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08.10.11 / Enttäuschte Hoffnungen / »Arabischer Frühling« ist definitiv kein demokratischer Neuanfang

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-11 vom 08. Oktober 2011

Enttäuschte Hoffnungen
»Arabischer Frühling« ist definitiv kein demokratischer Neuanfang

Ob bei Erfindung des Schlagworts „arabischer Frühling“ Naivität oder wie bei „Reformvertrag“ oder „Rettungsschirm“ arglistige Täuschung Pate stand, sei dahingestellt. Klar ist heute, dass die „Frühlings-Hoffnungen“ Illusion waren. Die Iraner, die vom „islamischen Erwachen“ reden, liegen zwar näher dran, aber auch für sie könnte manches zum Albtraum werden, siehe Syrien.

Am deutlichsten ist das Fiasko in Libyen, wo es zehntausende Todesopfer gibt und Racheakte und Stammesfehden auch nach dem endgültigen Verschwinden des libyschen Diktators Muammar Gaddafis weitergehen werden. Mustafa Abdul Dschalil, der Chef des vom Westen an die Macht gebombten Übergangsrats, hat inzwischen verkündet, dass man einen „modernen Rechtsstaat“ schaffen wolle – mit der Scharia „als wichtigster Rechtsgrundlage“.

Das ist nicht alles. Denn was die Machthaber zwischen Golf und Atlantik bisher gemeinsam hatten, nämlich im eigenen Land keine radikaleren Leute als die eigene Machtbasis zu tolerieren, das ist jetzt nicht mehr gewährleistet: In Libyen ist eine große Zahl von Häftlingen freigekommen, und darunter sollen 600 militante Al-Kaida-Anhänger sein, teils Afghanistan-Kämpfer, die von den USA an Libyen übergeben und ohne Prozess eingekerkert worden waren.

Dazu kommt noch, dass etliche Waffendepots geplündert wurden und werden. Da in der Sahara Grenzen unkontrollierbar sind, werden die Waffen den teils auch als „Al-Kaida im Maghreb“ auftretenden Islamisten neue Schlagkraft geben, vor allem in Algerien.

Auch in Ägypten wurden bereits Waffen beschlagnahmt. Allgemein hat sich Lage verschärft, denn der vor 30 Jahren verhängte Ausnahmezustand ist weiter in Kraft, und vermehrt werden wieder Personen von Militärgerichten nach willkürlichen Vorwürfen abgeurteilt, darunter Journalisten und Blogger. Auch die Abriegelung des Gaza-Streifens bleibt aufrecht, denn die Militärs sind von US-Zahlungen abhängig. US-Senator Gary Ackerman fordert nun sogar, weiteres Geld von der Freilassung eines als Mossad-Spion enttarnten Amerikaners abhängig zu machen. Als Wahltermin ist nun zwar der 28. November fixiert, aber fraglich ist, ob der umstrittene Passus, der es den Mubarak-Leuten ermöglichen würde, als „unabhängige“ Kandidaten ins Parlament zu kommen, aufrecht bleibt oder doch noch gestrichen wird.

In manchen Ländern sind die Unruhen nach kleinen Zugeständnissen vorläufig abgeflaut. Nicht so in Bahrein, wo auch die fünfte US-Flotte ihr Hauptquartier hat. Über die Unterdrückung der schiitischen Mehrheit wird zwar spärlich berichtet, aber immerhin doch, dass Ärzte, die verletzte Schiiten behandelt hatten, dafür ins Gefängnis kamen.

Im Jemen droht nach Massendesertionen aus der Armee ein offener Bürgerkrieg. Und ein nicht mehr ganz auszuschließender Umsturz in Syrien könnte sogar überregional fatale Folgen haben. R. G. Kerschhofer


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