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20.08.11 / Als das Kino Königsberg eroberte / Das Museum Friedländer Tor erinnert an Filmgrößen der Zwischenkriegszeit

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-11 vom 20. August 2011

Als das Kino Königsberg eroberte
Das Museum Friedländer Tor erinnert an Filmgrößen der Zwischenkriegszeit

Das Museum „Friedländer Tor“ setzt seinen Zyklus über die Mode in Königsberg, der vor zwei Jahren begann, fort. Die dritte Ausstellung ist dem Thema „Kino und Mode in Königsberg von 1920 bis 1940“ gewidmet.

Klassische Musik erfüllt die Gewölbe im Friedländer Tor, während als Marlene Dietrich, Pola Negri, Marika Rökk und Zarah Leander verkleidete junge Damen des Meister-Ateliers „Garderob“ an den Besuchern im Ausstellungssaal vorbeidefilieren. Im Hintergrund flimmern auf Leinwänden Filmszenen mit den echten Stars von damals.

Atmosphärisch gut eingestimmt konnten die Gäste der Vernissage sich in die Zeit des Stummfilms und der ersten vertonten Kinofilme hineinversetzen lassen. Die Ausstellung „Kino und Mode in Königsberg von 1920 bis 1940“ will etwas über den Einfluss des Kinos auf die Alltagsmode und den Lebensstil in Königsberg erzählen. Die ostpreußische Hauptstadt war kein Modezentrum und es gab keine großen Filmstudios, aber die Bewohner müssen sich sehr fürs Kino interessiert haben, denn schon Ende des 19. Jahrhunderts gab es viele Vorführungssäle. Noch bis 1944 existierten 21 Kinotheater. Lange bevor das erste echte Kino gebaut war, hatte es die Menschen in den Zirkus gezogen, wo eine Art „Diashow“ gezeigt wurde. Nach dem Krieg standen die Menschen bei den wenigen noch erhaltenen Lichtspielhäusern Schlange, um den deutschen Erfolgsstreifen „Frau meiner Träume“ mit Marika Rökk zu sehen.

Sowohl das Plakat zur Ausstellung als auch zahlreiche der Exponate, Poster und Postkarten zeugen davon, dass die Königsberger Frauen sehr modebewusst waren. Sie träumten davon, so auszusehen wie die Schauspielerinnen auf der Leinwand. In den 20er-Jahren mussten sie sich ihre Kleidung noch individuell anfertigen lassen, während es in den Dreißigern bereits erste Massenproduktionen von Bekleidung gab, was den Anschaffungspreis deutlich reduzierte. Die Wirtschaftskrise zu Beginn der 30er-Jahre wirkte sich auf Mode und Lebensstil aus: Die Linien wurden schlichter und dank industrieller Fertigung konnten sich mehr Menschen modische Kleidung leisten. In dieser Zeit wurde der auch heute noch moderne Typ des Frauenkostüms geboren.

Weil Museumsdirektorin Swetlana Sokolowa mit ihrem  Museum Friedländer Tor einen Beitrag dazu leisten will, dass die deutsche Geschichte und Kultur der Stadt  nicht in Vergessenheit geraten, hat sie sich der Thematik „Alltag in Königsberg“ verschrieben. Der Organisatorin des Ausstellungszyklus’ Irina Koschewnikowa war es ein besonderes Anliegen, möglichst authentisches Material zu zeigen. Dank der emsigen Mithilfe von Privatleuten, Zeitzeugen und PAZ-Lesern, die Filmplakate, Postkarten, Fotos und Ähnliches aus ihren Privatsammlungen zur Verfügung stellten, war es hier kein Problem, Originale auszustellen. Anders verhielt es sich mit der Bekleidung. Die wenigen Originalkleider, die das Museum bekommen hatte, waren den Models zu klein. Deshalb nähte das Meister-Atelier „Garderob“ die Kleider originalgetreu nach − wie auch für die beiden vorherigen Ausstellungen.

Originale der 30er-Jahre steuerte der in Paris lebende Modehistoriker, Künstler und Sammler Alexander Wassiljew bei. Ko-schewnikowa hatte auch Kontakt zum Filmmuseum in Berlin aufgenommen, weil sie gern ein Kleid der Dietrich ausgeliehen hätte. Dies scheiterte jedoch an der bescheidenen technischen Ausstattung des Museums, denn es gibt keine Möglichkeit, die von Berlin geforderte gleichmäßige Temperatur, den nötigen Feuchtigkeitsgrad und ein Schutzglas mit Filter gegen Beschädigungen durch Blitzlicht zu garantieren.

Die Ausstellung beleuchtet auch das Leben gebürtiger Königsberger Stars wie Harry Liedtke, der Anfang des 20. Jahrhunderts den jugendlichen Liebhaber mimte oder der Komponist Werner Richard Heymann, der viermal für den Oscar nominiert war. Wenig bekannt ist das Schicksal Vera von Lehndorffs. Die Tochter eines der Männer des 20. Juli wurde in Königsberg geboren. Sie wuchs in einem Flüchtlingslager auf und in den 60er Jahren wurde die 1,83 Meter große von Lehndorff in Florenz als Fotomodell entdeckt. Als

„Veruschka“ war sie das erste deutsche Supermodel.    Manuela Rosenthal-Kappi/J.T.

Die Ausstellung kann noch bis zum 2. Oktober besichtigt werden. Museum Friedländer Tor, Ul. Dzerschinskogo 30 (Kreuzung Prospekt Kalinin), Königsberg. Telefon 007-4012-644-020.


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