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13.08.11 / Kampf um Trüffel / Ein Fall um Mafia und koloniale Vergangenheit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-11 vom 13. August 2011

Kampf um Trüffel
Ein Fall um Mafia und koloniale Vergangenheit

Der französische Phi-losoph und Feinschmecker Anthèlme Brillat-Savarin widmete sich in der „Physiologie des Geschmacks“ von 1826 exklusiven Gaumenfreuden, darunter dem Trüffel. Die Pilzknolle mit dem göttlichen Aroma solle „neben dem kulinarischen Genuss die Damen zärtlicher und die Herren galanter machen“.

Dass der teuerste Speisepilz der Welt nicht nur eine aphrodisierende Wirkung hat, sondern auch kriminelle Energien und Mordgelüste weckt, zeigt Martin Walkers Krimi „Schwarze Diamanten“. In seinem dritten Fall ermittelt Polizeichef Bruno Courrèges gegen das organisierte Verbrechen. Kulisse bildet das beschauliche Saint Denis im Périgord. Die südwestfranzösische Region mit dem milden Klima und der hügeligen Landschaft ist berühmt für ihre schwarzen Winteredeltrüffel, auch Périgord-Trüffel genannt, zu deren Ernte speziell abgerichtete Hunde eingesetzt werden.

Bruno sorgt als sympathischer Dorfpolizist für Recht und Ordnung, egal ob es um Falschparker geht oder um die Gewaltdeeskalation zwischen den entlassenen Arbeitern eines geschlossenen Sägewerks und protestierenden Umweltaktivisten. Daneben trainiert er die lokale Rugby-Mannschaft und springt den Kindern zuliebe schon mal als Weihnachtsmann ein. Der 38-jährige Junggeselle ist eine Mischung aus Camilleris Montalbano und Markaris Kostas. Mit dem ersten verbindet ihn die Vorliebe für gutes Essen und Trinken, mit dem zweiten seine Nähe zu den einfachen Menschen.

Die dörfliche Idylle wird gestört, als auf dem Trüffelmarkt asiatische Billigimporte auftauchen. Die Bewohner fürchten um den Ruf der Region, da der Trüffelhandel die wichtigste Einnahmequelle darstellt und die Kunden nur mit ausgewählter Qualität zu halten sind. Während der Ermittlungen stößt Bruno auf ein Netz von Verstrickungen zwischen der chinesischen Mafia, illegalen Schleuserbanden, Kinderhändlern und den Brandanschlägen auf vietnamesische Restaurants. Der brutale Mord an Brunos altem Jagdfreund Hercule, dem größten Trüffelexperten der Region, bringt ferner die Verbindung zu Frankreichs dunkler Kolonialvergangenheit ans Licht. Der alte Hercule arbeitete lange für den französischen Geheimdienst in Vietnam und war zunächst in den Indochinakrieg, später in den Algerienkrieg verwickelt.

Walkers Krimi bietet eine spannend erzählte, unterhaltsame Lektüre. Wie in den beiden Vorgängerbänden versteht es der schottische Historiker und Journalist, historische Konflikte und aktuelle politische Probleme in eine packende Geschichte einzubetten. Die malerischen Landschaftsbeschreibungen, die liebevollen Schilderungen des französischen Provinz-alltages, erlesene Weine und genüssliche Speisen verleiten zum nächsten Frankreichurlaub. Kurios: Bei der Hauptfigur hat sich Walker vom Polizisten seines Dorfes inspirieren lassen, der auch ein Gourmet und Rugbyfan ist. Anders als Bruno ist der schon älter und glücklich verheiratet.

            Sophia E. Gerber

Martin Walker: „Schwarze Diamanten  − Der dritte Fall für Bruno, Chef de police“, Diogenes, Zürich 2011, 352 Seiten, 21,90 Euro.


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