29.03.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
27.08.11 / Gefährliche Überforderung / Bundesregierung plant für die Zeit nach Gaddafi – Bundeswehreinsatz möglich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-11 vom 27. August 2011

Gefährliche Überforderung
Bundesregierung plant für die Zeit nach Gaddafi – Bundeswehreinsatz möglich

Das Schicksal Libyens entscheidet sich in den Straßen der Hauptstadt Tripolis. Während im Zentrum der Stadt noch ein erbitterter Kampf tobt, wird in Berlin bereits über einen Militäreinsatz der Bundeswehr in Libyen nachgedacht.

Zweifellos bahnt sich in Libyen eine Zeitenwende an, doch wann es so weit sein wird, ist noch nicht abzusehen. Die Bundesregierung plant bereits für die Zeit danach. Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat dem libyschen Nationalen Übergangsrat einen Kredit über 100 Millionen Euro zugesagt, der durch eingefrorene libysche Vermögen abgesichert werden soll. Außerdem soll Deutschland beim Aufbau einer Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und Infrastuktur helfen. Dabei ist unklar,  wer genau die Mitglieder dieses Übergangsrates sind oder welche Gruppierungen hinter ihnen stehen. Die Rebellen eint lediglich das Ziel, den Despoten zu beseitigen. Ansonsten sind sie traditionell zerstritten. Von Gaddafi jahrzehntelang mit eiserner Faust diszipliniert, könnten die Clans und Stämme nach dessen Sturz den Bürgerkrieg mit veränderten Vorzeichen fortsetzen und ihre erbitterte Rivalität blutig austragen. Hinzu kämen gewaltbereite Islamisten, die bereits die Saat für einen libyschen Gottesstaat säen. Außen- und Sicherheitsexperten befürchten Anarchie, Chaos und Gewalt in dem nordafrikanischen Land, in dem es keine klassischen staatlichen Strukturen, sondern bislang nur den Herrschaftsapparat  des Gaddafi-Clans gibt. Ein gefährliches Pflaster für ausländische Aufbauhelfer, Sicherheitskräfte und Soldaten

Bundesverteidigungsminister Lothar de Maizière hat angekündigt, einen Einsatz der Bundeswehr zur militärischen Stabilisierung des Landes „konstruktiv zu prüfen“, sollte eine entsprechende Anfrage eingehen. Im Hinblick auf die Enthaltung Deutschlands im UN-Sicherheitsrat zur Libyen-Resolution erklärte er, es gebe „in Zukunft in keiner Weise mehr einen deutschen Sonderweg, weder in der EU noch neben anderen Bündnispartnen“. Hatte die Bundesregierung es noch konsequent abgelehnt, sich an der vergleichsweise ungefährlichen Durchsetzung des Flugverbots über Libyen zu beteiligen, scheint sie nun gewillt, deutsche Soldaten in einen weitaus gefährlicheren Stabilisierungseinsatz zu schicken. Wie die Bundeswehr das bewältigen soll, ließ der Minister indes offen. Derzeit meistert die Truppe bei einer Stärke von rund 220000 Köpfen mit knapp 7200 Mann neun Einsätze auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren. Damit hat sie schon jetzt die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit erreicht. Bei einer kontinierlich schwindenden Truppenstärke hat sich die Einsatzdauer für die Soldaten immer mehr verlängert. In Afghanistan werden sie mit Tod und Verwundung konfrontiert, ohne dass sie einen Erfolg erzielen. Das führt zu erheblichen Belastungen der Soldaten und ihrer Familien. Der Bundeswehrverband beklagt, es gebe in der Truppe schon jetzt „so viel Unruhe wie seit 20 Jahren nicht“. Angesichts der beschlossenen weiteren Reduzierung der Streitkräfte auf gut 180000 Mann wäre ein Libyen-Einsatz eine unverantwortliche Überforderung der Bundeswehr.  Jan Heitmann

Foto: Schon jetzt an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit: Bundeswehr im Einsatz am Hindukusch


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren