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27.08.11 / »Ohne Parfüm ist kein Tag glücklich« / Wenn in Frankreich der Lavendel geerntet wird – Duftwässer sind nicht nur eine Domäne der Frauen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-11 vom 27. August 2011

»Ohne Parfüm ist kein Tag glücklich«
Wenn in Frankreich der Lavendel geerntet wird – Duftwässer sind nicht nur eine Domäne der Frauen

Seit jeher faszinieren kostbare Duftstoffe die Menschheit, und kaum einer kann sich der Magie von Chanel No. 5, Mitsouko von Guerlain oder Opium von Yves Saint Laurent entziehen.

 Dichter fanden für die Düfte, mit denen sich nicht nur die Damenwelt umgab, einst fantasievolle Namen wie „Himmelshauch“ (Victor Hugo) und schwärmten davon in höchsten Tönen – es sei „sanft wie Oboen“ (Charles Baudelaire). Seit Jahrtausenden verstehen es die Menschen, sich mit Wohlgerüchen zu umgeben. Auch schon in der Antike und im alten Ägypten wuss-ten Frauen mit schönen Düften umzugehen. Die Pharaonin Hatschepsut, die um 1479 vor Christus die Amtsgeschäfte für ihren erst drei Jahre alten Sohn Thutmosis übernahm und bis 1457 mit energischer Hand  regierte, soll sich nicht nur mit einer Aura der Macht umgeben haben. Weihrauch, so vermuten Experten, zählte zu den Duftstoffen ihres Parfums. Was ursprünglich dazu gedacht war, die Götter gnädig zu stimmen, blieb lange Zeit nur den Reichen und Mächtigen vorbehalten. Heute aber sind die feinen Düfte selbst aus den großen Drogerieketten nicht mehr wegzudenken.

Hölzer, Gräser, Gewürze, Blätter und Blüten sind nach wie vor Bestandteile guter Parfüms. Aber auch Ambra (gewonnen aus den Eingeweiden des Pottwals) oder Moschus (aus den Geschlechtsdrüsen des Moschushirsches) gaben und geben den Düften ein exquisites Flair, wenn auch heute meist auf synthetische Weise hergestellt. Übrigens: Das Geheimnis der Herstellung feiner Parfüms wird so streng gehütet wie die Goldreserve eines Staates. Allein fünf Tonnen Rosenblätter benötigt man, um ein Kilogramm ätherisches Öl zu erhalten. Und Rosen sind nur ein Stoff, aus dem die Träume sind.

Wer einmal durch Südfrankreich gereist ist, dem sind die weiten Lavendelfelder und ihr Duft unvergesslich. Die Lebensdauer der Pflanzen kann zehn bis 15 Jahre betragen. Geerntet wird im Juli und August. Ein Hektar „Echter Lavendel“ kann mit zirka 12000 bis 15000 Pflanzen durchschnittlich 15 bis 20 Kilo essenzielles Öl produzieren. Doch nicht nur Lavendelöl wird zur Herstellung von Parfüm verwendet, auch wohlriechende Blüten wie Mairose, Jasmin oder Orange. Im französischen Grasse an der Côte d’Azur kann man verfolgen, wie ein Duftwasser entsteht. Dort hat man sich den Ruf als „Welthauptstadt der Düfte“ durch die vielen traditionellen Parfümhäuser erarbeitet. Von dort kommen so berühmte Parfüms wie Chanel

Nr. 5. Im 17. Jahrhundert war die Stadt vor allem durch das Gerberhandwerk bekannt. Da die gegerbten Handschuhe einen stechenden Eigengeruch aufwiesen, parfümierten die Gerber ihre Ware. Aufgrund der steigenden Nachfrage nach entsprechenden Duftwässern wurde aus dem Nebengewerbe eine eigenständige Profession. Heute kommen beachtliche Touristenströme nach Grasse, um in Parfümfabriken wie Fragonard zu erleben, wie das kostbare Nass entsteht.

Wie aus Blüten Parfüm wird, kann man auch in dem umgebauten und 2008 wieder eröffneten Parfüm-Museum sehen. Auf 3500 Quadratmetern Fläche können die Besucher eine Zeitreise durch die Geschichte des Parfüms unternehmen. Gezeigt werden Sammlungen ägyptischer, griechischer und römischer Objekte, Flakons aus dem 18. und 19. Jahrhundert sowie Reise-utensilien von Marie-Antoinette.

Im Gewächshaus des Museums wachsen verschiedene Parfümpflanzen wie Jasmin, Iris, Lavendel oder Vanille. Dort erfahren Besucher alles über die natürlichen Zutaten für edle Düfte. Das Museum bietet auch einen Workshop, in dem man ein eigenes Parfüm entwerfen kann. Denn wer etwas auf sich hält, der macht es wie die „Promis“ und kreiert sein eigenes Parfüm. Auf www.MyParfuem.de kann jeder selbst zum Parfümeur werden und seinen persönlichen, zum Charakter passenden Duft entwerfen. Aus einer großen Auswahl von 50 Duftkomponenten mit über acht Billiarden (!) Kombinationsmöglichkeiten kann sich jeder ein nahezu garantiertes Unikat schaffen. Die Duftbasen und Zutaten sind dabei so aufeinander abgestimmt, dass bei jeder Parfümkreation ein perfekter Zusammenklang gewährleistet sein und immer ein harmonischer, in sich runder Duft entstehen soll. Der Gründer von MyParfuem, Matti Niebelschütz, hat für den 27. Juni einen besonderen Erinnerungstag ins Leben gerufen. „Der Welttag des Duftes“, so Niebelschütz, „soll dazu anregen, sich der faszinierenden Welt der Düfte bewusst zu werden. Die Menschen sollen einfach einmal die Augen schließen und die zauberhafte Duftwelt bewusst wahrnehmen.“ Allerdings fällt die Auswahl bei dem derzeitigen überwältigenden Angebot äußerst schwer. Oftmals sind es auch die Flakons, die faszinieren. Im Laufe der Zeit sind die Behältnisse selbst zu kleinen Kunstwerken (und Sammlerobjekten) geworden. Von witzig über fragwürdig bis klassisch reichen die Ideen der Gestalter, darunter sind auch so berühmte Modeschöpfer wie Dior oder Chanel oder Künstler wie Dali. Da gibt es eine Glaskugel, die ein goldenes Kreuz krönt (Vivienne Westwood / „Boudoir“) oder den berühmten Frauentorso, den Gaultier immer wieder gern verwendet. Da gibt es die klassische Form von Chanel, von Andy Warhol in seinen berühmten Siebdrucken farbig verfremdet, oder die in der „Poison“-Reihe von Dior immer wieder auftauchende Kugel. Der Japaner Kenzo variiert: einmal die lange, schlanke Form von „Flower“, die eine gemalte Blüte ziert, dann ein Flakon aus geheimnisvoll schimmerndem Milchglas mit blauem Inhalt („Kenzo Air“).  Gucci präsentiert einen Duft in einer knallroten Kassette, die an eine Pocketkamera erinnert, und Calvin Klein lässt ein zierliches Fläschchen in einer Schneekugel schweben. – Wer sagt denn aber, dass es einen besonderen Tag für Parfüm geben muss? Ein echter Liebhaber der schönen Düfte hält sich schließlich an die ägyptische Weisheit: „Ohne Parfüm ist kein Tag glücklich.“           Silke Osman

Foto: Blühende Felder liefern die Grundlage für exquisite Parfüms: Parfümherstellung in Grasse bei Fragonard


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