26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
10.09.11 / Sie sind reif für die Kapsel / Mit dem Taxi zum Mond – Weltraum-Tourismus als neuer Kick für die Superreichen und Abenteuerlustigen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-11 vom 10. September 2011

Sie sind reif für die Kapsel
Mit dem Taxi zum Mond – Weltraum-Tourismus als neuer Kick für die Superreichen und Abenteuerlustigen

Großraumtaxi zum Mond, Doppelzimmer im erdnahen All, Umrundung des Roten Planeten. Was einst Zukunftsvision und Gegenstand von Science-Fiction-Romanen war, rückt zu Beginn des 21. Jahrhunderts in greifbare Nähe. Schon jetzt wagen sich nicht nur Kosmonauten, Astronauten und Taikonauten (chinesisch für Astronaut), sondern auch private, wohlhabende Erdenbürger in die luftleeren Weiten des Weltraums, geben dafür – wie etwa der US-Millionär Dennis Tito, der Südafrikaner Mark Shuttleworth, der Amerikaner Greg Olson, die aus Persien stammende US-Amerikanerin Anousheh Ansari und der aus Ungarn stammende US-Bürger Charles Simony – rund 20 Millionen Dollar aus, nur um mit einer russischen Sojuskapsel zur Weltraumstation ISS (International Space Station) zu flitzen und von dort auf den blauen Planeten zu starren.

Tourismusexperten prophezeien der neuen Branche eine blendende Zukunft. Das für 2021 prognostizierte Umsatzvolumen liegt bei 700 Millionen Dollar, die Zahl der All-Urlauber bei 14000. Die Preise für einen Flug könnten dann soweit sinken, dass auch der gehobene Mittelstand in die Luft geht. 

Nach russischen Angaben sollen sich für solche Extrem-Tripps bereits Warteschlangen gebildet haben, darunter millionenschwere Popstars und bekannte Schauspieler. Die ISS allerdings kann jeweils nur einen zahlenden Gast an Bord nehmen und so basteln die Pioniere des Geschäfts, weltweit gestützt auf 20 interessierte Unternehmen, bereits an mehreren rein kommerziellen Projekten:

So planen die Russen für 2016 in rund 350 Kilometer Höhe ein Weltraumhotel mit vier Doppelzimmern und stellten im August ein Modell auf der Moskauer Luft- und Raumfahrtmesse aus. Der Name: CSS, Commercial Space Station. Das Unternehmen für solche Abenteuer heißt Roskosmos und es plant schon heute Flüge um den Mond und den Mars herum – ein ehrgeiziges Projekt, das Moskau weiterhin die Spitzenstellung sichern soll. So engagieren sich die britischen Unternehmer Burt Rutan und Richard Branson mit der Firma Virgin Galactic beim Bau des Raumschiffs SpaceShipOne und SpaceShipTwo für den Weltraumtourismus. Fünf Raumtrans-porter beträgt die Startauflage, die Kosten für einen Weltraumflug rund um den blauen Erdball werden derzeit mit etwa 200000 Dollar veranschlagt. Es sollen schon 40000 Kunden aus 126 Ländern auf der Warteliste stehen, darunter ein Bertelsmann-Manager.  Auch Space Adventures hat mit Unterstützung der muslimischen Ansari-Familie in Russland die Entwicklung eines kommerziellen Raumgleiters mit Namen Explorer für fünf Passagiere in Auftrag gegeben. Die US-Firmen Rocketplane und Planetspace kündigten ebenfalls Aktivitäten an.

 So wurde für Virgin Galactic in der Wüste von Neu Mexiko mit dem futuristisch anmutenden Space-Port der erste private Weltraumbahnhof errichtet (Tito startete noch vom russischen Baikonur). Das Emirat Dubai will einen Raumflughafen für Kurzflüge ins All bauen. In Konkurrenz dazu steht ein ähnliches Projekt in Singapur.

An der Keio-Universität im japanischen Yokohama werden schon jetzt Vorlesungen über den künftigen Weltraumtourismus mit dem Ziel abgehalten, einen Arbeitsplatz in einem der 20 Unternehmen zu ergattern, die derzeit weltweit an dem neuen Urlaubszweig basteln. Auch die US-Regierung fördert private Raumflug-Initiativen, da sie sich positive Auswirkungen auf die Kosten ihrer Nasa-Missionen ausrechnet. Beispielsweise  könnte die sogenannte „Dragon“-Kapsel von SpaceX mit der Trägerrakete Falcon 9 die veralteten Space-Shuttles ablösen. Für neue, weiterentwickelte Raumgleiter fehlt der Regierung allerdings das Geld.

Weniger Betuchte können sich schon für etwa 10000 Dollar einen sogenannten Parabelflug gönnen und für zwölf Sekunden das Gefühl der Schwerelosigkeit erleben. Mediziner warnen bereits davor, da rund 70 Prozent der Flugreisenden an der sogenannten Weltraumkrankheit leiden und sich übergeben würden. Ein Trainingsprogramm kostet 5000 Dollar.

Der ganz kleine Mann kann ins belgische Space Camp gehen oder in die Raumfahrtausstellung Vogtland und sich in Simulatoren oder beim Bestaunen von „Reliquien“ wie John Glenns Weltraumhandschuh in die Rolle der All-Eroberer versetzen lassen. So vermeiden sie auch das noch geltende statistische Risiko, wonach auf 300 bemannte Starts ins All ein tödlicher Absturz kommt. Joachim Feyerabend


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabobestellen Registrieren