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27.08.11 / »Generalprobe für die Hölle« im Dom / Deutsch-Russische Koproduktion verspricht »Wahrheit über die Zerstörung Königsbergs« vor 67 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-11 vom 27. August 2011

»Generalprobe für die Hölle« im Dom
Deutsch-Russische Koproduktion verspricht »Wahrheit über die Zerstörung Königsbergs« vor 67 Jahren

Dem Besucher des Königsberger Doms wird auf dem Tisch im Eingangsbereich neben allerlei Faltblättern und Postkarten eine Broschüre ins Auge fallen, die – ungewöhnlich genug – einen zweisprachigen Titel trägt. Man liest ihn zunächst auf Russisch, dann auf Deutsch: „Generalprobe für die Hölle – Wahrheit über die Zerstörung Königsbergs“. Erschienen ist der zweisprachige Band im Verlag der Russischen Staatlichen Immanuel-Kant-Universität und eingeleitet wird er mit einem Vorwort einer Professorin dieser Universität, Irina Kusnezowa.

Ungewöhnlicherweise beginnt das Buch nicht mit einer Bebilderung des Ablaufs der vernichtenden britischen Flächenbombardements in den Nächten vom 26. auf den 27. sowie vom 29. auf den 30. August 1944. Vielmehr beantwortet der Autor Gerfried Horst zu allererst die Frage, wie es überhaupt zu dieser barbarischen Tat kam und wer dafür die Verantwortung trägt. Und dabei nimmt er ganz im Gegensatz zu ähnlichen Büchern, die in der Bundesrepublik über den Luftkrieg gegen deutsche Städte erschienen sind, kein Blatt vor den Mund.

Schon das Vorwort der russischen Wissenschaftlerin ist bemerkenswert. Sie weist nach­drück­lich darauf hin, dass auf Initiative russischer Zaren Ende des 19. Jahrhunderts die zivilisierten Staaten der damaligen Welt überein kamen, ein neues Rechtssystem zu schaffen, das im Falle eines Krieges dem Schutz der Zivilbevölkerung dienen sollte. Auf zwei Konferenzen einigten sich die Staaten auf ein „Abkommen betreffend der Gesetze und Gebräuche des Landkrieges“, abgekürzt „Haager Landkriegsordnung“, die den Geist des großen Philosophen Immanuel Kants atmet, was wiederum zurückzuführen war auf einen der bedeutendsten Völkerrechtsexperten seiner Zeit, den Deutschbalten Friedrich Frommhold Martens, der damals in russischen Diensten stand. Man wurde sich einig, dass in zukünftigen Kriegen keineswegs alles erlaubt sein sollte. Auf die Zivilbevölkerung gezielte Kriegshandlungen wurden ebenso verboten wie die gewollte Zerstörung von Kulturstätten.

Trotzdem wurde Königsberg durch die auf die Wohnbezirke ebenso wie auf Kulturwerke gerichteten britischen Angriffe vernichtet wie viele andere deutsche Städte auch. Der Autor bemerkt dazu: „Großbritannien, das die Verträge von Den Haag unterzeichnet hatte, kam offenbar im Krieg zu anderen Schlüssen.“

Im Buch werden die Leiden geschildert, denen die Königsberger damals ausgesetzt waren; man hat den Eindruck, dass sowohl im Vorwort der russischen Wissenschaftlerin als auch im Text von Gerfried Horst eine Solidarität der Königsberger beschworen wird – ob sie damals im deutschen oder heute im russischen Königsberg lebten beziehungsweise leben.

Großbritannien plante lange vor Ausbruch des Krieges, in der Annahme, dass dadurch am ehesten der Sieg zu erringen sei, den Luftkrieg gegen die Zivilbevölkerung. So entwickelte man schon ab 1936 viermotorige schwere Langstreckenbomber, ohne die keine Bombenteppiche auf Wohnviertel hätten geworfen werden können. Ausprobiert wurde diese Art der Kriegführung in den britischen Kolonien bei der Niederwerfung von Aufständen der Eingeborenen. Und schon hier tat sich der spätere Luftwaffengeneral „Bomber-Harris“ hervor. Den so gemachten Erfahrungen fiel auch Königsberg zum Opfer. Dass es sich um Terror gegen die Zivilbevölkerung handelte, geht nicht zuletzt daraus hervor, dass keine Kaserne und kein Teil des Königsberger Festungsgürtels angegriffen wurde. Wenige Wochen nach den Angriffen waren die Straßen frei-geräumt. Die Verwaltung funktionierte wieder, wie auch die Strom- und Wasserversorgung. Auswirkungen auf den Kriegsverlauf hatten die Angriffe nicht.

Der Autor zitiert Golo Mann, der die Angriffe auf die Zivilbevölkerung „eine in der Geschichte einzigartige Vernichtungsaktion“ nannte, die auch das Ziel hatte, mit der Zerstörung der historischen Stadtkerne und der großen kulturellen Bauwerke die deutsche kulturelle Identität zu vernichten.

In der Bundesrepublik wird die Erinnerung an eines der größten Völkerrechtsverbrechen von der politischen Korrektheit diktiert. Das macht der Verfasser am Beispiel des unscheinbaren kleinen Denkmals deutlich, das vor einigen Jahren in Hamburg im Zentrum des Feuersturms von 1943 errichtet wurde. Es trägt die verquere Inschrift:

„Die Toten mahnen. Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!“ Danach haben offenbar „die Faschisten“, die es in Deutschland nie gab, die 40000 Toten des „Unternehmens Gomorrha“ zu verantworten und nicht die Briten und Nordamerikaner. Man wagt in der Bundesrepublik immer noch nicht, sie beim Namen zu nennen.

Das in dem russischen Verlag erschienene Buch endet auf Deutsch und Russisch mit der Aufforderung: „Man muss laut und deutlich erklären und in den Schulen unterrichten, dass die Flächenbombardements der britischen und der US-Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg völkerrechtswidrige Verbrechen waren. Wer dies nicht tut, macht sich mitschuldig, wenn sich, etwa mit der Begründung, man kämpfe für Freiheit und Demokratie und gegen ,Schurkenstaaten‘ solche Völkerrechtsverbrechen wiederholen.“    Hans-Joachim von Leesen

„Generalprobe für die Hölle“ kann bei der Buchhandlung „Lotsenviertel“, Schillerstraße 33, 27472 Cuxhaven, Telefon (04721) 38888, Fax (04721) 54395, E-Mail: buchhandlung-lotsenviertel@t-online.de, für 9,90 Euro zuzüglich 2 Euro für Porto und Verpackung bestellt werden. Für eine etwaige Neuauflage bittet Gerfried Horst um die Zusendung von Zeitzeugen-Erinnerungen an folgende Adresse: Gerfried Horst, Ceciliengärten 6, 12159 Berlin.


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