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10.09.11 / »Harte Liebe« für britische Randalierer / Forderung nach drakonischen Strafen geht durch alle gesellschaftlichen und sozialen Schichten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-11 vom 10. September 2011

»Harte Liebe« für britische Randalierer
Forderung nach drakonischen Strafen geht durch alle gesellschaftlichen und sozialen Schichten

Die breite Zustimmung der Briten zu konsequenten Strafen gegen die Plünderer und Brandstifter der jüngsten Aufstände gehen mit deutlichem Misstrauen gegen die Politik einher. Während Europa über die Verhältnismäßigkeit britischen Strafens und die britischen Klassenunterschiede debattiert, geraten die Zuwanderungsprobleme und der Verlust gemeinsamer Werte aus dem Blick­feld.

Erneut bekannte sich der britische Premierminister zu seinem Urteil, die Aufstände illustrierten „den zeitlupenartigen moralischen Zusammenbruch, der in diesen paar jüngsten Generationen in Teilen unseres Landes stattgefunden hat“. David Cameron sieht sich dabei nicht als rechter Hardliner, sondern als „Konservativer mit gesundem Menschenverstand“. Als solcher kritisiert er die britischen Medien, vor allem die BBC, aber auch die Opposition in Gestalt der linken Arbeiterpartei (Labour), weil deren These von der Verantwortungslosigkeit an der Spitze des Staates als möglicher Grund der Aufstände das Verhalten der Plünderer noch entschuldige, so der Premier. Cameron empfiehlt als Gegenmittel „harte Liebe“, also konsequente Strafen für die rund 2770 im Rahmen der Unruhen Verhafteten. „Harte Liebe“ bringt ihm in Großbritannien Zustimmung: In aktuellen Umfragen liegen die Konservativen wieder knapp vor der Arbeiterpartei.

Die Bürger gewähren Cameron aber nur einen sehr schmalen Vorsprung. Vielmehr ist der Ansehensverlust der Arbeiterpartei wegen ihres Umgangs mit den Randalieren zu bemerken. Anders als Labour meinen 71 Prozent der Briten, Randalierer sollten jede staatliche Unterstützung verlieren. Die Umfragen zeigen einen grundlegenden Vertrauensverlust in die Politik: 57 Prozent finden, dass Cameron die Situation nur „schlecht“ bewältigt und 85 Prozent fürchten, dass die Schuldigen ungestraft bleiben. Laut dieser Umfrage des Marktforschungsinstituts „YouGov“ befürworten 90 Prozent den Einsatz von Wasserwerfern, 33 Prozent sogar den scharfer Munition gegen Plünderer und Brandstifter. Britanniens Richter lassen jetzt nur noch 45 Prozent der Verhafteten gegen Kaution frei, wenn ihr Verfahren an ein höheres Gericht verwiesen wurde. Sonst waren es bis zu 90 Prozent. Die Botschaft ist klar: Wer plündert, kommt zumindest in Untersuchungshaft. Manche Richter betonen, ihre Urteile müssten „außerhalb des normalen Kontextes von Kriminalität“ stehen, so Richter Andrew Gilbart aus Manchester – schließlich hätten die Taten nicht isoliert stattgefunden.

In Deutschland stößt solche „harte Liebe“ bei den Leitmedien auf Ablehnung: „Angestachelt von Premier Cameron verhängen Großbritanniens Richter drakonische Strafen“, titelt „Die Zeit“ und empört sich: „Selbst bei der Unterschicht kommt das gut an.“ Der „Tagesspiegel“ spricht gar von „drakonischer Krawalljustiz“. Das Blatt erregt sich über die Verurteilung zweier Männer, die über ein soziales Netzwerk im Internet zu Krawallen aufgerufen hatten und dafür zu vier Jahren Haft verurteilt wurden, obwohl doch niemand ihrem Aufruf gefolgt sei. Der Fall eines Elfjährigen, der beim Stehlen eines Mülleimers im Wert von 55 Euro aus einem Laden mit bereits eingeschlagenen Scheiben erwischt wurde, ging ebenfalls durch die Medien, vor allem weil der Junge eine 18-monatige Bewährungsstrafe erhielt. In Deutschland wäre er erst mit 14 Jahren strafmündig, die Polizei hätte sein Vergehen hier bestenfalls zu den Akten genommen und ein Familiengericht höchstens erzieherisch auf ihn eingewirkt. Die britischen Richter bezogen jedoch in ihr Urteil ein, dass der Junge, Tage bevor er auf frischer Tat ertappt wurde, bereits mit einem Messer die Sitze eines Busses aufgeschlitzt hatte und sie in Brand setzen wollte. Früh erklärten deutsche Politiker wie Kriminalitätsforscher und das Gros der Medien soziale Gegensätze Britanniens zur Ursache solcher Gewalt.

Doch die nun sichtbare breite Zustimmung der Briten zu rechtsstaatlicher Konsequenz, die sie unabhängig von eigenem Einkommen oder Bildung erteilen, straft diese Erklärungsmuster Lügen. Das zu Tage tretende Zuwandererproblem blenden die deutschen Medien ohnehin weitgehend aus. So bilanziert „Deutschlandradio“, „dass die Law-and-Order-Politik in der Vergangenheit nicht sonderlich erfolgreich war in Großbritannien“. Härtere Strafen und eine allgemeine Zunahme der Häftlingszahlen hätten in den letzten 15 Jahren nicht abschreckend gewirkt. Dass in derselben Zeit ein massiver Bevölkerungsaustausch gerade in den jetzigen Unruhevierteln stattgefunden hat, bleibt unerwähnt. Wie sehr dieser Wandel die Briten erschreckt, zeigte Komödiant John Cleese (Monty Python). Der bekennende Liberaldemokrat erklärte, London sei „nicht länger eine englische Stadt“ und er fühle sich dort nicht mehr zuhause. Die Stadt habe keine „parent culture“ mehr, ein im Englischen noch neuer Begriff, in dem die deutsche „Leitkultur“ anklingt. Deren Wiederaufleben in einer europäischen Debatte gilt es jetzt seitens Europas politischer Linker zu verhindern. Tatsächlich ist statistisch jeder dritte Bewohner Londons nicht mehr im Vereinigten Königreich geboren. Entgegen den Ankündigungen der Regierung, die Einwanderung auf unter 100000 im Jahr zu senken, steigt sie weiter, und zwar um 21 Prozent auf 239000 (2010). Solche Zuwachsraten gehen erst seit Kurzem auf das Konto zugewanderter EU-Bürger.    Sverre Gutschmidt


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