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15.10.11 / Wahlmodus gegen Gauweiler / CSU änderte kurzfristig Verfahren, um Euro-Skeptiker Vizeposten zu verweigern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-11 vom 15. Oktober 2011

Wahlmodus gegen Gauweiler
CSU änderte kurzfristig Verfahren, um Euro-Skeptiker Vizeposten zu verweigern

Den Mund spitzen, aber dann nicht pfeifen – das ist das Bild, das die CSU auf ihrem Parteitag in Nürnberg gegeben hat. So haben die knapp 1000 Delegierten der konservativeren der beiden Unionsschwestern einstimmig ein Positionspapier verabschiedet, in dem in bemerkenswerter Klarheit Ländern wie Griechenland mit dem Rausschmiss aus der Euro-Zone gedroht wird, wenn diese ihre Schuldenmisere nicht in den Griff bekommen.

Gleichzeitig legt die CSU in dem Papier prinzipiell ein klares Bekenntnis zu Europa als christlich-abendländische Wertegemeinschaft und zum Euro ab. Weitere Risiken für den deutschen Haushalt lehnt die CSU aber ab: Bis hierher und nicht weiter, könnte man das CSU-Europapier zusammenfassen. An der Endfassung hat auch Euro-Skeptiker Peter Gauweiler mitgearbeitet.

Um dessen Rolle zu begreifen und den Spagat zu ermessen, den die CSU in Nürnberg vollführte, muss man kurz in die Vergangenheit blicken: Er sei Mitglied des Vereins für deutliche Aussprache, hat die CSU-Parteiikone Franz Josef Strauß gern begründet, warum er immer wieder knallhart bittere Wahrheiten verkündete – ohne Rücksicht auf Befindlichkeiten der zarter besaiteten Schwester CDU oder gar des Koalitionspartners FDP. Damit integrierte Strauß alle konservativen Strömungen bis an den rechten Rand, leistete Überzeugungsarbeit, polarisierte aber auch und avancierte zum Feindbild aller Linken. Von solchen Politikertypen können die Konservativen heute nur träumen.

Die heutige Inkarnation von Strauß als Mitglied des Vereins für deutliche Aussprache heißt Peter Gauweiler. Mit seinen Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht erstritt Gauweiler wichtige Klarstellungen in Sachen Parlamentsvorbehalt bei der Euro-Rettung. Die Bundesregierung wird sich vorsehen, weitere Selbstverpflichtungen einzugehen, deren Absegnung im Bundestag fraglich ist. Schon vergessen ist, dass Gauweiler einst auch gegen Auslandseinsätze der Bundeswehr vors höchste Gericht zog.

Ein ebenso traditions- wie medienbewusster Einzelgänger, auch innerhalb der CSU-Landesgruppe im Bundestag – und genau dieses Einzelkämpfertum rächte sich nun bei der Vorstandswahl. Beim Delegiertenabend steckten die „Großkopferten“ ihre Köpfe zusammen und sannen darüber nach, wie die CSU aus dem Gauweiler-Schlamassel herauskäme. Es galt das Diktum, die CSU dürfe sich nicht vor der Presse die Blöße geben und sich als anti-europäische Provinzlertruppe präsentieren. Was die Vortänzer bis hinunter zu den Bezirksvorsitzenden sich ausdachten, war ein Wahlmodus, der die Chancen Gauweilers auf einen der vier Vize-Posten radikal minderte. Wäre nämlich, wie vorab diskutiert, über die Vierertruppe en bloc abgestimmt worden, hätte Gauweiler seinen Posten so gut wie sicher gehabt. Die CSU hätte die gesunde Euro-Skepsis im Vorstand integriert. Allerdings wäre wohl die bayerische Justizministerin Beate Merk auf der Strecke geblieben – und das durfte um Seehofers Willen nicht sein, hatte der doch gerade die 40-Prozent-Frauenquote durchgedrückt.

Also Einzelabstimmung, und da musste Gauweiler gegen Bundesverkehrsminister Ramsauer ran, der qua Amt über viele Milliarden Investitionsmittel verfügt – ein hervorragendes Druckmittel gegen alle anwesenden CSU-Landtagsabgeordneten und Kommunalpolitiker, die fast alle für irgendwelche Projekte Bundes-Förderung benötigen. Folge: Gauweiler fiel mit 419 zu 440 Stimmen gegen Ramsauer durch.

Neben der Glaubwürdigkeit der CSU hat auch Generalsekretär Alexander Dobrindt Schaden auf dem Parteitag genommen. Ohnehin ist er eine eher schwache Figur, die die De-facto-Spaltung der CSU in so wichtigen Verbänden wie Augsburg, Regensburg, Landshut, Freising, Coburg und Garmisch nicht aufhalten oder beheben konnte. Die Parteibasis missbilligt seine Überforderung und seinen falschen Grundansatz, als eine Art politischer Ego-Shooter den Parteiposten vor allem für die persönliche Profilierung zu nutzen. Parteichef Seehofer, der in seiner zweistündigen Rede fast jedem einzelnen CSU-Mitglied dankte, erwähnte Dobrindt nur kurz. Mehr als lau war auch der Applaus der Delegierten für Dobrindts Eröffnungsrede. Und seinen Rechenschaftsbericht durfte er sogar nur schriftlich vorlegen – ein Markus Söder oder ein Thomas Goppel hätten sich das nie bieten lassen. Anton Heinrich


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