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08.10.11 / Bis hier und nicht weiter / Den Haag will keine EU-Wirtschaftsregierung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-11 vom 08. Oktober 2011

Bis hier und nicht weiter
Den Haag will keine EU-Wirtschaftsregierung

In perfektem Deutsch präsentierte der niederländische Europaminister Ben Knapen am 26. September in der Berliner Botschaft seines Landes Vorschläge zur Zukunft der Euro-Zone. Knapen ist Mitglied der christlich-demokratischen CDA. Von Haus aus Historiker, arbeitete er einige Zeit für das „NRC Handelsblad“ in Deutschland und ist seit 2010 im formellen Rang eines Staatssekretärs für die Europa-Politik der niederländischen Regierung zuständig. Seine Aussagen: Weder eine Wirtschaftsregierung noch eine politische Union werden zur Lösung der Probleme der Euro-Zone nach Meinung Den Haags benötigt. Zukünftig sollen stattdessen die bei Einführung des Euro vereinbarten Kriterien effektiver durchgesetzt werden. „Wenn sich niemand an eine Tempo-50-Begrenzung hält, dann schaffen wir doch auch nicht das Tempo-Limit ab, sondern setzen Polizisten ein, um es durchzusetzen.“ Übernehmen soll die Rolle des Ordnungshüters ein „unabhängiges europäisches Haushaltsorgan“.

Dieses soll keineswegs so wirkungslos sein wie das bisherige Instrument der „Blauen Briefe“ der EU-Kommission, die für die Empfänger bisher nahezu keine Konsequenzen nach sich zogen. „Wenn Mitgliedsstaaten ihre Staatsfinanzen ausufern lassen, geht ihre Ermessungsbefugnis in Bezug auf Empfehlungen und Sanktionen schrittweise auf einen zu diesem Zweck zu benennenden Kommissar über“, so der niederländische Vorschlag, um zukünftig Haushaltsdisziplin zu erzwingen. Bei anhaltenden Verstößen könnten dann Auflagen wie die Senkung der Staatsausgaben oder die Erhöhung der Einnahmen auferlegt werden. Sollten auch diese Schritte keine Früchte tragen, sehen die Niederländer noch weitergehenden Einschnitte vor: Strafzahlungen zugunsten des EU-Haushalts und Kürzungen von EU-Zuweisungen. Als ultima ratio sollen hartnäckige Haushaltssünder ihren Haushaltsentwurf von dem eingesetzten Sparkommissar vor Verabschiedung genehmigen lassen. Sollte dieses verweigert werden, bliebe als letzter Schritt der Ausschluss aus der Währungsunion.

Sollten sich überhaupt Mehrheiten für die niederländischen Vorschläge finden, würden Änderungen von EU-Verträgen notwendig werden. Bis in allen 17 Ländern der Euro-Zone ratifizierte Verträge vorliegen, dürfte sich die Krise in einigen der überschuldeten Staaten weiter zugespitzt haben. Trotzdem ist die nun in Berlin präsentierte „Euro-Initiative“ der Niederländer hilfreich. Sie gibt Klarheit über die grundlegende Orientierung in der Europa-Politik der Regierung unter Ministerpräsident Mark Rutte, die weder eine politische Union, noch eine EU-Wirtschaftsregierung auf der Agenda hat.

Klarheit dürfte nun auch in der Frage einer weiteren Übernahme von Bürgschaften für andere Euro-Länder durch die Niederlande herrschen. Knapen ging bei seinem Besuch davon aus, dass das niederländische Parlament einer Ausweitung des Euro-Rettungsschirms zustimmen würde. Ohne erzwingbare Haushaltsdisziplin wird es danach allerdings – „weil das die Bevölkerung nicht mehr mitmacht“ – von niederländischer Seite keine weiteren Bürgschaften mehr geben. Norman Hanert


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