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01.10.11 / Tradition vor dem Aus / Ende September fand in Barcelona der letzte Stierkampf statt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-11 vom 01. Oktober 2011

Tradition vor dem Aus
Ende September fand in Barcelona der letzte Stierkampf statt

War es ein erneutes Beispiel für den eigenwilligen Sonderweg, den die Katalanen häufig beschreiten, als sie für die Abschaffung des Stierkampfes in ihrem Hoheitsbereich votierten? Wie auch immer, am 25. September war der Termin, an dem Kataloniens Stierkampf-Begeisterte letztmalig die Gelegenheit hatten, einer „Corrida“ beizuwohnen.

Die Lager der „Aficionados“ und der Tierschützer stehen sich unversöhnlicher denn je zuvor gegenüber. Aber während des Sommers brach sich das aufgeheizte Klima zwischen den Kontrahenten in bis dato nicht gekannter Militanz Bahn. Barcelona erlebte tumultartige Szenen, als es zu Handgreiflichkeiten zwischen den sich feindlich gesonnenen Partien kam. Erst auf den Plan gerufene Ordnungskräfte vermochten aufgebrachte Befürworter und Gegner zu trennen.

Aber auch außerhalb Kataloniens ist in Spaniens Jugend ein zunehmender Trend zu verzeichnen, dem Stierkampf mit Desinteresse oder sogar ablehnend zu begegnen. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass erfolgreiche Stierkämpfer sich zuletzt aus der Teenie-Generation rekrutierten (Jesulín de Ubrique, El Juli).

Dieser „Glaubenskampf“ kann wie ein Riss durch eine Familie gehen. Ein inzwischen pensionierter Matador hat es zum Ende seiner Laufbahn geschafft, sich drei kleine Hotels im Umkreis von Madrid zu erkämpfen. Voller Resignation berichtet er von seinen Söhnen, dass ihnen jegliche Begeisterung für seine beruflichen Erfolge abgehen. Einer Karriere als Matador ziehen sie die Mitarbeit im elterlichen Hotel vor. Es trägt zwar den Namen „El Torero“, und an Wochenenden strömen sie in die Arenen – als Fans von Real und Barca.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass diese tiefgreifende Veränderung die Katalanen zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt trifft: Auch wenn ihre Region sich als dynamischer Wirtschaftsmotor behauptet, suchen 45 Prozent der Jugendlichen vergeblich einen Arbeitsplatz. Für einige von ihnen dient die Arena als Einkommensquelle.

Neben den direkt am Stierkampf beteiligten Akteuren verdient sich außerhalb der Arena zudem eine Heerschar von Kleinstunternehmern (Miniempresarios) ein regelmäßiges Zubrot als ambulante Verkäufer von Süßigkeiten, Eis, Getränken und Lotterie. Und wenn es zu massiven Ausschreitungen kommt, wie jüngst in Barcelona geschehen, so steckt dahinter auch die nackte Angst um den Fortbestand des Einkommens, selbst wenn sich dieses im marginalen Bereich bewegt. Michael Johnschwager


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