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10.09.11 / Mäßig spaßig / OB Ude mal satirisch

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-11 vom 10. September 2011

Mäßig spaßig
OB Ude mal satirisch

Die Sammlung von 45 Polit-Persiflagen vom langjährigen Münchener Oberbürgermeister Christian Ude trägt den Titel „Mein Pinselohrschwein und andere große Tiere“. Die gerade noch glimpflich ausgegangene Titelgeschichte um das Pinselohrschwein mit Namen Frau Nagel, ein Publikumsliebling im Zoo Hellabrunn, ist mit einem witzigen Bild garniert, das eine kämpferisch dreinblickende Frau Nagel kurz vor ihrem „infamen Angriff“ auf den Bürgermeister zeigt, der im Begriff ist, die Flucht anzutreten. Tatsächlich war die unerwartete Attacke des afrikanischen Wildschweins mit den ausschweifenden Ohren gar nicht spaßig; Ude kam nur aufgrund der beherzten Intervention eines Tierpflegers mit einigen Blessuren davon. Warum es überhaupt zu diesem Vorfall kam: In München war die Diskussion über den Verbleib oder, alternativ, den Umzug eines Hippo-Pärchens aus Hellabrunn nach Südamerika längere Zeit ein Politikum. Sogar der Bayerische Landtag beschäftigte sich mit dem Thema. Natürlich ging es dabei auch um die Größe der Gehege im Allgemeinen. In diesem Zusammenhang wurde der Oberbürgermeister vom politischen Gegner bezichtigt, für „sein Pinselohrschwein“ größeren Wohnraum im Elefantenhaus durchsetzen zu wollen. Da dieser bis dato von der Rasse der Pinselohrschweine überhaupt nichts gewusst hatte, wollte er seinen angeblichen Liebling doch einmal persönlich zu Gesicht bekommen.

Nicht alle Satiren sind so komisch wie diese, doch durchweg sind es harmlose, ein bisschen verrückte Possen über München und die Münchener, die hier zum Besten gegeben werden, weshalb Nordlichter sich darin kaum wiederfinden werden, auch wenn Autor und Verlag dies sicherlich bedauern. Mehrfach geht es dabei um das Radfahren. „Sagt mir, wo die Radler sind!“ Dieser Ausruf kommt einer erschütternden Bilanz über die fast völlige Abkehr vom Rad als Verkehrsmittel in chinesischen Großstädten gleich. Vier-, fünf-, ja sechsspurige Stadtautobahnen, Kreuzungen in mehreren Ebenen übereinander hat Christian Ude, der bekennende Radfahrer, bei seinen letzten China-Reisen gesehen. Vergnügt radelnd fragt er sich, wie lange das gut gehen wird –  während der Leser weniger amüsiert ist. Die soziale Problematik gehört ja irgendwie auch zum Repertoire des „Roten Radlers“, daher führte wohl kein Weg daran vorbei. So gibt es also einen „Dialog mit dem Prekariat“, der allerdings auch von einem der vielen Fernseh-Comedians ersonnen sein könnte. In „Himmel und Hölle“ bezieht sich Ude auf Ereignisse wie abgesagte Termine und im Gegensatz dazu auf einen ganz fürchterlichen Ort, zu dem er einmal hinabsteigen musste: Eine Herausforderung ganz besonderer Art war für ihn „eine Dreifachturnhalle aus den 60ern, neonbeleuchtet. Einige Hundert Rentner sind zur Bürgerversammlung erschienen, sie sehen sehr müde aus und noch missgelaunter“. „Klassiker des Bürgerprotests“ wie Klagen über Hundekot und den Durchgangsverkehr wurden in endloser Reihenfolge abgehandelt. Aber bitte, als Oberbürgermeister hat man doch im Gegensatz zu einem gewöhnlichen Lokalpolitiker höchst selten Anwesenheitspflicht bei solchen Veranstaltungen. Diese Gewissheit müsste doch eigentlich die Tortur deutlich gelindert haben? Dagmar Jestrzemski

Christian Ude: „Mein Pinselohrschwein und andere große Tiere“, Piper, München 2011, gebunden, 204 Seiten, 14,95 Euro.


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