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10.09.11 / Gleichstrom, Wackelstrom / Energiewende gefährdet Versorgungssicherheit – Neue Leitungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-11 vom 10. September 2011

Gleichstrom, Wackelstrom
Energiewende gefährdet Versorgungssicherheit – Neue Leitungen

Die Waschmaschine zur Mittagszeit anschalten, weil es gerade so gut passt. Staub zu saugen und zu bügeln, während auf dem Herd die Kartoffeln kochen. Wir alle sind daran gewöhnt, Elektrizität verwenden zu können, wann und in welcher Menge wir wollen. Aus Kern- und Kohlekraftwerken kam der Strom bislang konstant und störungsfrei über die Steckdose ins Haus. Doch die ohne Not angestrebte „Energiewende“ könnte ruinieren, was bisher wie selbstverständlich funktionierte.

Elektrischer Strom aus Windkraft soll zum Rückgrat der deutschen Elektrizitätsversorgung werden, ergänzt durch Solarenergie. Der Haken dabei: Strom aus diesen Energiequellen fällt nicht gleichmäßig an, sodass es zu schwankenden Einspeisungen in die Leitungsnetze kommt, die dafür nicht ausgelegt sind. Spitzen mit extrem starken Abgaben stehen Perioden mit Stromflauten gegenüber. Dieses Viel und Wenig gilt es jeweils rechtzeitig auszugleichen. „Das Netz muss intelligenter werden“, sagt Thomas Gößmann, Technikvorstand der ENBW Regional-AG, des größten Verteilnetzbetreibers in Baden-Württemberg. Es müsse auf Einspeisungsschwankungen schnell reagieren können.

Intelligent sollen künftig nicht nur die Netze sein, sondern auch die Stromkunden müssen mit Köpfchen waschen und bügeln: Experten tüfteln an einem Messgerät für Zuhause. Dessen Display informiert darüber, ob gerade viel Strom im Netz ist.

Damit die Energiewende funktionieren kann, müssen Tausende Kilometer neue Stromtrassen quer durchs Land gebaut werden: Überlandleitungen und Verteilnetze vor Ort – ein wenig umweltfreundlicher Aspekt des ökologischen Umbaus der Energieversorgung. Der Strom aus Windkraft wird vor allem in den vergleichsweise dünn besiedelten Regionen Nord- und Mitteldeutschlands produziert mit Brandenburg als Vorreiter. In einigen Jahren können zudem riesige Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee ans Netz gehen. Doch verbraucht wird der Strom in den Ballungsräumen des Südwestens der Republik: im Ruhrgebiet und in den Industrieländern Bayern und Baden-Württemberg.

Für den Transport des Windstroms sind Höchstleistungsnetze notwendig, die Stromspitzen aushalten. Doch deren Ausbau hechelt der bereits vorhandenen Kapazität der Windkraftanlagen hinterher. Schon heute müssten Windradbetreiber an jedem zweiten Tag gegensteuern, um die Stabilität der Netze im Gleichgewicht zu halten, weiß Professor Harald Schwarz vom Lehrstuhl Energieverteilung der Technischen Universität Cottbus. Nach der „Netzstudie“ seiner Hochschule werden allein in Brandenburg bis zum Ende des Jahrzehnts 2100 Kilometer neue Hochspannungsleitungen benötigt.

Über den bundesweiten Bedarf an neuen Stromtrassen wegen der politisch gewollten Energiewende kursieren verschiedene Zahlen. Die Deutsche Energie-Agentur (Dena) und die Bundesnetzagentur avisieren den Neubau von 4400 Kilometern. Der Bundesverband Erneuerbare Energien geht von 800 bis 900 Kilometern neuer Leitungen aus und hält höhere Berechnungen für „Abschreckungsargumentation“. Wo genau die Trassen verlaufen sollen, ist noch völlig offen.   CR


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