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10.09.11 / Glückloser Ermattungsstratege / Preußens Kriegsminister und Generalstabschef Erich

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-11 vom 10. September 2011

Glückloser Ermattungsstratege
Preußens Kriegsminister und Generalstabschef Erich von Falkenhayn setzte 1916 in Verdun die »Blutpumpe« an

Winston Churchill hielt sehr viel von ihm: Erich von Falkenhayn sei der weitaus fähigste deutsche General des Ersten Weltkrieges gewesen. Im eigenen Land hingegen wurde der „fähigste General“ weniger geschätzt, was seine Ursache darin hat, dass er die militärischen Möglichkeiten der Mittelmächte, insbesondere Deutschlands, bereits wenige Wochen nach Kriegsbeginn wesentlich pessimistischer beurteilte als andere führende Militärs und Politiker. Von maßgeblichen Positionen nach und nach verdrängt, stellte sich der Erste Weltkrieg für Erich von Falkenhayn als fast kontinuierlicher Karriereabstieg dar.

Zur Welt gekommen ist Erich von Falkenhayn am 11. September 1861 auf Burg Belchau im westpreußischen Landkreis Graudenz. Für den Weg zweier seiner Brüder ist die unmittelbare Nähe zur Familie Wilhelms II. kennzeichnend, Eugen war unter anderem Oberhofmeister von Kaiserin Auguste Viktoria, Arthur der politische Erzieher des Kronprinzen Wilhelm. Die in der Vorkriegszeit äußerst erfolgreiche Laufbahn Erich von Falkenhayns wurde im Juli 1913 mit der Ernennung zum preußischen Kriegsminister gekrönt.

Aufgrund seiner herausragenden Fähigkeiten war es ihm möglich gewesen, die dreijährige Kriegsakademieausbildung zu absolvieren, 1893 war die Versetzung zum Großen Generalstab erfolgt. Etwas überraschend hatte er sich im Jahr 1896 beurlauben lassen, um als Militärberater nach China zu gehen. Nach Errichtung des Flottenstützpunktes Kiautschou war er in den Dienst des deutschen Gouvernements getreten und im März 1899 wieder in die preußische Armee übernommen worden. Beteiligt war Falkenhayn unter anderem an der Niederschlagung des Box­eraufstandes. Während seiner Tätigkeit in China fiel er dem Prinzen Heinrich und Kaiser Wilhelm II. auf. Beide förderten den raschen Aufstieg des fähigen Offiziers. Nach seiner Rück­kehr nach Deutschland gehörte er bis 1913 vor allem dem Truppengeneralstab an. Von den anderweitigen Verwendungen ist die Stellung als Regimentskommandeur beim 4. Garderegiment zu Fuß besonders erwähnenswert, stellte dies doch für einen Nichtgardisten eine auffallende Bevorzugung dar.

Als Minister wurde er vor allem für sein scharfes Auftreten im Parlament wahrgenommen, etwa wenn er im Zusammenhang mit der Zabern-Affäre das Verhalten des Militärs massiv verteidigte. Hervorzuheben ist jedoch auch seine Arbeit an der Durchführung der Heeresreform, auch wenn diese durch den Kriegsausbruch schließlich überholt wurde.

Als preußischer Kriegsminister nahm er natürlich an den entscheidenden Beratungen im Juli 1914 teil und hatte bereits frühzeitig vorsorgliche Kriegsvorbereitungen gefordert, allerdings ohne Erfolg. Bereits ab August 1914 als Nachfolger des zur Labilität neigenden Generalstabschefs Helmuth von Moltke („Moltke d.J.“) aufgebaut, übernahm er diese Position am 14. September 1914, nach der Marneschlacht. Als mit der Ersten Flandernschlacht ein weiterer Versuch gescheitert war, im Westen einen Erfolg zu erringen, kam Falkenhayn endgültig zu der Überzeugung, dass aufgrund fehlender Kräfte ein entscheidender Sieg weder im Osten noch im Westen zu erringen sei. Seine weiteren Entscheidungen sind vor diesem Hintergrund zu sehen. Er setzte auf eine „Durchhalte-“ beziehungsweise „Ermattungsstrategie“, um den Boden für einen Verhandlungsfrieden zu bereiten. Der schwankende Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg fand an einem derartigen Handeln wenig Gefallen. Völlig konträr standen Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff dieser Einstellung gegenüber. Beide gaben sich von der Unmöglichkeit eines Verhandlungsfriedens überzeugt und glaubten an den unbedingten Vernichtungswillen der Feindmächte.

Zwar wurde Falkenhayn im Januar 1915 als preußischer Kriegsminister abgelöst, konnte sich aber als Generalstabschef zunächst behaupten. Einsame und „undurchdringliche“ Entschlüsse waren charakteristisch für ihn, ein Vertrauensverhältnis verband ihn weder mit dem Reichskanzler noch mit dem österreichisch-ungarischen Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf. Die militärischen Erfolge des Jahres 1915 hoben Falkenhayns Ansehen noch einmal erheblich. Vor allem die Schlacht von Gorlice-Tarnów im Mai jenes Jahres brachte eine Entlastung, die russischen Truppen muss­ten sich unter großen Verlusten zurückziehen. Falkenhayn machte sich für einen Separatfrieden stark, die zaristische Regierung lehnte dies jedoch ab.

Eng verbunden ist der Name Falkenhayn mit der sogenannten „Blutpumpe“ oder „Knochenmühle“ von Verdun. Ziel des Angriffs auf die französische Festung im Februar 1916 war nicht ein Sieg, an dessen Möglichkeit Falkenhayn ohnehin nicht glaubte, sondern allein die Schwächung des Gegners, der friedensbereit gemacht werden sollte, auch unter Inkaufnahme großer eigener Verluste. Bekanntlich lief sich das Ganze fest, ohne dass sich der gewünschte Erfolg einstellte.

Insgesamt sank das Prestige Falkenhayns, vor allem nach dem „Allfrontenangriff“ der Gegner vom Juli 1916 mit Brussilowoffensive, Sommeschlacht und Isonzoangriff, obwohl zumindest die deutsche Abwehrstrategie erfolgreich war. So urteilt der Falkenhayn-Kenner Holger Afflerbach, der als positiven Aspekt der Amtszeit Falkenhayns zudem festhält, dieser habe auf uferlose Annex­i­onspläne verzichtet und ein politisches Kriegsende befürwortet.

Halten konnte sich Falkenhayn nicht, er wurde am 29. August 1916 abberufen und durch Hindenburg und Ludendorff ersetzt. Erfolgreich führte der ehemalige Generalstabschef ab September 1916 die 9. Armee gegen Rumänien. 1917 übernahm der die Heeresgruppe F im Nahen Osten. Hier ist vor allem sein Einsatz für die Verhinderung der von der türkischen Regierung geplanten Zwangsumsiedlung aller Juden aus Palästina zu würdigen.

Die 10. Armee in Weißrussland sollte Falkenhayns letztes Kommando sein, hier stellten sich aber vorwiegend nur noch Verwaltungsaufgaben. 1919 aus gesundheitlichen Gründen verabschiedet, zog er sich auf Schloss Lindstedt bei Potsdam zurück, schrieb seine Erinnerungen und starb bereits am 8. April 1922. Erik Lommatzsch


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