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22.10.11 / Ein Völkermord wie in Ruanda / Arabischstämmige Regierung im Nordsudan lässt gezielt Siedlungen der Nuba bombardieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-11 vom 22. Oktober 2011

Ein Völkermord wie in Ruanda
Arabischstämmige Regierung im Nordsudan lässt gezielt Siedlungen der Nuba bombardieren

Auch nach der Abtrennung des Südsudan als Schlusspunkt eines jahrzehntelangen mörderischen Krieges zwischen Ethnien und Religionsgruppen des Nordens und des Südens kommt die Region nicht zur Ruhe. Mittelpunkt der neuerlichen Kämpfe sind neben dem andauernden Darfur-Konflikt drei Regionen: die Provinz Südkordofan mit Schwerpunkt in den sogenannten Nuba-Bergen, das erdölreiche Gebiet von Abyei und die Provinz Blue Nile.

Vor allem der freiheitsliebende Stamm der Nuba, der durch die eindrucksvollen Bilder der deutschen Fotografin Leni Riefenstahl bekannt geworden ist, lehnt sich seit Jahrzehnten auf und strebt einen autonomen Status an. Der regierende Präsident des Nordsudan in Khartum, Umar Hasan al-Bashir, sendet seit Mitte des Jahres immer wieder Bomber in die Nuba-Berge und gegen deren Zivilbevölkerung. Es sollen dabei, wie rötlichbraun gefärbte Wasserproben vermuten lassen, sogar chemische Waffen eingesetzt und zudem Landminen ausgelegt worden sein.

Nach Amnesty International sind ganze Dörfer entvölkert worden. Viele Bewohner der Bergregion leben inzwischen in Höhlen, um der drohenden Vernichtung zu entgehen. Rund 200000 Menschen sollen bereits dorthin geflohen sein. Hunger und Krankheiten machen ihnen schwer zu schaffen. Denn durch die Kampfeshandlungen blieben viele Felder unbestellt; nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN benötigen etwa 235000 Menschen in der Provinz Blue Nile und Südkordofan an den Grenzen zwischen Nordsudan und Südsudan dringend Hilfe. Satellitenauswertungen ergaben, dass im Gebiet Blue Nile teilweise mehr als 3000 schwer bewaffnete Soldaten zusammen mit Geschwadern der Luftstreitkräfte der Nationalen Islamischen Front im September im Einsatz waren. Wie Beobachter melden, waren die Aktionen präzise und von langer Hand geplant. Zentrum der neuerlichen Attacken ist vor allem die Stadt Kurmuk an der Grenze zu Äthiopien, in der zahlreiche schwarze Christen leben. Kurmak mit seinen einst 10000 Einwohnern von den Stämmen der Uduk und Berta war seit der islamischen Revolution von 1983 in Khartum ein Zentrum politischer Auflehnung gegen die Dominanz der Muslime. Internationalen Hilfsorganisationen ist der Zutritt zu den am meisten betroffenen Gebieten verboten. Durch Südkordofan führt auch die Pipeline für den Hafen Port Sudan im Norden, die vor allem dem Erdöl-Export nach China dient.

Es handelt sich um eine Art geheimen Krieg, von der Weltöffentlichkeit kaum wahrgenommen, der eine weitere Aufspaltung des Staates verhindern soll. Zahlreiche Männer der Nuba haben sich der Sudanesischen Volksbefreiungsarmee-Nord (SPLA-N) angeschlossen, die als Arm der im Südsudan regierenden SPLA zu verstehen ist. Sympathisierende Politiker und Aktivisten wurden ermordet oder verschwanden spurlos. Soldatentrupps fallen in Dörfer ein, zünden Häuser an, nehmen Gefangene und vergewaltigen Frauen, verschleppen Kinder als Sklaven nach Norden, wie die Politikerin Aza Farajalla berichtet. Und sie sieht in dem Vorgehen die klare Absicht, die Provinz Kordofan von den Nuba zu „säubern“.

Die seit 1989 andauernde und jetzt wieder verschärfte Mordkampagne wird von Präsident Bashir sogar als Dschihad bezeichnet, selbst wenn er sich gegen zum Islam konvertierte Nuba richtet. Hier spielen auch rassistische Gesichtspunkte eine Rolle; die Nuba sind von tiefschwarzer Hautfarbe und den arabisch stämmigen Bewohnern des Nordens gleichsam als „primitive Wilde“ ein Dorn im Auge. Auch die Vereinten Nationen sprechen inzwischen von Kriegsverbrechen an den Grenzen der beiden getrennten Staaten. Die einheimische Bevölkerung vergleicht den massiven Einsatz der Armee längst mit dem Völkermord in Ruanda von 1994, der zwischen 800000 und eine Million Menschen das Leben kostete.   Joachim Feyerabend


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