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13.08.11 / Ablenkung mit Pinsel und Farbe / Trotz Parkinson-Erkrankung widmet sich Angela Giertz-Birkholtz ihrer Kunst

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Ablenkung mit Pinsel und Farbe
Trotz Parkinson-Erkrankung widmet sich Angela Giertz-Birkholtz ihrer Kunst

Weltweit gibt es laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vier Millionen Menschen, die an der Parkinson-Krankheit leiden. Bei den meisten bricht diese chronische Erkrankung im Alter zwischen 50 und 60 aus. Es gibt aber auch immer wieder jüngere Patienten, die von ihrem Arzt die Diagnose Parkinson erhalten.

Eine von ihnen ist Angela Giertz-Birkholtz. Die heute 60-Jährige lebt mit ihrem Mann Horst in Siegburg. In Hamburg geboren und im nahen Walddorf Großhansdorf aufgewachsen, besuchte sie das Gymnasium in Ahrensburg und später eins in Hamburg. Sie wollte Architektin werden, entschied sich dann aber doch für Jura. Eine Zeitlang arbeitete sie als Rechtsanwältin in der Hansestadt. Dann aber fiel es ihr immer schwerer, den Alltag zu meistern.

„Bereits Mitte der 80er Jahre war ich nicht in der Lage, ein Stück Papier in eine Klarsichthülle zu schieben“, erinnert sie sich. „Wir haben dann immer gelacht. Auch beim Sport hatte ich Probleme. Meine Tennispartnerinnen meinten, ich laufe nicht genügend oder sei zu langsam. Ich selbst sah das nicht so.“

1993 dann die Diagnose Parkinson, allerdings mit einem großen Fragezeichen. Die Ärzte hielten Angela für zu jung für diese „Alterskrankheit“. Die Symptome aber waren typisch: „Nachziehen des rechten Beines, kein Mitschwingen des rechten Armes, oder eine Verkrampfung der Zehen derart, dass sich der große Zeh nach oben stellte und die anderen Zehen nach unten. Eine äußerst schmerzhafte Angelegenheit“, erzählt Angela. Erst 1998 – nach vielen Untersuchungen – wurde die Diagnose bestätigt.

Bei der chronischen Erkrankung des Zentralnervensystems kommt es zu einem Abbau bestimmter Nervenzellen im Klein-, Zwischen- und Mittelhirn. Der wichtige Botenstoff Dopamin kann nicht mehr gebildet werden. Es kommt zu verschiedensten Behinderungen. Von Theodor Roosevelt über Mao Tse-tung bis Leonid Breschnjew, von Raimund Harmstorf bis Johannes Paul II. und Peter Hofmann – die Liste bekannter Parkinson-Patienten ist lang. Auch Salvador Dali und Prinz Claus der Niederlande litten unter dieser bis heute nicht heilbaren Erkrankung. Der Schauspieler Michael J. Fox und der Boxer Muhammad Ali nutzen ihre Popularität, um auf die Krankheit aufmerksam zu machen. Andere ziehen sich zurück und meiden die Öffentlichkeit.

Auch Angela Giertz-Birkholtz haderte mit ihrem Schicksal. Letzt-endlich musste sie ihren Beruf aufgeben, bevor sie richtig „loslegen“ konnte. „Schließlich brach damit auch das ganze beruflich bedingte soziale Umfeld auseinander“, bedauert sie.

Da half ihr eine Begabung, die sie bereits in der Schule entdeckt hatte: Sie malt für ihr Leben gern. In Holland, wo sie von 1994 bis 1996 mit ihrem Mann lebte, lernte sie Judith aus Israel kennen. Beide entschlossen sich, Malunterricht zu nehmen. „Die Malerei ist mittlerweile für mich ein ganz wesentlicher Bestandteil meines Lebens geworden“, erzählt Angela begeistert. „Sie hilft mir, für ein paar Stunden, meine Erkrankung zu vergessen, das heißt die Symptome nicht zu spüren. Es kommt dann schon mal vor, dass ich stocksteif bin, wenn ich aufhöre, so dass ich nur mit großer Mühe die Pinsel auswaschen kann. Man kann sich vorstellen, was ich da für einen enormen Pinselverbrauch habe, da die meisten doch eintrocknen!“, schmunzelt sie. Zunächst malte sie in Öl, jetzt zieht sie Acrylfarben vor oder Collagen. Straßen, Züge, Autos und immer wieder Züge hielt sie auf ihren Bildern fest. Bis sie eines Tages den Titel für ein Bild suchte: „Mobilität“ fiel ihr ein und damit auch der Grund, warum sie immer wieder den ICE und Straßen malte. „Es war meine krankheitsbedingte Immobilität, mit der ich mich in meinen Bildern auseinandersetzte. Damit war der ICE erledigt. Ich brauchte ihn nun nicht mehr zu malen.“

Jetzt sind es andere Motive, die Angela Giertz-Birkholtz malt – Städtebilder, Meereslandschaften und immer wieder Schiffe. Kein Wunder, denn vor dem Ausbruch ihrer Krankheit war sie eine begeisterte Seglerin. Mit sicherem, kräftigem Pinselstrich hält sie die schwungvollen Linien eines Schiffes fest, die geblähten Segel und den fernen Küstenstreifen.

Ihre Bilderrahmen baut sie übrigens selbst. Und auch zur Gitarre greift sie immer wieder einmal. „Das Spielen ist sehr gut für die feinmotorischen Übungen der Finger. Das Singen kräftigt meine von Parkinson geschwächte Stimme“, erklärt sie erstaunten Zuhörern.

Kein Wunder, dass diese von einer gesunden Unruhe getriebene Frau auch Mitglied in der deutschen Parkinson Vereinigung (dPV) ist. 2001 hat sie gemeinsam mit anderen jüngeren Parkinson-Betroffenen die Parkinson-Selbsthilfegruppe „PARKINSonLINE e. V.“ im Internet gegründet. „Wir bieten unter parkins-on-line.de einen Chat und ein Forum, das von zirka 200 Vereinsmitgliedern und etwa 800 weiteren Usern genutzt wird.“         Silke Osman

Eine Auswahl der farbintensiven Bilder von Angela Giertz-Birkholtz ist noch bis zum 2. September montags bis freitags von 8 bis 22 Uhr, sonnabends bis 18 Uhr, (sonntags geschlossen), im Sieg-Reha-Zentrum, Dickstraße 59, in Hennef, zu sehen. Weitere Bilder im Internet unter www.kallarie.de


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