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15.10.11 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-11 vom 15. Oktober 2011

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,
liebe Familienfreunde,

„Alte Häuser haben Gesichter mit Rissen und Falten, sie wissen von alten gelebten Tagen und bleiben stumm …“, so beginnt eines meiner Gedichte, in dem ich an die Häuser in meiner Heimat Ostpreußen denke, die heute am Verfallen sind. Aber manche Häuser bleiben doch nicht stumm, denn in ihnen gibt es wieder Leben, und einige, die bewohnbar blieben oder wieder gemacht wurden, sollen ihre Geschichte erzählen. So jedenfalls sehen es die Neubewohner, die uns geschrieben haben, und deren Suche nach ehemaligen Besitzern und Mietern wir veröffentlichten. Erfüllte Wünsche bekommen bekanntlich Kinder, diese auch, und so gibt es neue Fragen wie die von Herrn Peter Aifeld aus Dittelbrunn. Seine Tante, Russlanddeutsche, hat sich vor einigen Jahren in Fischhausen [Primorsk] ein Haus gekauft, das aus der Vorkriegszeit stammt. Sie würde so gerne etwas über das Haus und die „Siedlung“ wissen, in der es lag. Die Straße selber hatte wohl damals keinen Eigennamen, und wenn, dann ist dieser unbekannt. Heute heißt sie „Offizerskaja ulica“, aber das hilft auch nicht viel weiter, höchstens dass die Hausnummer Nr. 4 auch die ehemalige sein könnte. Doch der Wunsch von Herrn Aifeld und seiner Tante bezieht sich nicht nur auf das Haus, sondern auf die Siedlung und den ganzen Ort Fischhausen. Er wäre dankbar, wenn er von alten Fischhausenern, vor allem aus dieser Siedlung, Erinnerungen an die frühere Zeit bekäme, die er an seine Tante weiterleiten würde. Sie will sich anscheinend so weit wie möglich mit Fischhausen und seiner Geschichte beschäftigen. Und noch eine kleine Frage schließt Herr Aifeld dem übermittelten Wunsch seiner Tante an. In dem Haus wurde eine leere Flasche aus früherer Zeit gefunden. Sie beinhaltete einmal Brauselimonade, die von der Firma Eduard Schmidt in Königsberg hergestellt wurde. „Gibt es noch Informationen zu dieser Firma?“, fragt Herr Aifeld. Es gab in Königsberg eine alteingesessene Firma dieses Namens in der Vorstädtischen Langgasse Nr. 55. Es dürfte sich um die gesuchte Getränkefirma handeln. Wer weiß mehr? (Peter Aifeld, Auenstraße 117 in 97456 Dittelbrunn, Telefon 09721/471191, E-Mail: peter-aifeld@hotmail.de)

„Ich habe schon lange den Wunsch, ein deutsches Haus in Ordnung zu bringen“, schreibt Frau Larissa Biktaschewa aus Wollehlen [Wolnoje] im Königsberger Gebiet. Es handelt sich um eine kleine Ortschaft vier Kilometer südlich von Angerapp (Darkehmen), fünf Kilometer von der polnischen Grenze entfernt. Hier hat nun die Russin ein Haus erworben, das fast schon eine Ruine ist und das sie bewohnbar machen möchte. Sie übersandte uns mehrere Fotos, von denen wir eines hier veröffentlichen. Es ist das letzte Haus von Wollehlen an der Straße nach Auerfluß. Larissa schreibt, warum sie hier ein Haus gekauft hat: „Ich bin mit meinem Sohn aus Jekaterinenburg gekommen, habe dort mein Haus verkauft und dieses hier gekauft. Ich wollte ein deutsches Haus haben und in der Natur leben. Das habe ich hier, vor dem Haus fließt die Angerapp. Wie ich von der örtlichen Bevölkerung gehört habe, kommen häufig deutsche Besucher hierher, um sich die Orte anzusehen, wo sie geboren wurden. Das trifft auch auf mein Haus zu, denn vor längerer Zeit soll ein älteres Ehepaar hier gewesen sein. Wenn Sie diese Leute finden, sagen Sie ihnen, dass sie jederzeit hierher kommen können und auch länger bleiben, wenn sie sich erholen wollen.“ Dieses Ehepaar aus Wollehlen suchen wir nun, und selbst wenn diese ehemaligen Wollehler nicht mehr reisen wollen oder können, möchte Frau Biktaschewa mit ihnen in Verbindung treten, denn sie will das Haus so gestalten, wie es vor dem Weltkrieg war. Das birgt natürlich viele Schwierigkeiten, denn das Haus ist anscheinend in einem vollkommen desolaten Zustand, die Restaurierung dürfte längere Zeit dauern. Ein weiterer Hemmschuh: Larissa Biktaschewa kann weder deutsch lesen noch sprechen. Wer also zu diesem Fall etwas sagen kann, wende sich bitte an unsere Redaktion. Übersetzung und Vermittlung verlangen natürlich Zeit und Mühe, aber die Russin zeigt sich so engagiert, dass wir sie gerne unterstützen wollen. Da Wollehlen früher ein Vorwerk war, das zum Gut Auerfluß gehörte, ist es möglich, dass es sich ursprünglich um eines der Wohnhäuser für Familien der auf dem Gut Beschäftigten handelt. Hoffen wir, dass eine Verbindung zustande kommt.

Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze – so lautet ein altes Sprichwort, das die Schnelllebigkeit künstlerischen Ruhmes verdeutlicht. In unserem vorliegenden Fall aber könnte man es ergänzen: … und manchem Literaten auch nicht. Wer spricht heute von dem ostpreußischen Schriftsteller Axel Lübbe, wer kennt seine Werke, hat noch einen seiner Romane oder Novellenbände im Bücherschrank? Nun bringt Herr Dr. phil. Martin A. Völker vom Institut für Kulturwissenschaft der Philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin diesen Namen ins Gespräch. Dr. Völker führt im Rahmen eines Forschungsprojektes eine biografische Recherche zu dem heute in Vergessenheit geratenen Schriftsteller durch. Dabei stieß er auf eine im August 1979 im Ostpreußenblatt erschienene Kurzbiografie des im Kreis Neidenburg geborenen Schriftstellers, posthum geschrieben, denn Axel Lübbe war bereits 1963 verstorben. Schon damals war es um den Literaten still geworden, aber sein Neffe Harro Lübbe hatte in mühevoller Arbeit eine Familienchronik zusammengestellt, in der er Leben und Werk des Schriftstellers eingehend dokumentiert. Auf diese stützt sich die Kurzbiographie, die nun Herrn Dr. Völker veranlasst, sich an uns zu wenden. Die für ihn wichtigen Eckdaten, die ihm der Artikel liefert, möchte er biographisch untermauern und hofft, aus unserer Leserschaft mehr Wissenswertes über den Schriftsteller, dessen Lebensweg und künstlerisches Schaffen erfahren zu können. Axel Lübbe, der am 18. Dezember 1880 auf einem Gut bei Neidenburg geboren wurde, verliert schon als Vierjähriger den Vater und dann auch die Heimat, als die Mutter das hoch verschuldete Gut aufgeben musste. Nach dem Schulbesuch in Neidenburg kommt der Junge auf die Kadettenanstalt in Berlin, die ihm vorgegebene militärische Laufbahn erfüllt er bei einem Regiment in Rostock. Aber noch vor dem Ersten Weltkrieg muss Axel Lübbe den Dienst quittieren, weil er an Tuberkulose erkrankt. Gesundheitlich wieder hergestellt, studiert er in Freiburg Philosophie und beginnt zu schreiben. Er führt mit seiner Frau, der Pianistin Paula Epstein, die er bei einem Kuraufenthalt in der Schweiz kennen lernte, eine Künstler-Ehe, in der er sich voll entfalten kann. Er schreibt Novellen, die auch in seiner Heimat spielen, Gedichte, Romane, Bühnenstücke, arbeitet auch erfolgreich als Übersetzer. In den 20er Jahren gehörte Axel Lübbe zu den wesentlichen Autoren der deutschen Literaturszene.

