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17.09.11 / Letztlich nur populäre Beruhigungspille / CSU bietet klare Analyse der Euro-Krise, doch Schlüsse zieht sie aus den Erkenntnissen nicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-11 vom 17. September 2011

Letztlich nur populäre Beruhigungspille
CSU bietet klare Analyse der Euro-Krise, doch Schlüsse zieht sie aus den Erkenntnissen nicht

Im gesammelten Chor der eifrigen Euro-Retter präsentiert sich CSU-Chef Horst Seehofer als einzige Bass-Stimme. Doch wie viel politische Substanz steckt im Münchner Dröhnen? Will die CSU der Kanzlerin überhaupt Einhalt gebieten? Bei näherem Hinsehen wirkt das zweifelhaft.

Vom geballten einstigen Wirtschafts-Sachverstand der CDU scheint vor lauter Euro-Rettung nichts mehr übrig geblieben zu sein: Roland Koch und Friedrich Merz haben sich in die Privatwirtschaft abgeseilt, Günther Oettinger und Wolfgang Schäuble sind fest in die Riege der Euro-Retter eingespannt, Jürgen Stark hat als ordnungspolitisches und Geldwert-Gewissen der EZB vor der Unvernunft kapituliert. Nur der gestandene CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach und ganz wenige Getreue mucken noch gegen die geplante Ausweitung des Euro-Rettungsschirms auf. Vor dem Hintergrund der milliardenteuren Eurorettungshysterie der CDU wirkt es schon tröstlich, was CSU-Chef Horst Seehofer in München von sich gibt: „Wir werden nicht schleichend ein Europa als Schuldenunion begleiten. Da ist für uns eine rote Linie überschritten.“ Die CSU sei zwar „die Partei Europas, aber wir sind auch die Partei der Geldwertstabilität“.

In Sachen Griechenland äußerte sich Seehofer mit einem derzeit bemerkenswerten Realismus: Wenn die Troika aus EZB, IWF und EU-Kommission in Athen endgültig feststelle, dass Griechenland die Bedingungen für neue Kredite nicht erfüllt, werde die nächste Tranche der Griechenland-Hilfen eben nicht ausgezahlt. Die Möglichkeiten Athens danach seien „relativ klar, überschaubar“, sagte Seehofer – das Wort „Staatsbankrott“ nahm er zwar nicht in den Mund, meinte es aber. Darin traf er sich dieser Tage übrigens mit FDP-Chef Philipp Rösler. Seehofer betonte, der geordnete Weg, also dass sich Athen mit europäischer Hilfe irgendwie aus dem Schuldensumpf befreit, sei ihm zwar lieber. Aber das könne nicht heißen: Ihr könnt tun, was ihr wollt, und wir zahlen es.

„Euro-Staaten, die sich nicht an die gemeinsamen Regeln der Haushaltsdisziplin halten und dadurch sich und die Währungsunion in Schwierigkeiten bringen, müssen damit rechnen, die Währungsunion verlassen zu müssen“, fordert ein europapolitisches Grundsatzpapier, das der CSU-Vorstand in München einstimmig beschlossen hat. Das würde mithin einen Zwangsausschluss Griechenlands aus dem Euro bedeuten. Allerdings soll laut CSU den ausgeschlossenen Staaten als EU-Ländern bei der finanziellen Restrukturierung geholfen werden.

Eindeutig lehnt die CSU – im Gleichklang mit dem Bundesverfassungsgericht – die von SPD und Grünen geforderten Euro-Bonds ab, die eine endgültige Vergemeinschaftung der Euro-Länder-Schulden bedeuten würden. Eine einheitliche EU-Wirtschaftsregierung lehnt die CSU ab, sehr wohl befürwortet sie aber eine Koordinierung der nationalen Wirtschaftspolitik.

Eindeutig weist die CSU der rot-grünen Regierung Gerhard Schröder die Verantwortung für die fatale Aufnahme Griechenlands in die Euro-Zone zu – trotz der damals bereits bekannten Athener Haushaltstricksereien. Auch habe Rot-Grün nebst Frankreich Schuld daran, dass der Euro-Stabilitäts-pakt von Theo Waigel bislang 97-mal gebrochen wurde. Sehr hellsichtig verortet die CSU den Kern der momentanen Euro-Krise in der jahrelangen Hyperverschuldungspolitik einzelner Euro-Länder. Der Euro an sich mit seinen (etwa für griechische Verhältnisse sensationell) niedrigen Zinsen hat hier ein Übriges getan, auch das erkennt die CSU.

Doch was folgt aus dieser ziemlich klaren Analyse an politischem Handeln? Das ist der Knackpunkt. Die CSU jedenfalls ist weit davon entfernt, die von Angela Merkel geplante Ausweitung des Euro-Rettungsschirms im Bundestag platzen zu lassen. Es ist auch nichts davon bekannt, dass Seehofer trotz seines von ihm immer wieder gerühmten guten Verhältnisses zu Merkel („Wir telefonieren fast täglich miteinander“) dieser bei der hysterischen und teuren Euro-Retterei in den Arm gefallen wäre. Es heißt auch ausdrücklich in dem Papier, die CSU unterstütze Merkel „in ihrem Einsatz für die Wahrung deutscher Interessen“, vor allem bei der „europaweiten Verankerung einer Schuldenbremse nach deutschem Vorbild bei den Mitgliedstaaten“, die Merkel mit Sarkozy vereinbart habe, sowie bei der Koordinierung der EU-Wirtschaftspolitik und der Einführung einer Finanztransaktionssteuer.

Mehr noch: Die CSU-Führung ruft ihre Parlamentarier im Endeffekt indirekt dazu auf, der Ausweitung des Rettungsschirms im Bundestag zuzustimmen. Zumindest rhetorisch stellt sie nämlich einen Zusammenhang her zwischen der neuen Rettungsschirm-Konstruktion und der Möglichkeit, etwa Griechenland schärfer an die Kandare zu nehmen.

Also nochmals insgesamt 109 Milliarden Euro Kredite geben, um Griechenland fiskalisch packen zu können? Ein hoher Preis. Auch die Rauswurf-Rhetorik wirkt letztlich wie eine populäre Beruhigungspille. Denn die Euro-Verträge sehen weder eine Staatsinsolvenz noch einen Rauswurf vor. Doch von derlei Einwänden lässt sich Seehofer nicht bremsen: „Wir sind hier kein juristisches Seminar, sondern eine politische Vereinigung.“ Bemerkenswert immerhin, dass die CSU die erhebliche Unruhe in der Bevölkerung wenigstens wahrnimmt und darauf reagiert – im Gegensatz zur Kanzlerin und der CDU. Auch wenn die CSU den mit Volldampf in den Abgrund rasenden Euro-Rettungszug nicht stoppen kann oder will. Seehofers abschließende Einlassung hierzu: „Wir haben nur die Wahl zwischen verschiedenen sehr schwierigen Entscheidungen. Es gibt keinen Königsweg.“ Anton Heinrich


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