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27.08.11 / In Familienarchiven recherchiert / Die Schauspielerin und Autorin Marie Theres Kroetz Relin macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-11 vom 27. August 2011

In Familienarchiven recherchiert
Die Schauspielerin und Autorin Marie Theres Kroetz Relin macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube

Kinder von Prominenten müssen sich manchmal erst selbst erfinden, um ebenfalls als Künstler auf Dauer erfolgreich zu bleiben. Mitunter braucht das eine gewisse Zeit wie bei Marie Theres Kroetz Relin, die soeben ihr neuestes Buch „Meine Schells –Eine Familie gesucht und mich gefunden“ vorgelegt hat. Dafür hat sie mehr als vier Jahre lang in den Familienarchiven recherchiert und ist sogar mit einem Zelt in Europa herumgereist, um Gespräche und Interviews zu führen. Vermutlich wird sich auch dieses Werk zu einem Verkaufsschlager entwickeln, denn es hat durchaus seine Qualitäten trotz des flotten, manchmal flapsigen Tonfalls seiner Autorin.

Die Tochter der Filmschauspielerin Maria Schell und des Regisseurs Veit Relin sowie Nichte von Maximilian Schell erhielt 1987 mit 21 Jahren als beste Nachwuchsschauspielerin die Goldene Kamera. Kurz darauf lernte sie den 20 Jahre älteren Theaterautor und Schauspieler Franz Xaver Kroetz („Baby Schimmerlos“ in der TV-Serie „Kir Royal“) kennen und lieben. 1992 wurde geheiratet. Mit 29 Jahren war Kroetz Relin dreifache Mutter, doch ihre Schauspielerinnenkarriere war zu einem vorzeitigen Ende gelangt. Immer stärker litt sie an „Vereinsamung am Herd“ und sorgte sich um ihr „brachliegendes Kreativpotenzial“, wie sie in ihrem Buch bekennt. Geschickt brachte sie sich 2002 als „Hausfrauen-Aktivistin“ wieder ins Gespräch. Kurz darauf startete sie eine zweite Karriere als Buchautorin und erzielte 2006 ihren ersten Bestseller. Im selben Jahr wurde sie nach ihren eigenen Worten „glück-lich geschieden“.  

Das Buch beginnt mit den Erinnerungen der Autorin an die letzten Tage an der Seite ihrer Mutter, die am 26. April 2005 starb. Von manisch-depressiven Schüben geplagt, hatte sich die schwerkranke Maria Schell 1995 nach dem Tod ihrer Mutter Margarethe Schell von Noé in das elterliche Haus auf der Alm in Kärnten zurückgezogen.

Bis zuletzt interessierten sich sensationslüsterne Boulevard-Reporter für das Schicksal der einstmals international preisgekrönten Berühmtheit. Nähe zu ihrer einzigen Tochter hatte Maria Schell selten gesucht, mehr Herzlichkeit brachte sie ihrem Schwiegersohn entgegen.

Kroetz Relin begründet ihre Motivation zur Niederschrift einer Familiengeschichte mit dem tief empfundenen Einschnitt im eigenen Leben durch den Tod ihrer Mutter. Und sie kann wirklich schreiben. Durchweg bedient sie sich eines tagebuchartigen Stils und macht „aus ihrem Herzen keine Mördergrube“. Ihren ein wenig divenhaften Onkel Maximilian Schell konnte sie zu einem Interview bewegen.

Aufschlussreich sind ebenfalls Aufzeichnungen von Maria Schell aus dem Jahr 1971, in denen sie sich unter anderem über amerikanische Schauspielerkollegen geäußert hat. Dabei hat sich Mausi alias Marie Theres die Freiheit genommen, sich mit drolligen oder mokanten Kommentaren einzuschalten, wobei das schwierige Mutter-Tochter-Verhältnis mitschwingt. Auch in den Originaltönen ihrer Vorfahren, die sie in Briefen und Tagebüchern zu Wort kommen lässt, finden sich ihre gefühlsbetonten Einlassungen, was allerdings zunächst gewöhnungsbedürftig ist.

Andererseits ist Marie Theres Kroetz Relin ein durch und durch pragmatischer Mensch, weshalb ihr Projekt auch nie aus dem Ruder läuft. Denn die Idee, eine Mischung aus eigenem Erleben und den Lebensläufen ihrer Ahnen zu schaffen, ist durchaus als eine Art Geniestreich zu bezeichnen. Porträtfotos der Schells, Kroetz und wie sie alle heißen, sind auf dem Stammbaum in den beiden Innenseiten des Einbands abgebildet. So nähert sich die charismatische Chronistin nach und nach der Gegenwart.

Kurz vor Abschluss der Nachforschungen für dieses Buch kam es zu einem dramatischen Zwischenfall, als Kroetz Relins Sohn Ferdinand in der Nähe ihres Wohnhauses auf Teneriffa von einer Klippe stürzte. Glücklicherweise ging alles glimpflich aus. Das ungewöhnliche Buch über eine außerordentliche Familie garantiert dramatische Spannung ebenso wie kurzweilige Unterhaltung, allerdings mit einer Einschränkung: Wer einen ruhigen Erzählfluss bevorzugt, ist mit „Meine Schells“ nicht unbedingt gut beraten. Dagmar Jestrzemski

Marie Theres Kroetz Relin: „Meine Schells. Eine Familie gesucht und mich gefunden“, Langen Müller, München  2011, gebunden, 389 Seiten, 42 Schwarzweißfotos, 19,99 Euro


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