Dann das Ende seines literarischen Schaffens: Lübbe erhielt Schreibverbot, weil seine Frau eine Jüdin war. Paula Lübbe emigrierte mit Tochter Liana Maja nach Florida, ihr Mann schlug sich unter noch nicht geklärten Umständen in Deutschland durch. Axel Lübbe verstarb am 15. Dezember 1963 in Schöneiche bei Berlin. Im Deutschen Literaturarchiv in Marburg liegt ein Teilnachlass des Schriftstellers. Herr Dr. Völker verfügt also über Basismaterial, ist aber an weiteren Informationen sehr interessiert, denn er möchte einige Werke Lübbes neu herausgeben. Vordringlich ist ihm daran gelegen, mit den Erben des Schriftstellers Verbindung aufzunehmen. Leider blieben seine Nachforschungen nach Harro Lübbe bisher erfolglos. Vermutlich hat dieser in Hamburg gewohnt, ist aber unter der damals angegebenen Adresse in 22359 Hamburg nicht zu erreichen. Liana Maja lebte 1979 in St. Petersburg/Florida. Herr Dr. Völker hofft nun, über uns diese oder andere Angehörige der Familie Lübbe zu finden, damit das Werk dieses ostpreußischen Schriftstellers nicht weiterhin in Vergessenheit gerät, sondern den Platz im deutschen Literaturschaffen einnehmen kann, der ihm gebührt. (Dr. phil. Martin A. Völker, Donaustraße 86 in 12043 Berlin, Telefon 030/61308390, E-Mail: drm.voelker@web.de)

Manchmal genügt ein Bild, das man irgendwo entdeckt, und sofort ist etwas wieder da, was man lange vergessen hat: ein Stück Kindheit. So erging es Frau Ursula Schäning-Dumke aus Karow, als sie in dem Buch „Ostpreußen – gestern und heute“ von Wolfgang Korall und Ernst-Otto Luthardt eine Abbildung des „Barto“ entdeckte. Diese Steinfigur aus grauer Vorzeit stand in ihrer Heimatstadt Barten im Bartener Land. Nicht auf einem öffentlichen Grundstück, sondern im Garten des Tierarztes Dr. Gotthard. Dicht am Gartenzaun, sodass die Vorübergehenden die nicht sehr große Figur gut sehen konnten. Auch die Schulkinder, die im Heimatkundeunterricht hörten, dass dieser Barto oder Bartel eine Abbildung eines altprussischen Fürstensohnes sein sollte, und von den Lehrern aufgefordert wurden, sich die Figur genau anzusehen und dann darüber zu berichten. Das war natürlich Heimatkunde aus erster Hand – wer hat schon einen zu Stein gewordenen Fürstensohn am Gartenzaun! Ursula wohnte damals in der Hauptstraße 11 in Barten, wo ihre Eltern, Oskar und Martha Aulich, ein Kolonialwarengeschäft betrieben. Bis zur Flucht – aber danach verschwand auch der Barto aus Barten, doch nicht in der Versenkung. Er steht im Hof des Allensteiner Schlosses und ist die wohl best­erhaltene Gestalt unter diesen „Baben“, von denen die bekanntesten die beiden Steinfiguren aus Bartenstein sind, der Bartel und die Gustebalde. Sie geben immer noch Rätsel auf, diese Monolithe aus rötlichem Granit. Vielleicht waren sie Götter der Prussen, vielleicht auch nur Abbildungen von Menschen in herrschenden Positionen, sie haben menschliche Gestalt und auch die Größe, jedenfalls die Bartensteiner Funde. Die Figur aus Barten ist kleiner und bartlos, deshalb schließt man also wohl auf einen Jüngling, es könnte also schon möglich sein, dass sie einen Fürstensohn darstellt. Wie auch immer: Diese Figuren sind wertvolle Zeugnisse einer bildnerischen Gestaltung unserer prussischen Vorfahren. Frau Schäning-Dumke fragt nun, ob und wo die Kinder des Bartener Tierarztes leben und ob sie die Geschichte vom Barto noch kennen? Sie selber wollte sie als Erinnerung an ihre Heimatstadt aus der Vergangenheit holen – und hat unserer Ostpreußischen Familie wieder ein kleines Stück­chen Heimatgeschichte vermittelt. (Ursula Schäning-Dumke, Alte Gärten 8 in 23966 Karow, Telefon 03841/796578.)

Eure Ruth Geede


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