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01.10.11 / Neuer Zankapfel / Öl- und Gasfunde südlich von Zypern wecken Ankaras Begehren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-11 vom 01. Oktober 2011

Neuer Zankapfel
Öl- und Gasfunde südlich von Zypern wecken Ankaras Begehren

Zur Förderung der Bodenschätze hat Südzypern sich bereits Verbündete gesucht und er hofft auf baldige Gewinne. Nordzypern ist hiervon jedoch ausgeschlossen, was auch die Türkei verstimmt.

Kommt die Frage auf, in welchem EU-Staat ein langjähriger Generalsekretär einer kommunistischen Partei Regierungschef ist, wird man nur selten eine korrekte Antwort hören. Es ist Zypern, an dessen Spitze seit 2008 Dimitris Christofias, ein bekennender Marxist, sowohl Regierungschef und – als weitere zypriotische Besonderheit – auch Staatschef ist. Die von Christofias angestrebte Wiedervereinigung Zyperns, das seit der türkischen Invasion im Jahr 1974 geteilt ist, konnte trotz starker Bemühungen nicht erreicht werden. Christofias kann dennoch Erfolge vorweisen: Sowohl mit dem Libanon als auch mit Ägypten konnte eine Einigung über bisher umstrittene Seegebiete erzielt werden. Im Dezember 2010 ist Zypern auch eine Verständigung über seine Seegrenzen mit Israel geglückt. Der entsprechende Vertrag erntete Protest von Seiten der Türkei, wurde aber umgehend von der EU als auch der USA anerkannt.

Verständlich wird die Bedeutung der Verträge erst vor dem Hintergrund von Öl- und Gasfunden, die seit einiger Zeit in der Region gemacht wurden. Im Juni 2010 wurde in einem Seegebiet 130 Kilometer westlich von Haifa durch ein Konsortium israelischer und US-amerikanischer Firmen das sogenannte Leviathan-Gasfeld entdeckt. Das Gebiet gilt mittlerweile als die größte im letzten Jahrzehnt entdeckte Gas-Lagerstätte weltweit, vermutet werden 3,5 Billionen Kubikmeter Erdgas. In unmittelbarer Nähe dieser israelischen Lagerstätte schließt sich ein Gebiet an, das nun durch den Vertrag mit Israel durch Zypern genutzt werden kann. Dort werden nach bisherigen Schätzungen 280 Milliarden Kubikmeter Gas vermutet.

Dass im Seegebiet um Zypern mit Erdgas-Lagerstätten zu rechnen ist, war spätestens seit 2007 nach erfolgreichen Probebohrungen bekannt. Verärgert über die Entwicklung in der Region reagiert die Türkei: Zum einen ist der völkerrechtlich nur von Ankara anerkannte türkisch besiedelte Teil Nordzyperns an der Entwicklung nicht beteiligt, zum anderen wird Plänen der Türkei, einflussreicher Verteilungsknoten für Gaslieferungen von Zentralasien in den We-sten zu werden, zunehmend die wirtschaftliche Basis entzogen.

Mehr als die Vorgänge um den Durchbruch der Gaza-Blockade im Mai 2010 durch türkische Aktivisten dürfte die Entwicklung um Zypern einen Anteil daran haben, das die einstige strategische Partnerschaft der Türkei und Israels nur noch Makulatur ist. Im Rückblick könnte sich der 6. September 2011 als Zäsur herausstellen. An diesem Tag hat der griechische Verteidigungsminister Panos Beglitis in Israel ein militärisches Kooperationsabkommen abgeschlossen, das die Nutzung griechischen Basen in der Ägäis durch die israelische Luftwaffe und den wechselseitigen Austausch von Geheimdienstinformationen regelt. Dem Militärjournal „Janes Defense Weekly“ zufolge dürfte die griechisch-israelische Zusammenarbeit zur Verärgerung der Türkei auch in der Vergangenheit bereits intensiver gewesen sein, als bisher bekannt. Im Jahr 2009 hat die israelische Luftwaffe bereits auf Kreta Manöver durchgeführt. Noch vor kurzem hat das pleitebedrohte Griechenland Fernsteuerungen für Fliegerbomben in Israel gekauft.

Weiter verschlechtern könnten sich die türkisch-israelischen Beziehungen bereits in nächster Zeit. Seit dem 14. September wird unter Drohungen des türkischen Außenministers eine Bohrplattform vom israelischen Haifa in zypriotische Gewässer überführt.

Die Entscheidung der Regierung in Nikosia, die einflussreichen Firmen Nobel Energy aus den USA und Delek aus Israel, die bereits vor der israelischen Küste federführend im Erdgasgeschäft sind, auch bei der Erschließung der Lagerstätten vor Zypern zu beteiligen, könnte sich im Hinblick auf die Türkei als geschickter Schachzug erweisen. Norman Hanert


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