgewinnung aus Schiefer ist kompliziert und teuer, die Kollision mit dem Naturschutz evident.

Zurzeit hat Polen 87 Konzessionen an überwiegend US-amerikanische, kanadische und britische Firmenkonsortien zu Probebohrungen vergeben. Der neue Energieträger wäre für Polen ein strategisch wichtiger Rohstoff, doch in der Frage seiner praktischen Nutzbarkeit gehen die Einschätzungen weit auseinander. Nach Meinung von Experten wird es noch viele Jahre Untersuchungen brauchen, ob die Ausbeutung der Vorkommen überhaupt rentabel ist. Selbst Chefgeologe Jezierski nimmt einen Zeitrahmen von zehn bis 15 Jahren an, bis die industrielle Förderung beginnen kann.        Christian Rudolf


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