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20.08.11 / Wider den blinden Zeitgeist / Autor zeigt, warum das konservative Prinzip Bestand haben muss

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-11 vom 20. August 2011

Wider den blinden Zeitgeist
Autor zeigt, warum das konservative Prinzip Bestand haben muss

Ein recht kleinformatiges Buch ist es, „Das konservative Prinzip“. Und bereits nach reichlich 100 gut lesbaren Seiten ist man auch schon am Ende angelangt. Zeitmangel lässt sich als Argument also nicht vorschieben, wenn nach einer Ausrede gesucht wird, um auf die Lektüre zu verzichten. Kein Interesse am Thema? Das taugt gleich gar nicht, das käme völligem Desinteresse an Politik und gegenwärtigen Problemlagen des Landes gleich. Um die Aufforderung einer fernsehbekannten Kritikerin zu gebrauchen, die das kleine Werk vermutlich nicht empfohlen hätte: Lesen!

Professor Günter Scholdt, langjähriger Leiter des „Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass“, legt mit diesem Büchlein natürlich keine umfassende Darstellung und Analyse des Konservatismus vor. Es ist vielmehr ein hochaktueller Essay. Das konservative Prinzip, die Notwendigkeit konservativen Denkens und Handelns in ihrer Überzeitlichkeit werden begründet – und anschaulich gemacht an einer Vielzahl von konkreten Beispielen. Es handelt sich hierbei um den „täglichen Wahnsinn“. Angeprangert wird das sogenannte politisch korrekte Verhalten, welches sich oft in vorauseilendem Gehorsam einer – linken – Meinungsdiktatur unterwirft und alles andere als ein Klima eines unvoreingenommenen Diskurses schafft. Scholdt räumt zwar ein, dass es Länder gibt, in denen freie Meinungsäußerung Gefahr für Leib und Leben nach sich zieht, was in Deutschland nicht der Fall ist. Karrierewege hingegen kann man sich schon mal verbauen.

Betrifft der „tägliche Wahnsinn“ etwa die Verhinderung der Verleihung des Luther-Städte-Preises „Das unerschrockene Wort“, weil der vorgesehene Preisträger „umstritten“ ist, so kann man diese Meldung mit einem augenrollenden Schmunzeln quittieren. Anders und weit schwerwiegender als derartige Realsatire ist es, wenn Scholdt darauf hinweist, dass möglicherweise „hinter dem Nebelvorhang einer entproblematisierenden Amüsierdemokratie tatsächlich niemand sitzt, der den Durch-, Weit- oder Überblick hat, sondern allenfalls obskure Vertreter von Partikularinteressen ihre Fäden ziehen“.

Der Konservative hingegen handelt langfristig, er denkt in Generationenketten und nicht in Legislaturperioden, ihn kümmern Folgen von Veränderungen. Den Fortschritt, gerade auf naturwissenschaftlich-technischem Gebiet, lehnt er nicht per se ab, ist sich aber bewusst, dass jeder Gewinn mit einem Verlust einhergeht. Als Orientierung dient die (historische) Realität, nicht das Wünschbare, Idealisierte. Eigentlich sind das bare Selbstverständlichkeiten. Erschreckend ist, dass die Lektüre von Scholdts Essay einmal mehr unterstreicht, wie wenig diese von der gegenwärtigen Politik zum Maßstab genommen werden.

Differenzierte Weltbilder ziehen meist den Kürzeren. Immer wieder betont Scholdt, dass es sich beim konservativen Prinzip um ein realistisches Frageprinzip handelt. Und man darf schon einmal fragen, warum es in der Geschichte erst- und zweitklassige Tote gibt, wobei das Gedenken Letzterer nicht vor Leugnung geschützt zu werden braucht. Problematisch ist auch das „ungeklärte, von Verdrängungen gekennzeichnete Verhältnis zur Nation“.

Odo Marquard hat einmal bemerkt, es komme nicht darauf an, die Welt zu verändern, sondern sie zu verschonen. Scholdt zitiert diesen Ausspruch zu Beginn seiner engagierten Ausführungen. Allerdings lastet der leicht resignative Ton über allem. Der Autor fordert zum Handeln auf, Kernsubstanz sei zu bewahren, den Strom des gegenwärtigen Zeitgeistes möglichst lange aufzuhalten – aber im Großen und Ganzen wird dieser wohl übermächtig sein. Scholdts Pessimismus ist gut begründet. Teilen muss man ihn dennoch nicht.    Erik Lommatzsch

Günter Scholdt: „Das konservative Prinzip“, Edition Antaios, kaplaken 25, Schnellroda 2011, kartoniert, 103 Seiten, 8,50 Euro.


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